OLG München 34 Wx 106/25 e
Anforderungen an nachträgliche Eintragung eines Sondernutzungsrechts bei bereits bestehender Wohnungseigentümergemeinschaft

12.12.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG München
01.10.2025
34 Wx 106/25 e
BeckRS 2025, 26254

Leitsatz | OLG München 34 Wx 106/25 e

Es genügt, wenn die Zuweisungserklärung des in der Teilungserklärung ermächtigten Eigentümers durch Zugang beim Grundbuchamt wirksam geworden ist, als er noch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war (Anschluss an KG, FGPrax 2023, 49). 

Sachverhalt | OLG München 34 Wx 106/25 e

Die Beteiligten sind Miteigentümer eines Grundstücks verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung und einem Kellerraum sowie einem Sondernutzungsrecht an einer Grundstücksfläche. In der Teilungserklärung des Notars und einem Nachtrag wurden Sondernutzungsrechte an einer Garage und mehreren Pkw-Stellplätzen geregelt. Diese wurden der Firma Dipl.-Ing. J.K. GmbH als Eigentümerin aller Miteigentumsanteile zugewiesen. Sie wurde berechtigt, einzelnen Wohnungseigentumseinheiten ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht an der Garage und/oder einem Pkw-Stellplatz mit Wirkung für und gegen alle Wohnungseigentümer zuzuweisen sowie die Eintragung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen. In der Kaufvertragsurkunde wurde auf die Einräumung der Sondernutzungsrechte und die Möglichkeit der Übertragung in den einzelnen Kaufverträgen Bezug genommen und auf die Regelungen der Teilungserklärung hingewiesen. Der Urkundsnotar legte dem Grundbuchamt die beglaubigte Abschrift des Kaufvertrages zur Eintragung der Auflassungsvormerkung vor.
 
Mit Kaufvertrag vom Dezember 2013 veräußerten die Ersterwerber den Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung und dem Kellerraum an die Beteiligten. Nicht erwähnt wurden die Sondernutzungsrechte an einem oberirdischen Stellplatz und der Garage. Im April 2025 beantragte die Amtsnachfolgerin des Urkundsnotars die Eintragung des Sondernutzungsrechtes an der Garage. Das Grundbuchamt wies darauf hin, dass hierfür die formgerechte Genehmigung aller Wohnungseigentümer der Wohnanlage notwendig und die Zustimmung der Berechtigten in Abt. II und III der „verlierenden“ Einheiten erforderlich sei. Gegen diese Zwischenverfügung des Grundbuchamts legte die Notarin Beschwerde ein und argumentierte, dass es für die gestreckte Begründung des Sondernutzungsrechts genüge, wenn die Zuordnungs- bzw. Bewilligungserklärung der in der Teilungserklärung ermächtigten Eigentümerin durch Zugang beim Grundbuchamt wirksam geworden ist, als diese noch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) war. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. 

Entscheidung | OLG München 34 Wx 106/25 e

Das OLG München hat die Zwischenverfügung des Grundbuchamts aufgehoben. Da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur die Zwischenverfügung und nicht der Eintragungsantrag selbst war, war dem Senat eine eigene Entscheidung in der Sache nicht möglich. Er hat das für das weitere Verfahren Hinweise erteilt, die für das Grundbuchamt insoweit allerdings ohne Bindungswirkung sind. 

Unter einem Sondernutzungsrecht für einen Wohnungs- oder Teileigentümer versteht man eine nach § 10 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 WEG vereinbarte Gebrauchsregelung, die einem bestimmten Wohnungseigentümer hinsichtlich eines Teils des gemeinschaftlichen Eigentums das ausschließliche Recht zum Gebrauch einräumt. Den anderen Wohnungseigentümern wird also insoweit ihr Recht zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 16 Abs. 1 Satz 3 WEG genommen. Das Sondernutzungsrecht hat zwei Komponenten. Zum einen wird dem Eigentümer einer bestimmten Wohnung die Befugnis zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums eingeräumt. Zum anderen werden alle übrigen Eigentümer von der ihnen als Miteigentümern zustehenden Befugnis zum Mitgebrauch ausgeschlossen. Das Sondernutzungsrecht ist demnach eine Form der Gebrauchsregelung gemeinschaftlichen Eigentums, das gemäß § 10 Abs. 3 WEG im Grundbuch eingetragen werden kann. Die Eintragung ist für die Wirksamkeit des Sondernutzungsrechts grundsätzlich nicht notwendig. Wenn Sondernutzungsrechte allerdings auch gegen Sondernachfolger wirksam sein sollen, setzt dies die Eintragung im Grundbuch voraus. Ein erst nach Aufteilung und Verkauf der Wohnungen zu begründendes Sondernutzungsrecht bedarf der Vereinbarung und somit gemäß § 877 i.V.m. §§ 876, 873 BGB der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer. Dies hat im Grundbuchverfahren zur Folge, dass alle Wohnungseigentümer die Eintragung im Grundbuch nach § 19 GBO bewilligen müssen. Wenn allerdings die übrigen Wohnungseigentümer schon in der Teilungserklärung vom Mitgebrauch gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen wurden und der teilende Alleineigentümer durch eine entsprechende Regelung sich selbst oder einem Verwalter die Begründung von Sondernutzungsrechten vorbehalten hat, sind die einzelnen Wohnung- und Teileigentumsrechte von Anfang an nur mit dieser Einschränkung entstanden. Sie werden in dem Fall durch eine spätere Zuordnung von Nutzungsrechten zu einzelnen Sondereigentumseinheiten rechtlich nicht mehr betroffen. 

