06.10.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
KG
16.06.2025
22 W 11/25
DStR 2025, 1768
Bei Ausgliederung als Sachagio muss Einbringender auf Gewährung von Anteilen verzichten [ PDF ]
Wird eine Barkapitalerhöhung mit der Verpflichtung zur Einbringung von Vermögenswerten im Wege des Sachagios vereinbart, sind die entsprechenden Vermögenswerte im Wege der Einzelübertragung auf die GmbH zu übertragen. Unzulässig ist es, eine Ausgliederung als Sachagio zu vereinbaren, ohne sich an die Regelungen des Ausgliederungsrechts zu halten, so dass für einen Verzicht auf eine Kapitalerhöhung eine entsprechende Erklärung in der Form des § 68 Abs. 1 S. 3 UmwG erforderlich ist.
Der Geschäftsführer und Alleingesellschafter einer GmbH reichte elektronisch eine notariell beglaubigte Anmeldung ein, mit der er einen notariell beurkundeten Ausgliederungsvertrag vom 13.12.2024 vorlegte. Mit diesem Vertrag wurde sein einzelkaufmännisches Geschäft auf die GmbH ausgegliedert. Gleichzeitig wurde eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft um 100 EUR als Bareinlage angemeldet sowie die Änderung des § 2 des Gesellschaftsvertrags und die Aufnahme des ausgegliederten Geschäfts durch die GmbH im Wege des Sachagios. Die Anmeldung enthielt die Versicherung, dass die 100 EUR eingezahlt und zur Verfügung des Geschäftsführers stehen, dass die Verbindlichkeiten das Vermögen nicht übersteigen und dass eine Anfechtung ausgeschlossen sei. Zudem war das Protokoll einer notariell beurkundeten Gesellschafterversammlung vom gleichen Tag beigefügt.
Das Amtsgericht beanstandete mit einer Zwischenverfügung vom 12.02.2025, dass die Regelung zum Stammkapital in § 3 des Gesellschaftsvertrags enthalten sei und eine unzulässige Vermengung einer Kapitalerhöhung zum Zwecke der Ausgliederung mit einer Barkapitalerhöhung vorliege. Es forderte eine klarstellende Nachbeurkundung.
Hiergegen legte der Verfahrensbevollmächtigte der GmbH am 24.02.2025 Beschwerde ein. Er argumentierte, dass die Anteilsgewährungspflicht dem Einbringenden zwar eine Kompensation für den Vermögensverlust verschaffen solle, bei einer Ausgliederung aus dem Einzelunternehmensvermögen jedoch auf diese Vergütung verzichtet werden könne.
Ein ausdrücklicher Verzicht würde jedoch die steuerliche Privilegierung nach § 20 UmwStG ausschließen und sei daher nicht erforderlich. Vielmehr handele es sich um eine Barkapitalerhöhung, bei der die Gesellschaft die Anteile derivativ erwerbe und diese dem Gesellschafter im Rahmen der Ausgliederung als Gegenleistung gewährt würden.
Das Amtsgericht wies die Beschwerde zurück und legte die Angelegenheit mit Beschluss vom 25.02.2025 dem zuständigen Senat zur Entscheidung vor.
Die Beschwerde ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Die Anmeldung ist entgegen der Auffassung der Beteiligten und ihres Verfahrensbevollmächtigten nicht vollzugsfähig.
Das Amtsgericht hat zutreffend beanstandet, dass in der Beschlussurkunde und der Anmeldung die Bezeichnung der Regelung über das Stammkapital im Gesellschaftsvertrag fehlerhaft ist, was von der Beteiligten nicht angegriffen wurde. Zudem ist die weitere Beanstandung des Amtsgerichts berechtigt, dass die Anmeldung nicht vollzogen werden könne, weil Barkapitalerhöhung und Ausgliederung unzulässig miteinander vermengt wurden. Nach den Vorschriften des Umwandlungsrechts (§§ 152 ff. UmwG) muss bei einer Ausgliederung eines einzelkaufmännischen Unternehmens auf eine GmbH grundsätzlich das Kapital erhöht werden, um dem Einbringenden eine wertentsprechende Beteiligung zu gewähren. Ein Verzicht auf diese Kapitalerhöhung ist nur wirksam, wenn eine notariell beglaubigte Verzichtserklärung vorliegt.
