I. Problemstellung
Das notarielle Onlineverfahren ermöglicht es bereits heute, bestimmte notarielle Beurkundungen und Beglaubigungen im Gesellschaftsrecht unter Einsatz von Videokommunikation durchzuführen (§ 78p BNotO).
Dabei handelt es sich bislang um ein gesetzlich klar umrissenes Verfahren mit einem begrenzten Anwendungsbereich. Vor diesem Hintergrund befasst sich der aktuelle Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz mit einer möglichen Ausweitung dieses Verfahrens.
II. Derzeitige Rechtslage
1. Online-Beglaubigung
Die notarielle Online-Beglaubigung mittels Videokommunikation (gem. § 40a BeurkG) ist bislang zulässig für Anmeldungen zur Eintragung in folgende Register:
- Handelsregister (§ 12 HGB),
- Genossenschaftsregister (§ 11 Abs. 4 GenG iVm. § 12 Abs. 2 HGB),
- Partnerschaftsregister (§ 5 Abs. 2 PartGG iVm. § 12 HGB),
- Gesellschaftsregister (§ 707b Nr. 2 BGB iVm. § 12 HGB) sowie
- Vereinsregister (§ 59 BGB).
2. Online-Beurkundung
Der Anwendungsbereich der Online-Beurkundung ist derzeit auf bestimmte Vorgänge im Zusammenhang mit der GmbH-Gründung und der Satzungsänderung beschränkt.
Dazu zählen:
- Willenserklärungen im Rahmen der Gründung einer GmbH,
- bestimmte Sachgründungen sowie Gründungsvollmachten,
- einstimmig gefasste satzungsändernde Gesellschafterbeschlüsse,
- Kapitalmaßnahmen wie die Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals.
III. Zielsetzung des Referentenentwurfs
Ziel des Referentenentwurfs ist es, auf Grundlage der bisherigen Evaluierung, das notarielle Online-Verfahren im Gesellschaftsrecht systematisch auszuweiten. Insbesondere soll geprüft werden, inwieweit sich weitere beurkundungspflichtige Vorgänge strukturell für ein Onlineverfahren eignen.
Dies gilt vor allem für solche Geschäfte, die in ihrer Struktur und Durchführung vergleichbar mit der Gründung einer GmbH oder mit Registeranmeldungen sind. Eine Erweiterung soll die Effizienz notarieller Verfahren verbessern und einen Beitrag zur weiteren Digitalisierung im Bereich des Gesellschafts- und Registerrechts leisten.
IV. Wesentliche Inhalte des Referentenentwurfs
1. Ausweitung der Online-Beglaubigung
Künftig soll die Möglichkeit der notariellen Online-Beglaubigung auch auf Anmeldungen zum Stiftungsregister erstreckt werden. Dies würde den Anwendungsbereich der Online-Beglaubigung um einen bislang nicht erfassten Bereich erweitern.
2. Erweiterung der Online-Beurkundung
Der Entwurf sieht eine Ausdehnung des Online-Beurkundungsverfahrens auf weitere gesellschafts- und registerrechtliche Vorgänge vor, insbesondere:
- die Gründung von Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA),
- Gründerbeschlüsse zur Bestellung des ersten Aufsichtsrats sowie zur Bestellung des Abschlussprüfers für das erste Voll- und Rumpfgeschäftsjahr,
- die notarielle Errichtung von Vollmachten zur Anmeldung beim Handels-, Gesellschafts- und Partnerschaftsregister,
- Vollmachten zur Stimmabgabe in Gesellschafterversammlungen von GmbHs,
- Vollmachten zur Abgabe von Erklärungen zur Übernahme eines Geschäftsanteils.
V. Ausblick
Der Referentenentwurf zeigt eine klare Tendenz zur weiteren Öffnung des notariellen Onlineverfahrens für komplexere gesellschaftsrechtliche Vorgänge. Dabei bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form die vorgeschlagenen Regelungen Gesetzeskraft erlangen. Sollte der Entwurf in wesentlichen Teilen umgesetzt werden, wäre ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Digitalisierung des Register- und Gesellschaftsrechts getan.