Voraussetzung für die Entbehrlichkeit der Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer ist also, dass die negative Komponente des Sondernutzungsrechts dinglicher Inhalt der Wohnungs- und Teileigentumsrechte geworden ist. Dabei ist nicht erforderlich, dass die Teilungserklärung insgesamt ins Grundbuch eingetragen wird. Vielmehr genügt die Bezugnahme auf die Bewilligung und die Aufteilungspläne, die Bestandteil der Teilungserklärung sind. Voraussetzung für das Eintreten der Wirkungen nach § 10 Abs. 3 WEG ist die Eintragung der erfolgten positiven Zuordnung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch des berechtigten Wohnungseigentümers. Zu beachten ist, dass auch das eingetragene Sondernutzungsrecht lediglich ein schuldrechtliches Gebrauchsrecht darstellt.
 
Das OLG München hat in früheren Entscheidungen die Ansicht vertreten, dass bei einer nachträglichen Eintragung eines Sondernutzungsrechts im Grundbuch der Nachweis zu erbringen ist, dass die Nutzungsbefugnis an dem Stellplatz bzw. der Garage noch dem entsprechenden Wohnungseigentum zugeordnet ist. Daran beabsichtigt der Senat nicht mehr länger festzuhalten. Nach nunmehr vertretener Auffassung des Senats ist bei der Vornahme rechtsändernder Eintragungen im Gegensatz zur Berichtigung materieller Unrichtigkeiten ein Gleichlauf von formellem und materiellem Recht nicht erforderlich. Aus diesem Grund verzichtet § 19 GBO auf die Prüfung des zugrunde liegenden dinglichen Rechtsgeschäfts und fordert mit der Bewilligung eine vom materiellen Recht losgelöste Erklärung, in welcher der „verlierende“ Teil dem Grundbuchamt die Vornahme der Eintragung gestattet. Im Rahmen des § 19 GBO ist allein die dingliche Betroffenheit maßgeblich. Der Inhaber eines schuldrechtlichen Sondernutzungsrechts kann folglich nicht in einer dinglichen Rechtsstellung betroffen sein. Die Wohnungseigentümer sind demgegenüber bereits in der Teilungserklärung vom Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen worden. Sinn und Zweck des gestreckten Begründungsverfahrens ist gerade die Entbehrlichkeit einer Mitwirkung der übrigen Berechtigten. Daran ändert auch eine längere Zeitspanne zwischen Zuordnung und Eintragung nichts. Die Eintragung im Grundbuch ist nach § 10 Abs. 3 Satz 1 WEG nur für die Wirkung gegen den Sondernachfolger relevant. 

Schließlich ist die teilende Eigentümerin zwar im Jahr 2007 aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden. Dennoch bleibt ihre Zuweisungserklärung relevant, da sie damit die ihr eingeräumte Zuweisungsbefugnis ausgeübt hat und zu diesem Zeitpunkt auch noch Mitglied der Gemeinschaft war. Somit ist es unerheblich, dass der Antrag auf Eintragung des Sondernutzungsrecht erst nach Ausscheiden der teilenden Eigentümerin gestellt wurde.

Praxishinweis | OLG München 34 Wx 106/25 e

Die Entscheidung des OLG München stellt das Konsensprinzip nach § 19 GBO mehr in den Fokus, wonach eine Eintragung ins Grundbuch grundsätzlich auf Grundlage der Bewilligung desjenigen erfolgt, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird. Ausschlaggebend ist hierbei die dingliche Betroffenheit. In ihrer dingliche Position der Wohnungseigentümer sind diese aber bereits in der Teilungserklärung vom Mitgebrauch ausgeschlossen worden. Die Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des Senats und der Anschluss an divergierende Entscheidungen anderer Gerichte (vgl. KG, Beschluss v. 07.02.2023 – 1 W 213/22, BeckRS 2023, 1933; OLG Hamm, Beschluss v. 16.06.2017 – 15 W 474/16, DNotZ 2018, 225) bewirkt zudem mehr Rechtssicherheit.