OLG Nürnberg 15 Wx 2137/23
Anforderungen an den Aufteilungsplan

21.07.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Nürnberg
26.01.2024
15 Wx 2137/23
ZWE 2025, 30

Leitsatz | OLG Nürnberg 15 Wx 2137/23

  1. Ein Aufteilungsplan entspricht nicht den Anforderungen des § 7 IV 1 Nr. 1 WEG, wenn die Bauzeichnung keine ausreichenden Maßangaben enthält. Dies hat zur Folge, dass dann der beantragten Eintragung der Begründung von Wohnungseigentum ein Eintragungshindernis entgegensteht.
  2. Die Angabe eines Maßstabs im Aufteilungsplan macht Maßangaben nicht entbehrlich, denn ein „Herausmessen“ der einzelnen Gebäude- und Wohnungsmaße ist zwar in gewissem Umfang möglich. Es verbleiben aber Ungenauigkeiten, die mit dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht vereinbar sind.

Sachverhalt | OLG Nürnberg 15 Wx 2137/23

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Grundstücks mit einem Gebäude, das zehn Wohnungen, Kellerräume und zwei Kfz-Stellplätze umfasst. Mit notariellem Vertrag vom 4. September 2023 teilte sie das Grundstück gemäß § 8 WEG in Sondereigentum auf. Maßgeblich für die Bezeichnung der Sondereigentumseinheiten sollte dabei die Abgeschlossenheitsbescheinigung sein. Die Stadt E. bestätigte am 22. April 2022 in einer Abgeschlossenheitsbescheinigung samt genehmigtem Aufteilungsplan, dass die im Aufteilungsplan gekennzeichneten Wohnungen in dem bestehenden Gebäude und die Stellplätze auf dem Grundstück abgeschlossen im Sinne der §§ 3 Abs. 3, 32 Abs. 1 WEG seien. Am 14. September 2023 beantragte der Urkundsnotar den Vollzug der Urkunde.

Das zuständige Grundbuchamt beanstandete am 21. September und 6. Oktober 2023, dass der beigefügte Aufteilungsplan (mit Ausnahme der Fenster) keine genauen Maßangaben enthalte. Nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG müsse die Bauzeichnung jedoch Angaben zu Lage und Größe des Sondereigentums enthalten. Da der Aufteilungsplan durch Bezugnahme im Grundbucheintrag auf die Teilungserklärung samt Aufteilungsplan Bestandteil des Grundbuchs werde, sei auf diese Anforderungen aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zu verzichten. Der Notar entgegnete mit Schreiben vom 29. September 2023, dass seit Inkrafttreten des WEMoG Maßangaben im Aufteilungsplan nur für Sondereigentumsflächen außerhalb des Gebäudes gem. § 3 Abs. 3 WEG erforderlich seien.

Mit Zwischenverfügung vom 9. Oktober 2023 stellte das Grundbuchamt ein Eintragungshindernis fest, das bis zum 10. November 2023 zu beheben sei. Dagegen legte der Notar am 10. Oktober 2023 Beschwerde ein. Das Grundbuchamt half der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Oktober 2023 nicht ab.

Entscheidung | OLG Nürnberg 15 Wx 2137/23

Die zulässige Beschwerde hatte in der Sache keinen Erfolg. Aus Sicht des Senats beanstandete das Grundbuchamt zurecht den dem Eintragungsantrag beigefügten Aufteilungsplan, da er keine (ausreichenden) Maßangaben enthalte und damit nicht die Anforderungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG an eine Bauzeichnung genüge.

Zwar fordere das Gesetz in § 3 Abs. 3 WEG Maßangaben ausdrücklich nur für Stellplätze und Freiflächen, an denen Sondereigentum eingeräumt werden solle. Das Erfordernis von Maßangaben sei in diesem Fall aber an die Stelle des Abgeschlossenheitserfordernisses getreten, das für Räume gelte. Denn seit Geltung des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes zum 1.12.2020 seien auch Stellplätze und Freiflächen sondereigentumsfähig. Nach § 3 Abs. 3 WEG solle Sondereigentum nur im Falle der Abgeschlossenheit der Wohnungen und sonstigen Räume begründet werden können. Da das Abgeschlossenheitskriterium bei Stellplätzen und Freiflächen jedoch untauglich sei, da diese in der Regel nicht baulich abgegrenzt seien, trete an die Stelle der Abgeschlossenheitsbescheinigung das Erfordernis der Maßangaben im Aufteilungsplan. Aus § 3 Abs. 3 WEG könne daher nicht geschlossen werden, dass die Bauzeichnungen, auf die eine Abgeschlossenheitsbescheinigung Bezug nimmt, keine Maßangaben enthalten müssen.

Zudem ergebe sich bereits aus der Verwendung des Begriffs „Bauzeichnung“ in § 7 IV 1 Nr. 1 WEG das Erfordernis zur Angabe von Maßen im Aufteilungsplan. Der mangels Legaldefinition auszulegende Begriff der „Bauzeichnung“ setze sowohl nach seinem Wortsinn als auch mit Blick auf vergleichbare Landesvorschriften die Angabe von Maßen im Aufteilungsplan voraus. So seien insb. nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 BauPrüfVO NRW (sowie § 8 Abs. 3 Nr. 1 BayBauVorlV und § 11 Abs. 3 Nr. 1 Hamb. BauVorlV) in Bauzeichnungen (Grundrisse, Schnitte, Ansichten) die Maße anzugeben. Es sei kein ist Grund ersichtlich, warum der Begriff der Bauzeichnung i.S.d. § 7 Abs. 4 WEG anders ausgelegt werden solle, zumal in der Rechtsprechung und Literatur Einigkeit dahingehend bestehe, dass die Bauzeichnung i.S.d. § 7 WEG Ansichten, Schnitte und Grundrisse aller Stockwerke enthalten müsse, was gerade den oben genannten Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Bauzeichnung entspreche.

Das Erfordernis von Maßangaben im Aufteilungsplan könne auch nicht durch Angabe eines Maßstabs ersetzt werden. Selbst bei „Herausmessen“ der einzelnen Gebäude- und Wohnungsmaße anhand des Maßstabs verblieben Ungenauigkeiten, die erhebliche Abweichungen in der Realität zur Folge haben könnten und deshalb nicht mit dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar wären. Der Aufteilungsplan solle aber gerade die Einhaltung des Bestimmtheitsgrundsatzes des Sachen- und Grundbuchsrechts gewährleisten und deshalb erkennbar machen, welche Räume zu welchem Sondereigentum gehören und wo die Grenzen von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum verlaufen.

Praxishinweis | OLG Nürnberg 15 Wx 2137/23

Das OLG Nürnberg hat die Rechtsbeschwerde ausdrücklich zugelassen, da die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordere. Das Gericht verwies darauf, dass, soweit ersichtlich, zu der Frage, ob Bauzeichnungen i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG Maßangaben enthalten müssten, bisher weder eine obergerichtliche Rechtsprechung ergangen sei noch Literaturmeinungen bestünden. Aufgrund der großen Relevanz der Frage in der Praxis sei eine Fortbildung des Rechts durch das Rechtsbeschwerdegericht geboten.