23.06.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
FG Düsseldorf
26.02.2025
7 K 1811/21 K
BeckRS 2025, 5458
Im Jahr 2011 veräußerte die hundertprozentige Tochtergesellschaft B-GmbH im Rahmen eines körperschaftsteuerlichen Organschaftsverhältnisses (Organträgerin: die Klägerin) ihre Anteile an der J-GmbH – eine Tochtergesellschaft der B-GmbH; also Enkelgesellschaft der Klägerin. Die Klägerin gab in eigenem Namen Rechts- und Beratungsleistungen (u.a. Termsheet-Entwurf, Einrichtung des Due-Diligence-Datenraums, Vertragsentwürfe, Verhandlungsbegleitung) in Auftrag und trug die entstandenen Kosten.
Der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der J. GmbH wurde im Rahmen der Steuererklärung 2011 der B-GmbH ermittelt. Die von der Klägerin getragenen Beratungskosten wurden bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 KStG mit einem effektiven Abzugsanteil von 5 % – auf Ebene der Klägerin – berücksichtigt. Später beantragte die Klägerin den vollumfänglichen Abzug der Rechts- und Beratungskosten ohne Anwendung des § 8b KStG.
Das Finanzamt wertete die Beratungskosten hingegen wegen des Organschaftsverhältnisses als Veräußerungskosten der B-GmbH und berücksichtigte diese als Bestandteil des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 S. 1 KStG gem. § 8b Abs. 2 und 3 KStG bei der Klägerin nur teilweise (5 %). Die Klägerin erhob Klage und meint, dass die Kosten ausschließlich ihr zuzurechnen seien und daher auf ihrer Ebene ohne Anwendung des § 8b KStG in voller Höhe abzugsfähig seien.
Die Klage ist begründet. Der Körperschaftssteuerbescheid 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Die von der Klägerin im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung der B-GmbH an der J-GmbH in Auftrag gegebenen Beratungsleistungen seien Betriebsausgaben der Klägerin und unterlägen nicht dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 2 oder Abs. 3 KStG. Sie seien daher in voller Höhe einkommenswirksam und abzugsfähig. Als Auftraggeberin habe die Klägerin die Aufwendungen wirtschaftlich getragen, wodurch ihre Leistungsfähigkeit – gemäß dem Kostentragungs- und Nettoprinzip – gemindert wurde.
Zunächst führt das FG Düsseldorf aus, dass die Beratungsleistungen – obwohl sie zumindest teilweise auch im Interesse der B-GmbH erbracht wurden (z.B. Kaufvertragsentwurf) – nicht als (verdeckte) Einlage zu qualifizieren seien. Eine verdeckte Einlage läge vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Gesellschaft einen bilanzierbaren Vorteil gewährt, dieser Vorteil aus dem Gesellschaftsverhältnis resultiert und keine Gegenleistung für diesen Vorteil erbracht wurde. Eine verdeckte Einlage setze also voraus, dass der Tochtergesellschaft ein einlagefähiges Wirtschaftsgut – etwa zur Bildung/Erhöhung eines Aktivpostens oder Wegfall/Minderung eines Passivpostens – unentgeltlich zugewendet wird. Sowohl die unentgeltliche Bereitstellung von Wirtschaftsgütern als auch Dienstleistungen an Tochtergesellschaften unterlägen allerdings keiner Aktivierungspflicht und seien daher nicht einlagefähig.
Der Abzug der Beratungsaufwendungen bei der Klägerin werde nicht durch § 8b Abs. 3 KStG ausgeschlossen. Diese Vorschrift greife nur bei substanzbezogenen Wertminderungen des Anteils, die sich aus der ertragsteuerlichen Behandlung des Anteils selbst ergeben, nicht jedoch bei jeglichen Aufwendungen, die wirtschaftlich mit dem Anteil zusammenhängen.
