OLG Düsseldorf I-10 W 53/23
Bestimmung des Geschäftswerts bei der Erhöhung des Stammkapitals durch Sacheinlage anhand des Werts der Sacheinlage (nicht: nach Nominalwert der Kapitalerhöhung)

28.05.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Düsseldorf
09.01.2024
I-10 W 53/23
ZIP 2024, 1967

Leitsatz | OLG Düsseldorf I-10 W 53/23

  1. Bei der Bestimmung des Geschäftswerts für die Beurkundung von Beschlüssen über eine Stammkapitalerhöhung i.S.d. § 108 Abs. 1 GNotKG ist – unter Berücksichtigung der durch Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 dieser Vorschrift gezogenen Grenzen – im Falle der Einbringung einer Sacheinlage der Wert der Kapitalerhöhung anhand des Werts der Sacheinlage und nicht anhand des Nominalwerts der Kapitalerhöhung zu bestimmen.
  2. Dies gilt auch für den Kapitalerhöhungsbeschluss, der im Falle einer Spaltung nach dem UmwG bei dem übernehmenden Rechtsträger gefasst wird. Es ist unerheblich, dass der Wert des abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögens (ohne Schuldenabzug) bereits bei dem Zustimmungsbeschluss zugrunde gelegt wird.
     

Sachverhalt | OLG Düsseldorf I-10 W 53/23

Der Beteiligte zu 1) ist Notar. Am 29.09.2014 beurkundete er einen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag zwischen der Beteiligten zu 2) als übertragende Gesellschaft und der X-GmbH als übernehmende Gesellschaft. Hier wurde daneben auch die Geltung deutschen Rechts vereinbart. Die Beteiligte zu 2) übertrug ihren Teilbetrieb „Kurzstreckenseehverkehr“ als Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten im Wege partieller Gesamtrechtsnachfolge durch Ausgliederung zur Aufnahme gem. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die X-GmbH. Dem Ausgliederungsvertrag, dem die jeweilige Alleingesellschafterinnen der Beteiligten zu 2) und der X-GmbH zustimmten, wurde eine Bilanzsumme von 201.097,00 EUR zugrunde gelegt – die Teilbilanz des Teilbetriebs „Kurzstreckenseeverkehr“. Ferner beurkundete der Beteiligte zu 1) Gesellschafterversammlungen der X-GmbH und der Beteiligten zu 2). Die X-GmbH beschloss zur Durchführung der Ausgliederung eine Umstellung des Stammkapitals der X-GmbH in EUR (von 100.000 DM auf 51.129,19 EUR) und eine Erhöhung desselben um 870,81 EUR auf insgesamt 52.000,00 EUR. Hiervon übernahm die Alleingesellschafterin der X-GmbH eine Einlage von 24,11 EUR und eine Einlage von 846,70 EUR. Sie erhöhte sodann das Stammkapital der X-GmbH um weitere 52.000,00 EUR auf 104.000,00 EUR und gewährte der Beteiligten zu 2) als Gegenleistung für die Übertragung des Teilbetriebs „Kurzstreckenseeverkehr“ Geschäftsanteile im Nennwert von 52.000,00 EUR. Außerdem wurden für die X-GmbH, die zudem umfirmiert wurde, zwei weitere Geschäftsführer bestellt.
Am 19.12.2014 erstellte der Beteiligte zu 1) der Beteiligten zu 2) zum Ausgliederungs- und Übernahmevertrag eine Kostenrechnung. Im Rahmen dessen legte er für die Berechnung der Gebühr Nr. 21100 KV GNotKG einen Geschäftswert von 747.583,00 EUR zugrunde. Der Geschäftswert setzte sich wie folgt zusammen: Ausgliederungsvertrag (201.097,00 EUR), Zustimmungsbeschlüsse (201.097,00 EUR), Umstellung des Stammkapitals auf EUR sowie Erhöhung um 870,81 EUR (insgesamt 30.000,00 EUR), Erhöhung des Stammkapitals um weitere 52.000,00 EUR (52.000,00 EUR), Umfirmierung (30.000,00 EUR) und Bestellung der zwei weiteren Geschäftsführer (insgesamt 60.000,00 EUR). Ferner wurden für die Übernahme der Einlagen außerdem 870,00 EUR angesetzt. Wegen der im Ausgliederungsvertrag vorgenommenen Rechtswahl erhöhte der Beteiligte zu 1) den sich daraus ergebenden Gesamtwert von 575.064,00 EUR um 30 %.
Nachdem der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Düsseldorf im Rahmen der Geschäftsprüfung hinsichtlich der Bemessung der Kostenrechnung in mehreren Punkten eine abweichende Rechtsansicht vertreten hatte, wies die Beteiligte zu 3) den Beteiligten zu 1) schließlich unter dem 08.12.2020 an, die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Der Beteiligte zu 1) stellte sodann unter dem 19.01.2021 einen entsprechenden Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 130 GNotKG.
Das Landgericht Düsseldorf entschied über diesen Antrag wie folgt:

  1. Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 130 GNotKG wird die Kostenrechnung vom 19. Dezember 2014, Re-Nr., zu der UR.-Nr. des Notars Dr. I in E, aufgehoben.
  2. Zugleich wird der Beteiligte zu 1. angewiesen, die Kostenrechnung zu UR-Nr. unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von 910.278,30 EUR für die Gebühr Nr. 21100 KV GNotKG sowie unter Ansatz einer 1,0 Gebühr (Nr. 21200 KV GNotKG) aus einem Geschäftswert von 870,81 EUR unter Beachtung von § 94 Abs. 1 GNotKG neu zu erstellen.
     

