Berliner Testament? – Ja, aber richtig!

Das Berliner Testament ist in Deutschland eines der verbreitetsten Testamente unter Ehegatten. Es kann nur von - auch gleichgeschlechtlichen - Ehegatten/ Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes errichtet werden, also nicht z.B. durch Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Seine Verwirklichung bringt aber oft Probleme mit sich, insbesondere dann, wenn es ohne notariellen Rat lediglich schriftlich abgefasst wurde. Welche Probleme das sind und wie man sie vermeiden kann – das erfahren Sie hier.


Was regelt ein Berliner Testament inhaltlich? Oder: Wer erbt beim Berliner Testament?

Ein so genanntes Berliner Testament als gemeinschaftliches Testament von Ehegatten liegt vor, wenn der überlebende Ehegatte Vollerbe und die Kinder Schlusserben werden, also erst beim Tode des überlebenden Ehegatten erben. In dieser Konstellation verbindet sich das Vermögen des erstversterbenden Ehegatten mit dem Vermögen des überlebenden Ehegatten (sog. “Einheitslösung”). Beim „Berliner Testament“ kann der überlebende Ehegatte frei über das Vermögen des erstversterbenden Ehegatten verfügen.

Soll er das nicht können, gibt es als Alternative die sog. Trennungslösung, die zu zwei getrennten Vermögensmassen führt, regelmäßig eher nicht als Berliner Testament bezeichnet. Die Trennungslösung regelt, dass die Kinder in jedem Falle das Vermögen des erstversterbenden Ehegatten als sog. Nacherben erlangen und der überlebende Ehegatte nur Vorerbe wird. Die den Vorerben in der Verfügung einschränkenden Regelungen der §§ 2112 ff. BGB können durch eine nicht befreite Vorerbschaft des überlebenden Ehegatten abbedungen (abgewählt) werden. Im Zweifel gilt jedoch die Einheitslösung. Denn § 2269 BGB gibt für gemeinschaftliche Testamente vor, dass im Zweifel die Auslegung nach dem sog. "Einheitsprinzip" zu wählen ist. Die Vorschrift geht nach der Rechtsprechung von der Annahme aus, dass die Ehegatten ihr Vermögen als Einheit verstehen und aufgrund der gemeinsamen Lebensführung ihr gesamtes Vermögen auf den überlebenden Ehegatten übertragen. Die beiderseitigen Vermögensmassen vereinen sich mit dem Tod des Erstversterbenden zu einem Vermögen. Hieraus folgt sodann, dass der überlebende Ehegatte eher eine freie als eine eingeschränkte vermögensrechtliche Stellung eingeräumt bekommen soll.

Weil die Ehepartner sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, entsteht eine Erbengemeinschaft des überlebenden Ehepartners mit den gemeinsamen Kindern nicht. Die Kinder werden vielmehr beim Tod des ersten Elternteils enterbt und kommen erst zum Zug, wenn der länger lebende Ehepartner stirbt. Dann erhalten sie zu gleichen Teilen, was vom gemeinsamen ehelichen Vermögen übrig ist. Die Kinder werden also als sogenannte Schlusserben eingesetzt.

Diese testamentarische Regelung war in Preußen, dessen Hauptstadt seit Anfang des 17. Jahrhunderts Berlin war, vorherrschend und darum heißt es auch „Berliner Testament“. Das Berliner Testament wird, da es zwei Erbfälle regelt, auch zwei Mal eröffnet: nämlich nach dem erstversterbenden Ehepartner und nach dem letztversterbenden Ehepartner.


Wann ist das Berliner Testament sinnvoll und welche Vorteile hat das Berliner Testament?

Das Berliner Testament ist immer dann sinnvoll, wenn die Ehepartner die folgenden Ziele erreichen wollen: Der länger lebende Partner soll umfassend abgesichert sein und mit dem Familienvermögen machen dürfen, was er will – ohne auf Kinder oder andere Erben Rücksicht nehmen zu müssen. Eine Erbauseinandersetzung mit den Sprösslingen wird vermieden.