Die Beratungsaufwendungen der Klägerin würden zudem nicht § 8b Abs. 2 KStG unterfallen. Eine Veräußerung liege bei jeder gegen Gegenleistung erfolgenden Übertragung des zivilrechtlichen, zumindest aber wirtschaftlichen Eigentums vor. Hierzu sei nur der zivilrechtliche Eigentümer in der Lage. Da die Klägerin jedoch nicht Eigentümerin der veräußerten J-GmbH-Anteile war, fehle es an der Veräußerung einer eigenen Beteiligung.
Das Abzugsverbot des § 8 Abs. 2 KStG sei auch nicht unter Berücksichtigung des § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG i.V.m. § 14 KStG anwendbar – trotz des bestehenden Organschaftsverhältnisses. Denn die B-GmbH habe keine Verbindlichkeit aus den von der Klägerin beauftragten Beratungsleistungen übernommen, die auf Ebene der Klägerin als Veräußerungskosten dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 2 KStG unterliegen könnten. Veräußerungskosten seien Aufwendungen, die dem Veräußerungsvorgang zuzuordnen sind und die der Veräußerer kraft Gesetzes oder vertraglicher Vereinbarung zu tragen hat. Die B-GmbH sei weder vertraglich noch gesetzlich verpflichtet, der Klägerin die entstandenen Beratungskosten zu erstatten. Insbesondere scheide ein gesetzlicher Anspruch aus der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 i.V.m. § 677 BGB) aus. Zwar sei ein „auch-fremdes“ Geschäft nach der Rechtsprechung des BGH ausreichend. Vorliegend fehle es jedoch – nach den Feststellungen des FG – am Bewusstsein, im Interesse und für Rechnung des Geschäftsherrn tätig zu werden (sog. Fremdgeschäftsführungswille), da der steuerliche Erfolg der rechtlichen Gestaltung gerade die Beauftragung als eigenes Geschäft der Klägerin bedinge. Die Vorschriften der §§ 677 bis 686 BGB fänden nach § 687 Abs. 1 BGB keine Anwendung, wenn jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, dass es sein eigenes sei. Eine Verpflichtung der B-GmbH auf Ersatz des durch die Geschäftsführung Erlangten nach § 684 S. 1 BGB i.V.m. § 687 Abs. 2 S. 2 BGB bestehe nicht, da „auch-fremde“ Geschäfte nicht unter § 687 Abs. 2 BGB fallen würden. Schließlich stehe einem Aufwendungsersatzanspruch die rechtshindernde Einwendung des § 685 Abs. 1 BGB entgegen.
Die Entscheidung des FG Düsseldorf stärkt die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Muttergesellschaften, die im Rahmen von Anteilstransaktionen selbst Dienstleistungen in Auftrag geben und bezahlen. Durch die uneingeschränkte Abzugsfähigkeit wird eine spürbare steuerliche Entlastung – insbesondere in komplexen Konzernstrukturen – erreicht.
Zugleich verdeutlicht der Fall, dass § 8b Abs. 2 KStG nach wie vor Fragen aufwirft – vor allem, was die richtige Zurechnung von Veräußerungskosten innerhalb verbundener Unternehmen angeht. Die aufgrund seiner grundsätzlichen Tragweite vom Finanzgericht zugelassene Revision zum BFH wurde zwischenzeitlich eingelegt, sodass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Erwähnenswert ist abschließend, dass der BFH in ständiger Rechtsprechung Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten des Steuerpflichtigen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einordnet, wenn sie auf einem Werkvertrag beruhen, den ein Dritter in eigenem Namen, aber im Interesse des Steuerpflichtigen abschließt, und der Dritte dem Steuerpflichtigen den Betrag zuwendet. Die Anwendung einer doppelten Fiktion des „abgekürzten Vertragsweges“ hätte im vorliegenden Fall zur Folge, dass bei der B-GmbH fiktive Betriebsausgaben zu unterstellen wären, die als Veräußerungskosten der Beteiligung an der J-GmbH nach § 8b Abs. 2 KStG zu beurteilen wären. Diese Konstruktion hielt das FG Düsseldorf jedoch für unzulässig, da die rechtliche Gestaltung im Einzelfall entscheidend sei.