Entscheidung | OLG Düsseldorf I-10 W 53/23

Die gegen diesen Beschluss zulässige Beschwerde hat überwiegend keinen Erfolg.

Das LG habe den Beschwerdeführer zu Recht angewiesen, die Kostenrechnung unter Beachtung der o.g. Vorgaben neu zu erstellen. Hierbei sei allerdings für die Gebühr Nr. 21100 KV GNotKG insgesamt ein Geschäftswert von 902.409,00 EUR zugrunde zu legen.

Es sei zu Recht für den Ausgliederungs- und Übernahmevertrag ein Geschäftswert von 201.097,00 EUR anzusetzen.

Der Wert der Kapitalerhöhung bei einer Erhöhung des Stammkapitals durch eine Sacheinlage sei unter Berücksichtigung der durch § 108 Abs. 1 S. 2 und Abs. 4 GNotKG gezogenen Grenzen anhand des Werts der Sacheinlage zu bestimmen und nicht nach dem Nominalwert der Kapitalerhöhung. Dabei sei der Wert der Sacheinlage ohne Abzug von Verbindlichkeiten anzugeben, mithin hier die in der Teilbilanz ausgewiesenen Aktiva i.H.v. 201.097,00 EUR.

Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss beim übernehmenden Rechtsträger im Rahmen einer Spaltung nach dem UmwG gefasst wird. Hierzu gelte im Einzelnen Folgendes:

Der Geschäftswert eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals sei innerhalb der bereits erwähnten Grenzen unter ergänzender Heranziehung des § 97 Abs. 1 und 2 GNotKG zu ermitteln. Danach bestimme sich der Geschäftswert bei der Beurkundung von Verträgen und Erklärungen nach dem Wert des Rechtsverhältnisses, welches Beurkundungsgegenstand ist. Dies gelte auch für Beschlüsse, soweit nicht § 108 GNotKG etwas spezielleres vorsieht.

Der Wert der Beschlussfassung über eine Erhöhung des Stammkapitals bei der GmbH entspreche nach grundlegender Entscheidung des BGH v. 12.09.2023 dem Wert des neu geschaffenen oder erhöhten Geschäftsanteils, sofern dieser den Ausgabebetrag der Anteile übersteigt. Hier liege der Wert des neu geschaffenen Geschäftsanteils, nämlich der der übertragenen Vermögensgegenstände, bei 201.097,00 EUR. Der Wert übersteige daher den Ausgabebetrag der neu geschaffenen Anteile i.H.v. 52.000,00 EUR, sodass der Wert i.H.v. 201.097,00 EUR dem Geschäftswert zugrunde zu legen sei.

Zur Begründung schließt sich das Gericht der Rechtsprechung des BGH an, nach der bei der Beschlussfassung über die Erhöhung des Stammkapitals das von dem Übernehmer erstrebte Mitgliedschaftsrecht nicht von der Gesellschaft „geliefert“ werde. Vielmehr entstehe es erst auf Grundlage des Kapitalerhöhungsbeschlusses und des Übernahmevertrages kraft Gesetzes mit der Eintragung in das Handelsregister. Nach Ansicht des BGH führt dies nach durchgeführter Kapitalerhöhung zu einer Wertverschiebung im Verhältnis der Gesellschafter untereinander, wenn der objektive Wert der neuen Geschäftsanteile den Ausgabebetrag übersteigt. Der Wert des Gegenstands der Beschlussfassung werde dadurch auch maßgeblich durch den Wert des Geschäftsanteils, den der Übernehmer mit der Eintragung im Handelsregister erwirbt, bestimmt.

Dies erkläre auch die unterschiedliche Behandlung für die Fälle, in denen von der Verzichtsmöglichkeit des § 54 Abs. 1 S. 3 UmwG Gebrauch gemacht wird.

Der Geschäftswert war insgesamt auf 694.161,00 EUR, zuzüglich der 30% wegen der Rechtswahlklausel, mithin insgesamt auf 902.409,00 EUR rechnerisch zu korrigieren.
 

Praxishinweis | OLG Düsseldorf I-10 W 53/23

Die Frage, ob in Fällen der Verschmelzung oder Abspaltung kostenrechtlich eine unzulässige Doppelberücksichtigung vorliegt, wenn der Geschäftswertbestimmung hinsichtlich des Beschlusses über die Erhöhung der Stammeinlage bei einer GmbH der Wert der Sacheinlage zugrunde gelegt wird, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dies jedenfalls nicht so gesehen, sodass unter diesen Voraussetzungen der höhere Geschäftswert von Notaren im Rahmen der Kostenrechnung angesetzt werden könnte.