17.08.2015
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Düsseldorf
25.11.2014
I-21 U 172/12
EWiR 2015/407
Forderungsübergang bei Verschmelzung trotz rechtsgeschäftlichem Abtretungsverbot [ PDF ]
Ein rechtsgeschäftlich vereinbartes Abtretungsverbot zwischen Schuldner und Gläubiger steht dem wirksamen Forderungsübergang auf den übernehmenden Rechtsträger im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge anlässlich einer Verschmelzung des Gläubigers auf eine übernehmende Gesellschaft nach §§ 2 f. UmwG nicht entgegen.
Der Beklagte ließ 1999 ein Mehrfamilienhaus in W. errichten und beauftragte hierzu u.a. die D-GmbH für die Maurer- und Betonarbeiten. In den Vertrag wurden die VOB/B einbezogen und unter anderem ein Abtretungsverbot vereinbart („Abtretungen werden grundsätzlich gegenseitig für noch nicht erstattete Positionen nicht anerkannt.“). Die durch die D-GmbH im Jahr 2000 gestellten Abschlagsrechnungen hat der Beklagte nicht in vollem Umfang bezahlt und auch die nach § 648a BGB geforderte Sicherheit nicht in der begehrten Höhe erbracht. Daraufhin kündigte die D-GmbH den Werkvertrag und machte klageweise unter Bezugnahme auf die Schlussrechung und Abzug der Zahlungen des Beklagten den noch offenen Restbetrag geltend. Das Bauobjekt wurde dann, beauftragt durch den Beklagten, im Jahr 2001 durch ein anderes Unternehmen fertig gestellt und auch durch die Mieter bezogen.
2007 verschmolz die D-GmbH während des laufenden Prozesses auf die R-Bauunternehmungs-GmbH nach § 20 I UmwG. Über deren Vermögen wurde im Jahr 2009 durch Beschluss das Insolvenzverfahren eröffnet und der nunmehrige Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Widerklagend wird der Insolvenzverwalter durch den Beklagten auf Feststellung der Schadensersatzansprüche zur Insolvenztabelle in Anspruch genommen.
Unter teilweiser Stattgabe der Klage wies das erstinstanzliche Gericht die Klage im Übrigen und die Widerklage vollumfänglich ab. Gegen den stattgebenden Teil und die Abweisung der Widerklage legte der Beklagte beim zuständigen OLG Düsseldorf Berufung ein.
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Das OLG hat die Auffassung des LG bestätigt, wonach ein rechtsgeschäftlich vereinbartes Abtretungsverbot einem Forderungsübergang im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge durch eine Verschmelzung nicht entgegensteht.
Zwar ist anerkannt, dass Vertragsparteien gem. § 399 Abs. 2 BGB Abtretungen der gegenseitigen Forderungen an Dritte ausschließen können und dies grundsätzlich auch gem. § 412 BGB für kraft Gesetzes erfolgte Forderungsübergänge gilt. Gleichwohl betrifft dies nicht den – durch den Tod des vormaligen Forderungsinhabers bedingten – Forderungsübergang im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB.
Das gleiche muss daher für die durch Verschmelzung bewirkte Gesamtrechtsnachfolge gelten, da die übertragende Gesellschaft „stirbt“ (bzw. gem. § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erlischt) und deren gesamtes Vermögen (einschließlich der Verbindlichkeiten) nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf die zu verschmelzende Gesellschaft übergeht. Dies wird auch den Interessen des Auftraggebers gerecht, denn dieser bezweckt mittels des Abtretungsverbots, dass der Abrechnungsverkehr klar und übersichtlich gestaltet wird, damit sich der Auftraggeber nicht einer Vielzahl von Gläubigern gegenübersieht. Stattdessen steht dem Auftraggeber ab dem Zeitpunkt der Verschmelzung statt des ursprünglichen Auftragnehmers nunmehr allein die neue Gesellschaft als Auftragnehmer und Entgeltgläubiger gegenüber.
Dies entspricht auch Treu und Glauben, da im Falle des Vorrangs des Abtretungsverbots dem Auftraggeber ein liquider Schuldner (die neue Gesellschaft) gegenüber stünde, da die Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft auf die neue übergehen, während das mit der übertragenden Gesellschaft vereinbarte Abtretungsverbot dazu führt, dass die gegen den Auftraggeber bestehende Forderung nicht auf die neue Gesellschaft übergeht. Somit stünden dem Auftraggeber seine vertraglichen Ansprüche gegen die neue Gesellschaft zu, während er von seinen Verbindlichkeiten gegenüber der übertragenden Gesellschaft ohne jeglichen Ausgleich infolge des Erlöschens der Gesellschaft befreit wäre. Darin sei eine nicht gerechtfertigte Besserstellung, Begünstigung und Bereicherung des Auftraggebers zu sehen; ein derartiger rechtsgeschäftlicher Wille der Parteien sei in dem allgemeinen Abtretungsverbot nicht erkennbar.
Die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage wird nach wie vor in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortet. Die Entscheidung liegt jedoch auf einer Linie mit der vorherrschenden Auffassung.
Der grundsätzliche Vorrang der Gesamtrechtsnachfolge, außer im Hinblick auf höchstpersönliche Rechte und Pflichten, vor der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung von Abtretungsverboten wird insoweit überwiegend angenommen. Es ist daher zu empfehlen, wenn das Abtretungsverbot gerade auch die Situation der Gesamtrechtsnachfolge einschließen soll, eine ausdrückliche Regelung innerhalb der Klausel aufzunehmen, um diesbezügliche Streitigkeiten zu vermeiden.
Letztlich hat der erkennende Senat die Revision im Hinblick auf die hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage zum BGH zugelassen. Dort ist die eingelegte Revision derzeit auch anhängig – eine Entscheidung steht noch aus.