BGH V ZB 10/24
Keine Umwandlung eines subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht

30.06.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
23.01.2025
V ZB 10/24
FGPrax 2025, 49

Leitsatz | BGH V ZB 10/24

Ein zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks bestehendes Vorkaufsrecht (subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht) kann nicht im Wege der Rechtsänderung in ein zugunsten einer bestimmten Person bestehendes Vorkaufsrecht (subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht) umgewandelt werden. Erforderlich ist vielmehr die Aufhebung des bisherigen und die Begründung eines neuen Vorkaufsrechts. Dies gilt auch dann, wenn die nunmehr begünstigte Person Eigentümerin des (bislang) herrschenden Grundstücks ist. (Rn. 5 –15) (amtl. Ls.)

Sachverhalt | BGH V ZB 10/24

Die Beteiligte zu 1 ist als Eigentümerin im Grundbuch für das fragliche Grundstück (Flurstück 993/3) eingetragen. Dieses ist durch ein dingliches Vorkaufsrecht zugunsten der jeweiligen Eigentümer des benachbarten Flurstücks 993 belastet. Letztere Rechtsposition steht aktuell der Beteiligten zu 2 zu. Im Rahmen einer notariellen Vereinbarung vom 16. Mai 2023 erklärten die Parteien übereinstimmend, dass das Vorkaufsrecht künftig ausschließlich der Beteiligten zu 2 in persönlicher, nicht übertragbarer und nicht vererbbarer Weise zustehen solle. Der Antrag auf Eintragung dieser Änderung wurde vom Grundbuchamt zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde blieb vor dem OLG München erfolglos. Mit ihrer im Anschluss eingelegten und zugelassenen Rechtsbeschwerde erstreben die Beteiligten weiterhin die Eintragung der Umwandlung des subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht.

Entscheidung | BGH V ZB 10/24

Der BGH hat die Rechtsbeschwerde abgewiesen. Ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht kann nicht (rangwahrend) in ein subjektiv-persönliches Recht umgewandelt werden.

Das Beschwerdegericht ist zutreffend von dem unstreitigen rechtlichen Ansatz ausgegangen, dass dem Antrag auf Eintragung nur entsprochen werden kann, wenn die intendierte Überführung eines bisher zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 993 bestehenden subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts (§§ 1094 Abs. 2, 1103 Abs. 1 BGB) in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht (§§ 1094 Abs. 1, 1103 Abs. 2 BGB) als Inhaltsänderung im Sinne des § 877 BGB einzuordnen wäre. Anderenfalls müsste das gegenwärtige Vorkaufsrecht nach § 875 BGB gelöscht und ein neues Recht gemäß § 873 Abs. 1 BGB zugunsten der Beteiligten zu 2 begründet werden.

Der BGH stellt klar, dass das OLG München die Voraussetzungen des § 877 BGB zu Recht verneint habe. Nach gefestigter Auffassung umfasst der Begriff der Inhaltsänderung nach § 877 BGB ausschließlich die rechtsgeschäftliche Modifikation der dem Berechtigten zustehenden Befugnisse (vgl. etwa Grüneberg/Herrler, BGB, 84. Aufl., § 877 Rn. 3; BeckOK BGB/Eckert, Stand 1.11.2024, § 877 Rn. 2). Eine Veränderung der Person des Rechtsinhabers fällt nicht darunter, da diese keine Modifikation des Rechtsinhalts darstellt, sondern lediglich einen Wechsel der Berechtigung betrifft, der allein § 873 BGB unterfällt (vgl. OLG Hamm, MDR 2014, 1386; OLG Naumburg, Beschl. v. 23.01.2017 – 12 Wx 22/16, juris Rn. 19). 

Ebenso wenig liegt eine Inhaltsänderung vor, wenn ein dingliches Recht in ein Recht eines anderen Typs überführt werden soll (vgl. BayObLGZ 1959, 520, 526; Staudinger/Heinze, BGB [2021], § 877 Rn. 3, 8 f.; MüKoBGB/Lettmaier, 9. Aufl., § 877 Rn. 4, 9). Ausnahmen gelten nur dort, wo der Gesetzgeber selbst einen Rechtsformwechsel ausdrücklich gestattet, wie z. B. in §§ 1186, 1198, 1203 BGB.

