09.07.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BayObLG
13.05.2024
101 Kap 1/22
BeckRS 2024, 24160
Bestandsschutz der Umwandlung nach Eintragung im Handelsregister [ PDF ]
Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2024 teilte die Musterbeklagte zu 2) mit, ihre Rechtsform in eine GmbH & Co. KG geändert zu haben; die Eintragung erfolgte am 01. Februar 2024 im Handelsregister des AG Stuttgart. Die persönlich haftende Gesellschafterin ist nunmehr die T. GmbH, Stuttgart. Der Senat passte daraufhin die Parteibezeichnung an.
Am 31. März 2024 beantragten der Musterkläger und die Beigeladenen AAA, BBB, CCC und DDD, die Parteibezeichnung abermals zu ändern. Zur Begründung führten sie aus, der zugrunde liegende Umwandlungsbeschluss sei aufgrund gravierender Gesetzesverstöße analog § 241 Nr. 3, Nr. 4 AktG nichtig. Die Eintragung in das Handelsregister entfalte mangels gesetzmäßiger Grundlage keine Rechtswirkung. Das Registergericht habe eine gebotene Prüfung unterlassen, weshalb das Register zu berichtigen sei. Eine Heilung durch Eintragung sei bei Verstoß gegen zwingende Gläubigerschutzvorschriften ausgeschlossen. Die Antragsteller beriefen sich auf die jederzeitige Geltendmachung der Nichtigkeit, ohne dass es eines Feststellungsverfahrens am Registergericht bedürfe.
Ferner sei der Beschluss wegen Verstoßes gegen § 138 BGB sittenwidrig, da die Umwandlung einer Aushöhlung der Haftungsmasse gleichkomme. Der gesetzlich vorgesehene Schutzzeitraum von fünf Jahren (§§ 22 ff. UmwG) kollidiere mit der typischen Dauer eines Musterverfahrens (10-20 Jahre) nach dem KapMuG, was zur faktischen Entrechtung der Gläubiger führe. Angesichts der Konzernstruktur mit komplexen Verflechtungen und intransparenten Umfirmierungen werde die Vollstreckung faktisch unmöglich gemacht, was für sich genommen bereits die Sittenwidrigkeit begründe. Zudem sei ein Verstoß gegen § 283 StGB und § 261 StGB gegeben, der die Nichtigkeit des Beschlusses nach sich ziehe.
Die Musterbeklagte zu 2) wandte sich mit Schriftsatz vom 19. April 2024 gegen den erneuten Antrag. Die Berichtigung sei rechtmäßig, da sie auf einem identitätswahrenden Formwechsel gemäß §§ 226, 228 ff. UmwG beruhe, dessen Eintragung am 1. Februar 2024 erfolgte. Gemäß § 15 Abs. 2 HGB gelte die Registereintragung als offenkundig und rechtlich maßgeblich.
Das BayObLG folgt der Anregung, die Berichtigung der Parteibezeichnung der Musterbeklagten zu 2) von Amts wegen wieder rückgängig zu machen nicht. Selbst unterstellt, der Umwandlungsbeschluss sei fehlerhaft, ist die Eintragung gemäß § 202 Abs. 3 UmwG wirksam. Mängel des Formwechsels lassen die Wirkungen der Eintragung der neuen Rechtsform in das Register unberührt.
Die Eintragung begründet gemäß § 202 Abs. 1, Abs. 2 UmwG konstitutive Wirkung, unabhängig von einem etwaigen Mangel des Beschlusses (§§ 193, 202 Abs. 3 UmwG).
Zwar bleibt eine gerichtliche Überprüfung mittels Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage (§§ 246, 249 AktG analog) zulässig (vgl. OLG München, ZIP 2010, 927 Rn. 27 f.), doch entfaltet die Eintragung Bestandsschutz. Dies dient der Rechtssicherheit (vgl. Wansleben, Münchener Handbuch GesR, Bd. 8, § 36 Rn. 29 f.; Drinhausen/Keinath in Henssler/Strohn, § 202 UmwG Rn. 14). Auch eine erfolgreiche Anfechtung oder die Feststellung der Nichtigkeit berührt die Bestandskraft der eingetragenen Umwandlung nicht (vgl. BGH, ZIP 2006, 2312 Rn. 22 f.; OLG München, ZIP 2010, 927 Rn. 28).
Die Wirkungen des eingetragenen Formwechsels können nicht mehr rückgängig gemacht werden (Hoger in Lutter, UmwG, 7. Aufl. 2024, § 202 Rn. 54; Leonard in Semler/Stengel/Leonard, UmwG, 5. Aufl. 2021, § 202 Rn. 37 f.).
Die Feststellung der Nichtigkeit kann nur Grundlage eines Schadensersatzanspruchs, etwa aus § 205 UmwG, sein, der allerdings nicht auf die Rückgängigmachung der eingetragenen Umwandlung mit Wirkung ex nunc gerichtet ist. Dies würde die gesetzliche Wertung des § 202 Abs. 3 UmwG umgehen. Ein Rückgriff auf §§ 395, 397, 398 FamFG ist nicht möglich.
Die gesetzliche Wertung des § 202 Abs. 3 UmwG verbietet eine rückwirkende Korrektur selbst bei gravierenden Mängeln. Eine Ausnahme vom Bestandsschutz käme z.B. nur bei vollständigem Fehlen eines Umwandlungsbeschlusses oder Wahl einer gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsform in Betracht (vgl. BGHZ 138, 371 Rn. 8; BGHZ 132, 353 Rn. 18 ff.).
Die Antragsteller machen indes lediglich geltend, die Gläubigerrechte seien durch die Umwandlung verkürzt und die Durchsetzung erschwert worden. Diese – streitige - Argumentation rechtfertigt keine Rechtsfortbildung in dem von den Antragstellern gewünschten Sinn. Auch ist nicht ersichtlich, warum eine Klage gegen die in Betracht kommenden Haftungsschuldner vor Abschluss des Musterverfahrens nicht verjährungshemmend (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) erhoben werden könnte.
Daher besteht für eine inzidente Überprüfung der behaupteten Nichtigkeitsgründe im Rahmen einer Rubrumsberichtigung keine rechtliche Grundlage.
Wird die Wirksamkeit einer Umwandlung in Frage gestellt, ist der Antrag auf Rubrumsberichtigung nicht der richtige Weg. Ein Vorgehen über das Rubrum scheitert regelmäßig an § 202 Abs. 3 UmwG. Unternehmen und Prozessbevollmächtigte sollten daher frühzeitig prüfen, ob und wie etwaige Gläubigeransprüche parallel zur Musterklage durch verjährungshemmende Maßnahmen gesichert werden können.
Die Entscheidung stärkt die Rechtssicherheit von Registereintragungen auch im Kontext kapitalmarktrechtlicher Verfahren. Sie mahnt zur Sorgfalt bei der Wahl der verfahrensrechtlichen Mittel und verweist darauf, dass das Handelsregister kein Korrekturmittel für gesellschaftsrechtliche Mängel ist.