Dazu folgendes Beispiel:

Antonia und Bertolt sind miteinander verheiratet und haben einen Sohn, nämlich Christoph. Das gemeinsame auf die Eheleute gleichmäßig verteilte Vermögen der Familie (Eltern) besteht aus Geld und einer Eigentumswohnung, zusammen macht das ca. 400.000,-- € aus. Im Berliner Testament setzen sich Antonia und Bertolt gegenseitig zu Alleinerben ein und der Letztversterbende der Beiden den Sohn Christoph.

Hier vermeiden die Eheleute, dass der Überlebende von ihnen mit dem Sohn Christoph eine Erbengemeinschaft bildet und infolgedessen bei allen Entscheidungen, die die Hinterlassenschaften des Erstversterbenden betreffen, den Sohn fragen muss, also ohne dessen Zustimmung nichts allein regeln kann. Steuerliche Probleme entstehen nicht. Allerdings ist der Pflichtteil von Kindern zu beachten.


Warum bringt das Berliner Testament Probleme mit sich?

Thema 1:

Pflichtteil

Als Pflichtteil bezeichnet man in Deutschland die gesetzliche Mindestbeteiligung am Nachlass des Verstorbenen. Er steht Eltern, Abkömmlingen und Ehegatten zu. Nicht pflichtteilsberechtigt sind z.B. Geschwister, Onkel & Tanten, Neffen & Nichten des Verstorbenen. Der Pflichtteil wird unabhängig vom Willen des Erblassers gewährt, schränkt also die Testierfreiheit des Erblassers ein. Wird Vermögen innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Tod verschenkt, um den Pflichtteil zu schmälern, zieht das einen Pflichtteilsergänzungsanspruch mit sich. Die Höhe des Pflichtteils richtet sich nach der gesetzlichen Erbfolge, d.h. die Quote des Pflichtteils entspricht der Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Wenn wir also die Pflichtteilsquote ermitteln wollen, müssen wir zunächst feststellen, wie die gesetzliche Erbfolge aussieht. Bei zwei Kindern erben, wenn z.B. der Vater zuerst verstorben ist, diese nach dem Gesetz neben der überlebenden Mutter, die die Hälfte erbt, im Normalfall, d.h. wenn die Eltern im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, je ein Viertel. Jedes der beiden Kinder kann also in diesem Fall ein Achtel des Nachlasses als Pflichtteil verlangen, und zwar sofort und in bar. Stellt die Mutter sich quer und verzögert die Auszahlung des Pflichtteils, können die Kinder Verzugszinsen fordern, wenn sie eine Mahnung mit genauer Zahlungsfrist verschickt haben. Das kann also richtig teuer werden.

Der Pflichtteil ist keine direkte Beteiligung am Nachlass, sondern ein Anspruch auf Zahlung von Geld gegen den bzw. die Erben. Hierzu ist es nötig, die exakte Höhe des Pflichtteilsanspruchs zu kennen, die im Zahlungsbegehren angegeben werden muss. Deshalb muss der Nachlasswert ermittelt werden. Dafür müssen Sie wissen, wie hoch das Vermögen und etwaige Schulden des Erblassers sind. Eine Aufstellung der Aktiva, Passiva und Schenkungen der letzten zehn Jahre (wegen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs) in Form eines Nachlassverzeichnisses kann der Pflichtteilsberechtigte von den Erben mithilfe eines Auskunftsbegehrens gemäß § 2314 BGB fordern. Diese sind berechtigt, die für die Bestimmung des Nachlasswertes nötigen Gutachter aus der Erbmasse zu bezahlen. Der Pflichtteilsberechtigte hat im Gegenzug das Recht, die Erstellung des Verzeichnisses durch einen Notar beaufsichtigen zu lassen.

 

 

 

Steckt das meiste Vermögen, wie häufig, im Familienheim oder in einem Unternehmen, so muss der hinterbliebene Ehegatte oft den Nachlass beleihen oder sogar versilbern, um die Kinder auszahlen zu können. Er kann von den Kindern verlangen, dass sie die Forderung gemäß § 2331a BGB stunden. Dies ist aber nur unter besonderen Umständen möglich – beispielsweise, wenn der Familienbetrieb verkauft werden müsste, um den Pflichtteil bezahlen zu können. Würde es aber ausreichen, einige Gegenstände aus dem Erbe zu veräußern, um den Pflichtteil auszahlen zu können, ist eine Stundung nicht möglich. Die Kinder können also den Nachlassplan der Eltern aus den Angeln heben, wenn sie den Pflichtteil verlangen.

