21.02.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BFH
25.09.2024
II R 46/22
BeckRS 2024, 41485
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG mit Grundbesitz im Inland, wurde (neben einer nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligten Komplementärin) von sieben natürlichen Personen als Kommanditisten gehalten. Diese erwarben im Jahr 2013 jeweils eine eigene Vorrats-GmbH, deren Alleingesellschafter sie wurden. Im Jahr 2014 übertrugen die Kommanditisten jeweils mit notariell beurkundetem Vertrag ihre Beteiligungen an der Klägerin durch eine Sachkapitalerhöhung zu Buchwerten gem. §§ 20 ff. UmwStG auf die jeweiligen Vorrats-GmbHs. Mit Einbringungs- und Abtretungsvertrag vom selben Tag wurden die Anteile mit wirtschaftlicher Wirkung zum …2014 abgetreten.
Das Finanzamt (der Beklagte) sah in diesem Vorgang einen steuerpflichtigen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a GrEStG und setzte unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) die Grunderwerbsteuer unter Schätzung der Bemessungsgrundlage mit Bescheid vom 11.07.2018 fest. Nach Feststellung der Grundbesitzwerte wurde die Grunderwerbsteuer mit Änderungsbescheid nach § 164 Abs. 2 AO vom 21.03.2019 herabgesetzt. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte die Gewährung der Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 08.06.2021 als unbegründet zurückgewiesen.
Das Finanzgericht bestätigte die Entscheidung des Finanzamts und führte aus, dass die Vorrats-GmbHs keine abhängigen Gesellschaften im Sinne von § 6a Satz 4 GrEStG seien. Die fünfjährige Vorbehaltensfrist sei nicht eingehalten worden, da alle GmbHs (unstreitig) erst 2013 erworben worden seien. Eine teleologische Reduktion dieser Voraussetzung sei nicht zulässig (und auch Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt), sodass die Steuervergünstigung nicht gewährt werden könne.
Die Klägerin legte Revision ein und machte eine Verletzung von § 6a Satz 1, 3 und 4 GrEStG geltend. Die Einbringungs- und Abtretungsverträge vom …2014 seien zwar als Einbringungen anzusehen, die einen vollständigen Übergang aller Anteile der Klägerin auf die GmbHs als neue Gesellschafter im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG zur Folge gehabt hätten. Die Rechtsvorgänge seien aber dennoch nach § 6a GrEStG von der Steuer befreit.
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück und bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts, dass die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG nicht greife. Die Einbringung der Anteile der Klägerin in die sieben Vorrats-GmbHs erfülle zwar den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG. Die Voraussetzungen des § 6a GrEStG seien jedoch nicht erfüllt gewesen, weil die fünfjährige Vorbehaltensfrist nach § 6a Satz 4 GrEStG (unstreitig) nicht eingehalten wurde und die Einhaltung dieser Frist vorliegend auch nicht entbehrlich gewesen sei.
§ 6a Satz 3 und 4 GrEStG verlangten dem Wortlaut nach, den Bestand des dort bestimmten Abhängigkeitsverhältnisses innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang (Nachbehaltensfrist). Die Klägerin könne sich hier nicht darauf berufen, dass eine (wirtschaftliche) Neugründung der Vorrats-GmbHs einer echten (Ausgliederung zur) Neugründung gleichzustellen sei, für die der BFH eine bereits eine Ausnahme von der genannten Frist angenommen hatte. Der BFH betonte, dass die Vorrats-GmbHs bereits 2013 erworben und damit vor der Einbringung der Kommanditanteile am … 2014 und (damit der wirtschaftlichen Neugründung) zivilrechtlich existierten und deren frühzeitiger Erwerb möglich gewesen wäre, um die Vorbehaltensfrist einzuhalten, während die Gesellschaft bei der (Ausgliederung zur) Neugründung rechtlich erst durch die Neugründung entstehe. Eine Ausnahme könne mithin nur in Fällen greifen, in denen die Frist systembedingt nicht eingehalten werden könne.
Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG wurde verneint. Der BFH führte aus, dass Umwandlungsvorgänge mit einer echten (Ausgliederung zur) Neugründung nicht mit dem Fall der Einbringung von Gesellschaftsanteilen in eine Vorrats-GmbH gleichgesetzt werden könne. Die unterschiedliche Behandlung sei sachlich gerechtfertigt, da eine Vorrats-GmbH (anders als bei einer (Ausgliederung zur) Neugründung, bei der die Gesellschaft vor der Ausgliederung nicht bestehe) bereits vor der Übertragung zivilrechtlich existent sei, am Rechtsverkehr teilnehmen könne und ihre Anteile erworben werden könnten.
Die Klägerin konnte sich auch nicht auf eine Teilrechtsnachfolge berufen, da dieser Grundsatz auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei. Ebenso wenig ergaben sich aus den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte für eine Befreiung von der Vorbehaltensfrist.
Die Entscheidung unterstreicht die strikte Anwendung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist nach § 6a GrEStG. Steuerpflichtige, die Umstrukturierungen wie vorliegend unter Nutzung von Vorratsgesellschaften planen, müssen sicherstellen, dass die gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen frühzeitig erfolgen, um die steuerlichen Begünstigungen in Anspruch nehmen zu können. Andernfalls droht eine Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 2a GrEStG. Eine Ausnahme von der Vorbehaltensfrist ist nur in systembedingten Fällen möglich, etwa bei Umwandlungen zur Neugründung. Die Verwendung von Vorrats-GmbHs allein reicht nicht aus, um eine Ausnahme von dieser Frist zu rechtfertigen.