29.10.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BFH
04.06.2025
II R 18/23
juris
Der Kläger sowie seine Ehefrau gründeten durch notariellen Vertrag vom 06.08.2020 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der beide zu gleichen Teilen beteiligt waren. In derselben Urkunde vereinbarten sie, dass das im Alleineigentum der Ehefrau stehende, von beiden zu Wohnzwecken genutzte Grundstück in das Gesellschaftsvermögen eingebracht werden sollte. Die Eheleute bezeichneten den durch die Einbringung zugunsten des Klägers entstehenden hälftigen Anteil als unentgeltliche ehebedingte Zuwendung. Am 04.09.2020 wurde die GbR, bestehend aus Kläger und Ehefrau, als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
In seiner Schenkungsteuererklärung vom 20.01.2021 gab der Kläger den Wert seines hälftigen Grundstücksanteils mit 1,8 Mio. € an und beantragte die Steuerbefreiung für ein Familienheim gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Das Finanzamt (FA) setzte mit Bescheid vom 02.02.2021 Schenkungsteuer in Höhe von 247.000 € fest, da es die Steuerbefreiung wegen der Übertragung auf eine GbR für nicht anwendbar hielt. Den Einspruch des Klägers wies das FA mit Entscheidung vom 25.06.2021 zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und setzte die Steuer auf 0 € herab. Es vertrat die Auffassung, dass auch der Erwerb von Gesamthandseigentum durch eine GbR unter § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG falle (EFG 2023, 1411).
Das FA legte Revision ein und rügte eine fehlerhafte Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Es argumentierte, der Begriff des Grundstücks nach § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG erfasse kein Gesamthandseigentum, sondern nur Eigentum oder Miteigentum. Die Vorschrift verlange eine unmittelbare Eigentümerstellung des begünstigten Ehegatten, da der Gesetzgeber nur diese Formen des Eigentums habe privilegieren wollen. Ziel der Befreiung sei die Sicherung der familiären Lebensgrundlage, nicht die Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaftsform, die die alleinige Verfügungsbefugnis einschränke.
Die Revision ist unbegründet und wurde gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückgewiesen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Übertragung des Familienheims auf die GbR eine Schenkung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellt, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerfrei bleibt.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unterliegt jede freigebige Zuwendung unter Lebenden der Schenkungsteuer, sofern sie den Empfänger auf Kosten des Zuwendenden bereichert (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Eine solche Bereicherung setzt eine unentgeltliche Vermögensverschiebung voraus, die zu einer Vermögensmehrung beim Bedachten führt (vgl. BFH, Urteil vom 16.09.2020 – II R 24/18, BFHE 272, 87, BStBl II 2021, 621).
Überträgt ein Ehegatte ohne Gegenleistung ein ihm gehörendes Grundstück in eine gemeinschaftlich gehaltene GbR, kann in Höhe des Anteils des anderen Ehegatten eine freigebige Zuwendung vorliegen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Schenkungsteuerrechtlich sind nicht die Gesamthand, sondern die Gesellschafter als Bereicherte anzusehen, sodass die GbR nicht Steuerschuldnerin, sondern lediglich zivilrechtliche Eigentümerin ist (vgl. BFH, Urteile vom 14.09.1994 – II R 95/92; vom 05.02.2020 – II R 9/17; Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, § 7 Rz 130; Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, § 7 Rz 81).
Damit hat die Ehefrau dem Kläger durch die Einbringung des Familienheims am 06.08.2020 eine unentgeltliche Bereicherung in Höhe seiner hälftigen Beteiligung vermittelt. Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist erfüllt.
Das FG hat zu Recht angenommen, dass der Erwerb von Gesamthandseigentum an einem (hier unstreitig) zu eigenen Wohnzwecken genutzten bebauten Grundstück unter die Befreiungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG fällt. Danach sind Zuwendungen unter Lebenden zwischen Ehegatten steuerfrei, soweit der Erwerber Eigentum oder Miteigentum an einem inländischen oder EU-/EWR-belegenen bebauten Grundstück (§ 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG) erhält, das als Familienheim dient, oder von damit verbundenen Verpflichtungen freigestellt wird.
Obwohl die Vorschrift das Gesamthandseigentum nicht ausdrücklich nennt, ist sie auf die Einbringung eines Familienheims in eine GbR anzuwenden, wenn beide Ehegatten Gesellschafter sind. Entscheidend ist die schenkungsteuerrechtliche Bereicherung des Ehegatten, nicht die zivilrechtliche Eigentumsform. Das dem Gesellschafter zugerechnete Gesamthandsvermögen erfüllt die Voraussetzung der Eigentumsverschaffung i.S.d. Norm.
Diese Auslegung entspricht dem Zweck des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Mit Einführung der Vorschrift durch das Jahressteuergesetz 1996 (BGBl I 1995, 1250) reagierte der Gesetzgeber auf die BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 02.03.1994 – II R 59/92), die die Steuerfreiheit ehebedingter unbenannter Zuwendungen aufgehoben hatte. Ziel war, die lebzeitige Übertragung des Familienheims innerhalb der Ehe steuerlich zu privilegieren (vgl. BFH, Urteil vom 29.11.2017 – II R 14/16; BT-Drucks 13/901, S. 157). Der Schutz des familiären Lebensmittelpunkts sollte unabhängig von gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen gelten.
Dass der Gesellschafter einer GbR nach § 719 BGB a.F. nicht allein über seinen Anteil verfügen kann, steht der Befreiung nicht entgegen. Maßgeblich bleibt die tatsächliche Bereicherung des Ehegatten durch die Einbringung des Familienheims.
Folglich greift die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Da die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken unstreitig war, war die Schenkungsteuer auf 0 € festzusetzen.
Nach Ansicht des BFH erstreckt sich die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG nunmehr auch auf den Erwerb von Gesamthandseigentum an einem Familienheim durch eine zwischen Ehegatten bestehende GbR. Diese Entscheidung verdient uneingeschränkte Zustimmung, ist konsequent und steuerlich folgerichtig. Sie stärkt die Position des Steuerpflichtigen und erteilt der bislang restriktiven Auslegungspraxis der Finanzverwaltung eine deutliche Absage.
Der Bundesfinanzhof setzt die wirtschaftliche Betrachtungsweise stringent um und löst den bestehenden Spannungsbogen zwischen zivilrechtlicher Eigentumszuordnung und schenkungsteuerlicher Beurteilung zugunsten des Steuerpflichtigen. Damit wird zugleich das berechtigte Interesse der Ehegatten an einer eigenverantwortlichen Gestaltung ihrer Vermögensverhältnisse – auch unter Nutzung der gesellschaftsrechtlichen Struktur einer Ehegatten-GbR – gewahrt.
Der zu entscheidende Fall spielt vor Inkrafttreten des MoPeG zum 1. Januar 2024. An der Rechtsauffassung des BFH ändert dies aber nichts, trotz Abkehr vom Gesamthandsprinzip. § 2a ErbStG stellt ausdrücklich klar, dass für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer rechtfähige Personengesellschaften weiterhin als Gesamthand zu behandeln sind und deren Vermögen schenkungsteuerlich den Charakter von Gesamthandsvermögen behält. Damit bleibt es dabei, dass auch nach zivilrechtlicher Übertragung auf die Personengesellschaft steuerrechtlich eine Zuwendung an die beteiligten Gesellschafter im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG anzunehmen ist.
Für die Praxis bedeutet die Sicherstellung des Schutzes des Familienheims auch bei gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen, dass diese weiterhin zulässig und steuerlich risikoarm bleibt, sofern der Wohnzweck nachgewiesen ist.