Das Auskunfts- und Auszahlungsbegehren wird aus Beweisgründen meist schriftlich erfolgen. Der Pflichtteilsanspruch verjährt drei Jahre nachdem der Pflichtteilsberechtigte vom Tod des Erblassers erfahren hat. Allerdings ist es für die Kinder nicht immer ratsam, den Pflichtteil direkt geltend zu machen. Denn Berliner Testamente beinhalten oftmals Pflichtteilsstrafklauseln, die denjenigen enterben, der den Pflichtteil bereits nach dem Tod des ersten Ehepartners einfordert. Damit soll der überlebende Ehegatte vor hohen finanziellen Forderungen geschützt werden.

Verlangen die Kinder den Pflichtteil nicht, muss der überlebende Elternteil den Pflichtteilsanspruch allerdings nicht von sich aus erfüllen.

Wollen die Eltern das Pflichtteilsrisiko vollständig ausschalten, müssen sie mit den Kindern einen Vertrag über den Verzicht des Pflichtteils (z.B. gegen eine Geldabfindung) schließen. Dieser Vertrag muss notariell beurkundet werden. Vorteil für die Kinder: Sie bekommen das Geld aus der Abfindung sofort und nicht erst nach dem Erbfall. Vorteil für die Eltern: Sie können ihr Erbe so verteilen, wie sie es wünschen und der überlebende Ehegatte als Alleinerbe ist später keiner finanziellen Belastung durch den Pflichtteil ausgesetzt.

Eine vollständige Enterbung - also mit Entziehung auch des Pflichtteils – ist nur in den seltenen Ausnahmefällen des § 2333 BGB zulässig, z.B. bei der Begehung einer Straftat. Das hilft also fast nie weiter.

Thema 2:

Missglückte Formulierung

Wenn Sie ein Berliner Testament verfassen wollen, dann müssen Sie auch klar schreiben, dass der überlebende Ehegatte für den ersten Erbfall Alleinerbe sein soll. Fehlt eine solche ausdrückliche Erbeinsetzung, dann gilt im Zweifel die gesetzliche Erbfolge. Allein die Formulierungen „nach unserem Tod“ reicht als Andeutung nicht dazu aus, den länger lebenden Ehegatten als Alleinerben einzusetzen. Auch dass sich Ehegatten üblicherweise gegenseitig selbst bedenken, lässt nicht den Schluss zu, dass immer eine gegenseitige Erbeinsetzung gewollt ist. Also: schon an der Formulierung hapert es häufig. Der Text des Berliner Testamentes will sorgfältig verfasst sein!


 

Thema 3:

Patchwork-Familie

Jede zweite Ehe wird heute geschieden. Die geschiedenen Partner heiraten erneut und auch aus dieser Ehe gehen Kinder hervor (“Patchwork-Familie”).

Dazu die Fortsetzung unseres Beispiels:

Antonia lässt sich von Bertolt scheiden und heiratet Dieter, der seinerseits seine Tochter Elisa in die neue Verbindung einbringt. Zu dieser hat Dieter allerdings keinen Kontakt mehr. Die Beiden bringen noch ein Kind, nämlich Franz, zur Welt.

Ein Berliner Testament ist hier verfehlt, weil dann auch einseitige Kinder des einen Partners am Ende zu Erben des Stiefelternteils werden. Also, wenn in unserem Beispiel Dieter zuerst verstirbt, wird auch dessen Tochter Elisa neben Christoph und dem gemeinsamen Sohn Franz Erben nach der letztversterbenden Antonia. Dies ist nur in seltenen Fällen gewollt und auch im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge nicht vorgesehen.

Stirbt Antonia zuerst will sie andererseits sicher nicht, dass Elisa nach ihrem Ehemann Dieter, dem Antonia ja ihr ganzes Vermögen überlassen hat, erbt und damit auch an Antonias Vermögen partizipiert. Und selbst wenn Antonia und Dieter im Testament festhalten, dass die Tochter von Dieter nach dessen Tod nichts erbt, kann diese noch ihren Pflichtteil verlangen. Dieser bezieht sich dann auch auf das Vermögen von Antonia, das Dieter von dieser geerbt hat und deshalb mit zum Nachlass des letztversterbende Dieter gehört. Das kann man vermeiden!