Die hier verfolgte Umwandlung betrifft keine bloße Inhaltsmodifikation i.S.d. § 877 BGB, sondern einen Wechsel des Rechtstyps. In Rechtsprechung und Schrifttum wird nahezu einhellig vertreten, dass ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht nicht durch eine einfache Rechtsänderung in ein subjektiv-persönliches transformiert werden kann (vgl. BayObLGZ 1971, 28, 32; BeckOK BGB/Reischl, Stand 1.11.2024, § 1103 Rn. 2; Meikel/Grziwotz, GBO, 12. Aufl., Einl B Rn. 498; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 1401; Otto, ZfIR 2024, 347, 349 f.; Reichel, FGPrax 2024, 61, 62). Dies wird uA mit § 1103 Abs. 1 BGB begründet, wonach das zugunsten des jeweiligen Eigentümers bestehende Vorkaufsrecht untrennbar mit dem Eigentum verbunden ist. Die Loslösung durch Umwandlung in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht stellt demnach eine unzulässige Trennung dar (vgl. Staudinger/Schermaier, BGB [2021], § 1103 Rn. 3; Soergel/Kern, BGB, 14. Aufl., § 1103 Rn. 1). Kern spricht von „wesensverschiedene Gestaltungsformen“.

Der BGH widerspricht damit dem von Omlor und Westermann vorgebrachtem Argument, dass es sich um „unterschiedliche Ausprägungen desselben Sachenrechts“ handelt, bei denen ein „Formwechsel“ zuzulassen sei, wenn der neue Berechtigte zuvor auch Eigentümer des herrschenden Grundstücks war (Omlor in BeckOGK/BGB, Stand: 1.10.2024, § 1103 BGB Rz. 7; Westermann in MünchKomm/BGB, 9. Aufl. 2023, § 1103 BGB Rz. 2 spricht von „der wirtschaftlichen Nähe der beiden Formen“).
Der BGH stellt fest, dass subjektiv-dingliche und subjektiv-persönliche Vorkaufsrechte als voneinander zu unterscheidende Rechte anzusehen sind. Eine Umwandlung im Wege der Inhaltsänderung ist daher ausgeschlossen. Die bloße Überschrift „Gesetzlicher Inhalt des dinglichen Vorkaufsrechts“ in § 1094 BGB lässt keine Rückschlüsse auf die Rechtsnatur der beiden Ausprägungen zu, sondern dient lediglich der systematischen Einordnung.

Der qualitative Unterschied ergibt sich nach BGH eindeutig aus § 1103 Abs. 1 BGB, wonach das subjektiv-dingliche Vorkaufsrecht ein wesentlicher Bestandteil des herrschenden Grundstücks ist (§§ 93, 96 BGB) und dessen rechtliches Schicksal teilt. Ließe man eine Änderung des subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht zu, verlöre das Vorkaufsrecht seine Bindung an das Grundstück. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung, wie sie etwa für Grundpfandrechte in §§ 1186, 1198, 1203 BGB besteht, ist eine rangwahrende Umgestaltung des Vorkaufsrechts in der hier beabsichtigten Form unzulässig. Die §§ 1094 ff. BGB enthalten keine vergleichbare Norm.

Praxishinweis | BGH V ZB 10/24

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zu begrüßen. Sie bestätigt den bisherigen Grundsatz, wonach eine rangwahrende Inhaltsänderung von Grunddienstbarkeiten in ihrem Rechtscharakter unzulässig bleibt. Demnach kann weder eine Grunddienstbarkeit in eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit noch eine subjektiv-dingliche Reallast in eine subjektiv-persönliche Reallast überführt werden, ohne dass zuvor eine Löschung des bestehenden Rechts (§ 875 BGB) und sodann eine Neueintragung des geänderten Rechts (§ 873 Abs. 1 BGB) erfolgt. Gleiches gilt für die Umwandlung eines subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht (vgl. zur Vorinstanz Reichel, FGPrax 2024, 61).

Eine Rangwahrung im Rahmen einer solchen Rechtsneubegründung kann ausschließlich über eine Rangrücktrittserklärung des vorrangigen Berechtigten nach § 880 BGB sichergestellt werden, was eine gesonderte Vereinbarung voraussetzt. Nach Ansicht von Reichel verliert diese Problematik an Bedeutung, sofern lediglich Nutzungsrechte und nicht auch Verwertungsrechte betroffen sind (vgl. zur vollstreckungsrechtlichen Relevanz Reichel, FGPrax 2024, 61, 62).

Es ist allerdings weiterhin offen, weil vorliegend vom BGH nicht entschieden, ob es zulässig ist, ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht mit einer auflösenden Bedingung zu versehen, die bei Eigentumsverlust des Begünstigten am herrschenden Grundstück eintritt (s. hierzu Meier, NotBZ 2025, 183).