20.10.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Brandenburg
14.05.2025
4 U 40/25
NZG 2025, 988
Durchsetzung eines Wettbewerbsverbotes in der GmbH mittels actio pro socio [ PDF ]
Ein Gesellschafter einer zweigliedrigen GmbH machte seinen Mitgesellschafter per einstweiliger Verfügung auf Unterlassung wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot geltend. Die Gesellschaft hatte von 2022 bis 2024 die seit 2016 jährlich stattfindende Hanfmesse veranstaltet und die dafür genutzten Messehallen bis 2026 gemietet. Die Wortmarke der Messe gehört dem Mitgesellschafter persönlich. Er hatte einer von ihm geführten anderen GmbH die Nutzung der Marke gestattet, die wiederum die ursprüngliche Gesellschaft in den Jahren 2022–2024 zur Durchführung der Messe nutzte.
Im Jahr 2024 gründete der Mitgesellschafter eine neue GmbH, die nun die Messe im Jahr 2025 organisiert, einschließlich Ticketvertrieb und Ausstellerverträgen. Der Gesellschafter klagte daraufhin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung. Das LG Cottbus wies den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung am 26. Februar 2025 ab. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein und verfolgt seine Ansprüche weiter.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unzulässig, weil der Antragsteller nicht befugt ist, als Prozessstandschafter für die Gesellschaft aufzutreten. Die geltend gemachten Ansprüche sind Ansprüche der Gesellschaft, die grundsätzlich nur von dieser selbst vor Gericht geltend gemacht werden können. Eine Gesellschafterklage (actio pro socio) kommt nur subsidiär in Betracht, wenn die Gesellschaft selbst die Ansprüche nicht verfolgt und alle gesetzlichen Instrumente zur Durchsetzung der Ansprüche versagen. Hier ist dies nicht der Fall, da die Gesellschaft die Ansprüche problemlos selbst hätte geltend machen können. Auch ein Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG war nicht erforderlich, da in einer zweigliedrigen GmbH der verbleibende stimmberechtigte Gesellschafter die Gesellschaft ohne weitere förmliche Beschlüsse vertreten darf.
Ein Wettbewerbsverbot des Geschäftsführers greift nach Beschluss über die Liquidation der Gesellschaft nicht mehr in dem ursprünglich geltend gemachten Umfang, da sich der „Geschäftszweig“ nach § 88 I AktG in der Liquidationsphase auf die zur Abwicklung notwendigen Geschäfte beschränkt. Die Gesellschaft kann daher nicht zur Unterlassung von Tätigkeiten verpflichtet werden, die über die Liquidation hinausgehen, etwa die Durchführung der Messe 2025. Ein Nutzungsrecht an der Wortmarke für die Gesellschaft ist weder wirksam übertragen noch nachgewiesen, sodass auch daraus kein Anspruch hergeleitet werden kann.
Schließlich bestehen auch keine Ansprüche aus mitgliedschaftlichen Treuepflichten oder einem Wettbewerbsverbot für den Verfügungsbeklagten als (mittelbarer) Gesellschafter der Holding. Ein solches Wettbewerbsverbot bedarf einer satzungsmäßigen Grundlage und entfällt zudem mit der Liquidation der Gesellschaft.
Für die Praxis lässt sich festhalten, dass ein Gesellschafter Ansprüche der GmbH im Wege der actio pro socio nur dann durchsetzen kann, wenn die Gesellschaft selbst hierzu nicht in der Lage ist. In zweigliedrigen Gesellschaften entfällt in Fällen, in denen der betroffene Gesellschafter einem Stimmverbot unterliegt, die Notwendigkeit eines Beschlusses nach § 46 Nr. 8 GmbHG; der verbleibende Gesellschafter ist befugt, die Gesellschaft im Prozess zu vertreten oder einen Prozessvertreter zu bestellen, ohne dass es eines gesonderten Beschlusses bedarf. Geschäftsführer einer GmbH haben – unabhängig von Anstellungsvertrag oder Satzung – ein Wettbewerbsverbot, das sich nach Liquidation auf zur Abwicklung notwendige Geschäfte beschränkt. Für Gesellschafter besteht ein Wettbewerbsverbot hingegen nur bei ausdrücklicher satzungsmäßiger Regelung (OLG Brandenburg v. 14.5.2025 – 4 U 40/25, BeckRS 2025, 12806). Schließlich kann die Subsidiarität der actio pro socio ausnahmsweise entfallen, wenn die Gesellschaft nicht über ausreichende finanzielle Mittel für die Prozessführung verfügt (Leuering NJW-Spezial 2025, 465).