Bei einer Barkapitalerhöhung mit Verpflichtung zur Einbringung von Vermögenswerten als Sachagio müssen die Vermögenswerte einzeln übertragen werden, wobei die Zustimmung jedes Gläubigers erforderlich ist. Eine Ausgliederung als Sachagio ohne Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften ist unzulässig. Der Vollzug der Anmeldung setzt daher die Vorlage einer entsprechenden Verzichtserklärung voraus, andernfalls bleibt die Beanstandung des Amtsgerichts bestehen.
Im Beschwerdeverfahren waren lediglich die Beanstandungen der Zwischenverfügung relevant. Andere Unklarheiten, wie die Versicherung über die Deckung der Verbindlichkeiten oder die konkrete Höhe des übernommenen Stammkapitals, spielten für die Entscheidung keine Rolle.
Eine Barkapitalerhöhung neben der Ausgliederung unter ausdrücklichem Verzicht auf Anteilsgewährung ist hingegen möglich und nicht ausgeschlossen. Diese Gestaltung ist registerrechtlich zulässig, da sie die Prüfung durch das Handelsregister erleichtert und sich von der unzulässigen Vermengung von Agio und Ausgliederung abgrenzt. Der Senat folgt damit im Ergebnis der Linie des OLG Celle, dass die Kombination von Agio und Ausgliederung in der geprüften Form unzulässig ist, schließt aber die alternative Möglichkeit einer Barkapitalerhöhung mit Verzicht auf Anteilsgewährung nicht aus.
Nach Woinar (DStR 2025, 1768) lässt sich ein Einzelunternehmen ertragsteuerneutral auf verschiedene Weise in eine GmbH überführen, wobei die Ausgliederung nach §§ 152 ff. UmwG besonders häufig genutzt wird – entweder zur Neugründung der GmbH oder als Sachkapitalerhöhung einer bestehenden Gesellschaft. Bei einer Sachgründung müssen Handelsregisterunterlagen wie der Sachgründungsbericht (§ 5 Abs. 4 S. 2 GmbHG) und ein Werthaltigkeitsnachweis (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) eingereicht werden. Für Sachkapitalerhöhungen ist die Einreichung solcher Unterlagen umstritten, die Registerpraxis ist uneinheitlich (Woinar).
Eine alternative Gestaltung durch Bargründung oder Barkapitalerhöhung mit Ausgliederung als Sachagio hat die Finanzverwaltung seit 2011 anerkannt, da bei einem Sachagio grundsätzlich keine Werthaltigkeitskontrolle stattfindet. OLG Celle und KG halten diese Variante inzwischen jedoch für unzulässig, da die Einbringung ohne Gewährung von GmbH-Anteilen keine Gegenleistung im Sinne des § 126 Nr. 2 UmwG darstellt. Ein Verzicht auf Anteile ist daher erforderlich, birgt aber steuerliche Risiken im Hinblick auf die Buchwertfortführung nach § 20 Abs. 1 UmwStG (Woinar).
Die Fachliteratur ist geteilter Meinung, die Praxis muss sich jedoch an den Entscheidungen orientieren. Generell empfiehlt Woinar, dass Ausgliederungen nur noch im Rahmen einer Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung erfolgen sollten. Wolle man eine Ausgliederung als Sachagio realisieren, bliebe dies nur bei ausdrücklichem Verzicht auf Anteile und gegebenenfalls über den aufwendigeren Weg der Einzelübertragung sinnvoll. Für Fälle ohne stille Reserven oder wenn stille Reserven aufgedeckt werden sollen, könne die Sachagio-Variante weiterhin eine gute Option darstellen (Woinar, DStR 2025, 1768 Rn. 10, 11).