Die gesetzliche Erbfolge ihrerseits führt zu eher zufälligen Ergebnissen, je nachdem, welcher der (“Zweit”-) Partner zuerst verstirbt. Stirbt Antonia zuerst, erben neben Dieter auch Christoph und Franz; stirbt Dieter zuerst, erben neben Antonia auch Elisa und Franz. Außerdem kommt es zu einer Erbengemeinschaft zwischen den Kindern aus erster Ehe (Elisa), zweiter Ehe (Franz) und zweitem Ehepartner (Antonia). Das geht häufig nicht gut, insbesondere, wenn der Kontakt zu den Kindern aus erster Ehe – wie hier bei Dieter der Kontakt zu Elisa – „eingeschlafen“ ist.


 

Thema 4:

Bindungswirkung

Mit dem Tod eines Ehepartners endet nach dem BGB das Recht des Überlebenden, das Berliner Testament zu ändern oder zu widerrufen. Der Erstversterbende wird so in seinem Vertrauen auf den Fortbestand der Regelung geschützt. Eine neue, eigene Verfügung kann der Überlebende dann allerdings nicht mehr wirksam erstellen.

Wer diese Bindungswirkung sog. wechselbezüglicher Verfügungen ausschließen will, sollte eine Öffnungsklausel in den letzten Willen aufnehmen. Fehlt eine solche Bestimmung, lässt sich die bereits bestehende Bindung nur aufheben, indem der Überlebende die Erbschaft ausschlägt oder das Testament anficht. Ohne triftigen Anfechtungsgrund, etwa eine neue Heirat (§§ 2079, 2281 BGB), sind die Erfolgsaussichten für die Anfechtung aber minimal. Zudem schließen viele Berliner Testamente diese Anfechtung ausdrücklich aus, um eben jene “Fluchtmöglichkeit” des Überlebenden aus der Bindung zu vermeiden.

Die skizzierte Bindung wird aber häufig den sich ändernden Lebensverhältnissen nicht gerecht. Was ist beispielsweise, wenn eines der Kinder nach dem Tod des erstversterbenden Partners den Pflichtteil verlangt? Soll dann auch dieses Kind Erbe nach dem überlebenden Partner werden?

Thema 5:

Steuern

Bei vermögenden Familien entpuppt sich das Berliner Testament als Steuerfalle, weil das gesamte Vermögen allein dem überlebenden Partner zufließt. Der Wert seines Erbes kann dadurch den Freibetrag für Ehegatten von 500.000 Euro übersteigen. Die Freibeträge von je 400.000 Euro pro Kind nach dem erstversterbenden Partner verfallen dagegen ungenutzt, weil sie ja nichts geerbt haben! Folge – das Finanzamt kassiert zwei Mal: Zum ersten Mal, wenn der Witwer oder die Witwe erbt, und nochmals, wenn die Kinder das Vermögen vom zuletzt verstorbenen Partner erhalten. Denn das gesamte eheliche Vermögen hat sich ja beim überlebenden Partner angesammelt, so dass die Freibeträge z. B. bei zwei Kindern von insgesamt 800.000 Euro immer häufiger überschritten werden. Das muss nicht sein. Die Eltern müssen in solchen Fällen dafür sorgen, dass die Kinder schon nach dem Erstversterbenden etwas erhalten. Dafür gibt es intelligente Gestaltungsmöglichkeiten.


Was ist die Lösung?

Eine maßgeschneiderte Nachlassregelung ist immer besser als ein Testament von der Stange. So können zum Beispiel Eheleute schon zu Lebzeiten Vermögen auf die Kinder übertragen und so die Freibeträge mehrfach nutzen. Die Summen entsprechen denen der Erbschaftsteuer und können bei Schenkungen zu Lebzeiten alle zehn Jahre neu genutzt werden. Es können Pflichtteilsverzichte mit den Kindern vereinbart werden. Und man kann bei Patchwork-Familien verhindern, dass die einseitigen Kinder des Partners am eigenen Nachlass partizipieren.

Das Notariat Heckschen & Salomon stellt Ihnen das in Jahrzehnten aufgebaute Know-how gern zur Verfügung. Kommen Sie auf uns zu!



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