06.08.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
18.04.2024
V ZB 51/23
NJW 2024, 1957
Der Beteiligte zu 1) ist Eigentümer des gegenständlichen Grundstücks. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind die gemeinsamen Kinder des Beteiligten zu 1) und seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 2). Der Beteiligte zu 1) übertrug seinen Kindern mit notariell beglaubigter Vereinbarung schenkweise das näher bezeichnete Grundstück je zu hälftigem Miteigentum. Die Beteiligten zu 3) und 4) wurden jeweils durch ihre Eltern vertreten, zu deren Gunsten ein lebenslanger Nießbrauch bewilligt wurde.
Der Bitte des Notars um Vornahme der entsprechenden Eintragungen ist das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung entgegengetreten. Die Auflassung an die Beteiligten zu 3) und 4) sei durch einen für jedes Kind separat zu bestellenden Ergänzungspfleger zu genehmigen. Die daraufhin eingelegte Beschwerde hat das KG zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten ihren Eintragungsantrag weiter.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Eintragung nicht aus den in der Zwischenverfügung genannten Gründe abzulehnen.
Die Eintragung der Beteiligten zu 3) und 4) bedarf nicht der Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger. Grundsätzlich sind die Beteiligten zu 1) und 2) als Sorgeberechtigte dazu berechtigt, die erforderlichen Willenserklärungen für die Beteiligten zu 3) und 4) vorzunehmen. Nur ist der Beteiligte zu 1) im Rahmen der Auflassung zugleich der Veräußerer, ihn trifft daher das Vertretungsverbot der §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1824 Abs. 2 BGB. iVm § 181 BGB. Die Beteiligte zu 2) trifft im Grundsatz das Vertretungsverbot aus §§ 1629 Abs. 2, 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
Ist jedoch der Erwerb des Grundstücks des Beteiligten zu 1) für dessen Kinder lediglich rechtlich vorteilhaft, so greift das Vertretungsverbot des § 1824 BGB nicht. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH zur Vorgängernorm (§ 1795 BGB aF). Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber daran durch die Neuregelung etwas ändern wollte.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der Erwerb von Eigentum an einem nicht vermieten oder verpachteten Grundstücks nach der Rechtsprechung des Senats lediglich rechtlich vorteilhaft im Sinne des § 107 BGB. Die persönliche Haftung eines Grundstückseigentümers für die Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Abgabeverpflichtungen vermag daran nichts zu ändern - so gebietet es der Schutzzweck der Vorschrift. Derartige Kosten stellen ihrer abstrakten Natur nach typischerweise keine Gefährdung des Minderjährigen dar. Dafür eine ergänzungspflegschaftliche Genehmigung zu fordern wäre „reiner Formalismus“. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest - diese ist auch auf den Erwerb zu Bruchteileigentum übertragbar.
Zwar bestehen zwischen Erwerb des Alleineigentums und Miteigentum gewisse Unterschiede: So entsteht bei dem Miteigentumserwerb gem. § 741 BGB kraft Gesetzes eine Bruchteilsgemeinschaft. Aus dieser können persönliche Pflichten erwachsen, insbesondere die Tragung von Lasten, sowie Erhaltungs-, Verwaltungs- und Benutzungskosten, § 748 BGB. Diese Unterschiede zum Alleineigentum rechtfertigen jedoch keine Einordnung als rechtlich nachteilig.
Denn mittelbare Folgen werden bei der Beurteilung nicht berücksichtigt. Eine Verpflichtung des Minderjährigen nach § 748 BGB tritt aber nicht bereits mit dem Erwerb des Miteigentumsanteils ein. Die anteilige Tragung von notwendigen Erhaltungsmaßnahmen nach § 744 Abs. 2 BGB etwa setzt die Vornahme einer entsprechenden Erhaltungsmaßnahme durch den Miteigentümer voraus. Ansprüche aus § 748 BGB iVm § 745 BGB sind von einem Beschluss der Miteigentümer abhängig.
Es besteht zudem keine Vergleichbarkeit mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung. Aus diesem ergeben sich bereits gravierende unmittelbare Verpflichtungen, s. § 16 Abs. 2 S. 1 WEG. Eine Gleichstellung entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, dies ergibt sich mittelbar aus § 1850 Nr. 4 BGB. Danach bedarf (nur) der unentgeltliche Erwerb von Wohnungseigentum der Genehmigung.
Der Erwerb des Grundstücks des Beteiligten zu 1) stellt daher im Ergebnis für die Beteiligten zu 3) und 4) lediglich einen rechtlichen Vorteil dar. Eine Ergänzungspflegschaft ist nicht erforderlich.
In seiner Entscheidung bleibt sich der BGH treu, indem gerade beim Erwerb von Immobilien bei der Beurteilung der Frage der rechtlichen Vorteilhaftigkeit eine wertende Betrachtung unter Berücksichtigung des Schutzzweckes der jeweiligen Vertretungsverbote vorzunehmen ist. Hier sieht der BGH eine Parallele zwischen Erwerb von Allein- und Miteigentum. Voraussetzung für den genehmigungsfreien Erwerb ist aber weiterhin, dass das Grundstück nicht vermietet oder verpachtet ist.