BFH II B 54/24 (AdV)
Aussetzung der Vollziehung eines Grunderwerbssteuerbescheids; Verlängerung der Nachbehaltefrist

11.07.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
10.04.2025
II B 54/24 (AdV)
BeckRS 2025, 8419

Leitsatz | BFH II B 54/24 (AdV)

Bei der im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung gebotenen summarischen Prüfung bestehen ernstliche Zweifel, ob die Verlängerung der Nachbehaltensfrist des § 6 Abs. 3 Satz 2 des Grunderwerbsteuergesetzes von fünf auf zehn Jahre durch das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12.05.2021 (BGBl I 2021, 926, BStBl I 2021, 838) auf Erwerbsvorgänge von Grundstücken Anwendung findet, die bereits vor dessen Inkrafttreten am 01.07.2021 erfolgt sind.

Sachverhalt | BFH II B 54/24 (AdV)

Die Antragstellerin (ASt.) und Beschwerdegegnerin, eine oHG (seit 2023 eine GmbH) schloss 2018 mit einer KG, deren Gesellschafter denen der ASt. entsprachen, einen not. Vertrag, in dem sich die KG verpflichtete, zwei Grundstücke in die ASt. einzubringen. Der Antragsgegner, das Finanzamt (Ag.) erließ 2018 zunächst einen Grunderwerbssteuerbescheid, in dem sie die ASt. als von den Steuer befreit ansah, mit dem Hinweis, dass die Befreiung rückwirkend entfalle, wenn sich der Anteil des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die andere Gesamthand vermindere (§ 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG a.F.). 2021 wies der Ag. die ASt. darauf hin, dass sich die Fünfjahresfrist durch eine Gesetzesänderung auf 10 Jahre verlängert habe und dass die geänderte Frist für sie gelte, weil die Fünfjahresfrist zum Stichtag noch nicht abgelaufen sei. Den Formwechsel der ASt. in eine GmbH im Jahr 2023 nahm der Ag. zum Anlass, einen neuen Grunderwerbssteuerbescheid zu erlassen, in dem die ASt. nicht mehr von der Steuer befreit war. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Ag. ab, woraufhin die ASt. die Grundsteuer bezahlte und einen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung (AdV) beim Finanzgericht stellte. Dieses gab dem Antrag statt, wogegen sich der Ag. mit der Beschwerde vor dem BFH wandte. 

Entscheidung | BFH II B 54/24 (AdV)

ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids hatte. Diese Zweifel ergeben sich aus der Widersprüchlichkeit von § 23 Abs. 18 und 24 GrEStG, welche beide Regelungen über die Anwendung der 10-Jahresfrist enthalten. Die Regelung des Abs. 18 schreibt vor, dass die verlängerte Frist erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden ist, die nach dem 30.06.2021 verwirklicht werden. Dieser Erwerbsvorgang war die Einbringung der Grundstücke in die ehemalige oHG im Jahr 2018, sodass nach Abs. 18 die 5-Jahresfrist gelten würde und die Steuerbefreiung nicht rückwirkend entfiele. Nach Abs. 24 gilt die 10-Jahresfrist, wenn die 5-Jahresfrist vor dem 01.07.2021 noch nicht abgelaufen war. Die Frist, welche 2018 begonnen hatte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht verstrichen, sodass nach dieser Vorschrift die 10-Jahresfrist gelten würde und die Steuerbefreiung entfiele. Der Senat konnte dem Gesetz nicht entnehmen, in welchem Verhältnis die Regelungen zueinander stehen. 
Die Entscheidung erging im einstweiligen Rechtsschutz. Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus. 

Praxishinweis | BFH II B 54/24 (AdV)

Grunderwerbssteuerbescheide, die auf die Übergangsregelung des § 23 Abs. 24 GrEStG gestützt sind, sind rechtswidrig, sofern der Grunderwerbsvorgang fünf Jahre vor dem 30.06.2021verwirklicht wurde.