26.04.2022
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
15.02.2022
II ZR 235/20
ZIP 2022, 747
§ 179a AktG ist mangels planwidriger Regelungslücke und vergleichbarer Sachlage auf die KG nicht entsprechend anwendbar. (nichtamtl. Ls.)
Die KG (Klägerin) befindet sich seit dem 27.04.1998 in der Liquidation. Die Klägerin hielt an der Beklagten einen Kommanditanteil von 15.600 DM und die Beklagte ist die Herausgeberin der S Zeitung. Die Kommanditisten der Klägerin waren die Streithelfer GB und JB (Einlage von jeweils 30.000 DM), EB (Einlage von 60.000 DM), AS (Einlage von 24.000 DM) und FS (Einlage von 16.000 DM). Die Komplementärin war die L-GmbH, deren Geschäftsführer die Streithelfer der Beklagten waren.
Mit „Druckvertrag“ vom 10.02.1949 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der Herstellung und dem Vertrieb der Lokalausgabe der S Zeitung für den Bereich S. Die Klägerin bediente sich später der V zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Druckvertrag. Die V (GmbH & Co. KG) wurde am 26.01.1989 gegründet. Dessen Komplementärin war die Verwaltungs-GmbH, dessen Gesellschafterin die Klägerin (Anteil 50.000 DM) war und auch den einzigen Kommanditanteil (500.000 DM) an der V hielt die Klägerin.
Gegen die Stimme des AS wurde in der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 23.02.1998 ein Beschluss zur Sanierung der L-Gruppe gefasst, indem Vermögenswerde, u.a. die Beteiligungen am S Verlag, veräußert werden sollen. Nachdem AS ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegen den Schluss eingeleitet hatte, stimmte er dem Beschluss in einem gerichtlichen Vergleich schließlich zu. Somit schlossen die Parteien am 02.04.1998 einen Kauf- und Übertragungsvertrag mit Entschuldungsvereinbarung. Am 27.04.1998 fasste die Gesellschafterversammlung der Klägerin dann einen Liquidationsbeschluss und die Komplementärin der Klägerin wurde als Liquidatorin bestellt. Nach Abberufung der Liquidatorin wurde am 31.05.2007 ein neuer Liquidator bestellt.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision weiter die Feststellung des Fortbestands der übertragenen Beteiligungen bzw. deren Rückübertragung. Darüber hinaus macht sie Auskunftsansprüche bezüglich gezogener Nutzungen geltend und begehrt die Feststellung des Fortbestands des Druckvertrages.
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Kauf- und Übertragungsvertrag vom 02.04.1998 sei mangels Beschlussfassung, welche nach § 179a Abs. 1 S. 1 AktG analog erforderlich sei, unwirksam. Der Bundesgerichtshof hält fest, der § 179a Abs. 1 S. 1 AktG sei auf die KG nicht analog anwendbar. Die Ablehnung der entsprechenden Anwendung der Norm auf die GmbH führte zu einer Häufung der Stimmen, die Norm auch auf die KG nicht entsprechend anzuwenden. Dies sieht auch der Senat so. Die Gesetzgebungsgeschichte gebe keinerlei Anhaltspunkte für eine analoge Anwendung des § 179a AktG auf die KG.
Außerdem liege ein für eine Analogie vorausgesetzter vergleichbarer Sachverhalt nicht vor. Der Schutzzweck der Norm sei die gesellschaftsinterne Kontrolle der Geschäftsführung bei Gesamtvermögensgeschäften durch die Beteiligung der Gesellschafter. Dem werde bei der KG allerdings schon dadurch Rechnung getragen, dass ein Beschlussvorbehalt in § 116 Abs. 2, § 119 Abs. 1, § 161 Abs. 2, § 164 HGB gesetzlich verankert ist, was das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke zur Folge hat. Die Verpflichtung zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens einer KG erfülle regelmäßig die Voraussetzungen eines außergewöhnlichen Geschäfts i.S.d. § 116 Abs. 1 u. 2 HGB.
Allerdings sprechen schon die strukturellen Unterschiede der KG zur AG gegen eine entsprechende Anwendung des § 179a AktG auf die KG. Denn der unmittelbare Einfluss der Kommanditisten auf die Geschäftsführung sei erheblich, weshalb die Gesellschafter einer KG weniger schutzbedürftig seien. Außerdem würde eine analoge Anwendung ohne unmittelbare gesetzliche Grundlage ein tragendes Prinzip des Rechts der Handelsgesellschaften gefährden, nämlich dass der Handelsverkehr auf dem Gebiet der rechtsgeschäftlichen und organschaftlichen Vertretungsbefugnis klare Verhältnisse erfordert.
Das Berufungsgericht habe eine Unwirksamkeit des Kauf- und Übertragungsvertrags zu Recht abgelehnt. Denn die Gesellschafter der Klägerin hatten den Vertrag mit dem Liquidationsbeschluss vom 27.04.1998 genehmigt. Grundsätzlich sei zutreffend, dass ein unter Missbrauch der Vertretungsmacht geschlossenes Rechtsgeschäft genehmigt werden könne, was auch bei organschaftlicher Vertretung gelte. Mit dem gefassten Liquidationsbeschluss habe das Berufungsgericht eine konkludente Genehmigung des Vertrages angenommen, was revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sei.
Aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen einer AG und einer KG können die Normen des AktG nicht automatisch entsprechend auf die KG angewendet werden. Der BGH hat dies nun auch höchstrichterlich für den § 179a AktG entschieden, welcher schon nicht auf die GmbH analog anwendbar war. Eine analoge Anwendung auf die KG ist schon nicht notwendig, weil ein Beschlussvorbehalt für außergewöhnliche Geschäfte ohnehin gesetzlich verankert ist. Grundsätzlich handelt es sich aber um ein nach § 177 BGB genehmigungsfähiges Rechtsgeschäft, falls das Geschäft unter Missbrauch der Vertretungsmacht geschlossen wurde. Beachtlich sind folglich lediglich die Normen des HGB.