OLG Brandenburg 7 W 21/22
Einreichen der Gesellschafterliste als höchstpersönliche Handlung

03.06.2022

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Brandenburg
23.02.2022
7 W 21/22
ZIP 2022, 640

Leitsatz | OLG Brandenburg 7 W 21/22

  1. Das Einreichen einer Liste der Gesellschafter (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG) ist keine Willenserklärung; die Liste gilt nicht mit der Rechtskraft des Urteils als eingereicht, das zum Einreichen der Liste verpflichtet.
  2. Das Einreichen der Liste steht den anderen höchstpersönlichen Versicherungen des Geschäftsführers gegenüber dem Registergericht gleich, mit denen er über rechtliche oder tatsächliche Umstände, die in der Vergangenheit eingetreten oder nicht eingetreten sind, zu berichten hat und die ebenfalls als unvertretbare Handlungen zu vollstrecken sind.

 

Sachverhalt | OLG Brandenburg 7 W 21/22

Eine streitgegenständliche Gesellschaft wurde zur Einreichung einer Gesellschafterliste verurteilt. Das Urteil soll mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. Ein Gläubiger der Gesellschaft legte Beschwerde gegen die Vollstreckung ein. Er hält die Vollstreckung nach § 888 ZPO für unzureichend. Zudem beantragte der Gläubiger, zur Einreichung der Liste selbst ermächtigt zu werden.

Entscheidung | OLG Brandenburg 7 W 21/22

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die beantragte Ermächtigung des Gläubigers, die Liste selbst einzureichen, könne nicht erteilt werden. Vielmehr sei der titulierte Anspruch, die Schuldnerin solle eine Gesellschafterliste einreichen, nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken, denn die Liste gelte nicht mit der Rechtskraft des Urteils als eingereicht (§ 894 S. 1 ZPO). Bei der Gesellschafterliste handele es sich um eine Wissenserklärung, die einen formalisierten Bericht über eine erfolgte Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder ihrer Beteiligung ausdrückt. Darüber hinaus sei das Einreichen einer Gesellschafterliste eine unvertretbare Handlung, die mit den Zwangsmitteln nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken sei. Sie sei durch den Geschäftsführer höchstpersönlich zu erklären.

Die Tatsache, dass der Geschäftsführer früher erlassener Zwangshaft und Zwangsgeld nicht gefolgt ist, sei ohne Bedeutung. Die Arten des Zwangsmittels seien allein anhand des Differenzierungsmerkmals der vertretbaren oder unvertretbaren Handlung zu unterscheiden.

Praxishinweis | OLG Brandenburg 7 W 21/22

Das Einreichen einer Gesellschafterliste ist ein höchstpersönliches Geschäft, welches vom Geschäftsführer der Gesellschaft selbst erledigt werden muss. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich der Geschäftsführer in der Vergangenheit als unzuverlässig gezeigt hat. Auch der Gläubiger hat die Vollstreckung durch Zwangsmittel abzuwarten. Sollte das Vollstreckungsmittel des Zwangsgeldes erfolglos bleiben, kann der Gläubiger die Anordnung der Zwangshaft gesondert beantragen.

In der Literatur wird vertreten, dass die Geschäftsführer zur Einreichung einer Gesellschafterliste verpflichtet sind, sofern nicht vorrangig dem Notar gemäß § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG die Einreichungspflicht zukommt. Eine Einreichung durch einen Gesellschafter komme nicht in Betracht (Heidinger, MüKo, § 40 GmbHG, Rn. 146). Der Bundesrat habe sogar für eine führungslose GmbH die Möglichkeit abgelehnt, die Liste durch einen Gesellschafter einreichen zu lassen (Heidinger, MüKo, § 40 GmbHG, Rn. 341). Der/die Geschäftsführer können sich für die Erstellung der veränderten Gesellschafterliste eines Rechtsanwalts bzw. eines Notars bedienen, die jedoch von dem Geschäftsführer bzw. von allen Geschäftsführern unterschrieben werden müsse. Eine Stellvertretung sei dabei nicht möglich (Heidinger, MüKo, § 40 GmbHG, Rn. 176). Da bei dem Einreichen der Liste eine einfache elektronische Aufzeichnung ausreichend ist und die Identität des Einreichenden nicht überprüft wird, kann das Einreichen einer gefälschten Liste von einer anderen Person jedoch nicht verhindert werden.