KG 22 W 64/24
Kein Nachreichen einer Schlussbilanz bei Abspaltung

07.07.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
18.02.2025
22 W 64/24
DStR 2025, 981

Leitsatz | KG 22 W 64/24

Die einer Abspaltung zugrunde liegende Schlussbilanz muss zum Zeitpunkt der Anmeldung jedenfalls aufgestellt und festgestellt sein. Die nach § 17 Abs. 2 UmwG notwendige Bilanz irgendwann nachzureichen, genügt nicht.

Sachverhalt | KG 22 W 64/24

Die Beteiligte ist eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 EUR, eingetragen seit 2014 im Handelsregister des AG Berlin-Charlottenburg. 
Am 9.8.2024 schloss sie mit einer OHG einen Spaltungs- und Übernahmevertrag, wonach ein Teilbetrieb (Photovoltaikanlage) im Wege der Abspaltung zur Aufnahme von der Beteiligten auf die OHG übertragen werden sollte. Die Spaltung basiert auf der Bilanz zum 31.12.2023.

Am 26.8.2024 wurde die Spaltung zur Eintragung beim Handelsregister angemeldet – jedoch ohne die erforderliche Schlussbilanz zum 31.12.2023. Die Beteiligte begründete das Fehlen der Bilanz mit Verzögerungen aufgrund von Pflegesatzprüfungen durch Behörden, auf die sie bei der Bilanzerstellung angewiesen sei, und beantragte eine Nachfrist.

Das Amtsgericht wies die Anmeldung mit Beschluss vom 11.10.2024 zurück, da die Schlussbilanz vom 31.12.2024 nach eigenem Vortrag der Beteiligten noch nicht vorlag – ein aus Sicht des Gerichts nicht behebbares Eintragungshindernis.

Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte Beschwerde ein. Das AG half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Kammergericht (KG) zur Entscheidung vor. Bis Ende Dezember 2024 war die erforderliche Schlussbilanz zum 31.12.2023 weiterhin nicht aufgestellt und zu den Registerakten gereicht worden.

Entscheidung | KG 22 W 64/24

Die zulässige Beschwerde hatte in der Sache keinen Erfolg. Das KG bestätigte die Entscheidung des AG, die Anmeldung der Eintragung der Abspaltung zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 UmwG nicht eingehalten waren.

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 UmwG ist der Anmeldung einer Abspaltung zum Register des Sitzes jedes übertragenden Rechtsträgers eine Bilanz dieses Rechtsträgers beizufügen (Schlussbilanz), wobei letztere auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt sein darf (§ 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG), woran es hier offensichtlich fehlte.

Die Nachreichung einer zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung noch nicht aufgestellten Schlussbilanz (binnen einer angemessenen Frist) im Wege einer teleologischen Reduktion der Vorschrift lehnte der Senat ab. Bereits aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 UmwG ergebe sich klar, dass sich der gesamte Absatz auf die in Satz 1 genannte Schlussbilanz beziehe. Satz 4 regele ausdrücklich die Frist zur Einreichung eben dieser Schlussbilanz, die der Anmeldung beizufügen sei. Der Begriff „aufgestellt worden“ deute darauf hin, dass die Bilanz sich auf eine bereits abgeschlossene Rechnungsperiode beziehen muss. Zudem könne der Anmeldung nur ein Dokument beigefügt werden, das tatsächlich bereits existiere.

Die gegenteilige Auffassung überzeuge auch unter teleologischen Gesichtspunkten nicht. Einigkeit bestehe darin, dass die Schlussbilanz der Ergebnisabgrenzung, der Bilanzkontinuität (vgl. § 24 UmwG) sowie den Gläubigern als Entscheidungshilfe diene, ob sie Sicherheit nach § 22 UmwG verlangen sollen. Die Frist in § 17 Abs. 2 UmwG habe aber nicht nur im Hinblick auf § 22 UmwG gläubigerschützenden Charakter, sondern auch insoweit, als sie die Aufstellung und Feststellung der maßgeblichen Schlussbilanz innerhalb der gesetzlichen Fristen sicherstellt und gleichzeitig die Aktualität der Schlussbilanz gewahrt würde. Die Möglichkeit der Aufstellung und Feststellung einer Schlussbilanz nach der Anmeldung hätte eine künstliche Verlängerung des Achtmonatszeitraums zur Folge. Zu befürchten sei auch, dass viele Umwandlungsvorgänge noch nicht einmal bis zum Jahresende eingetragen würden, so dass keine Basis für eine Jahreseröffnungsbilanz des übernehmenden Rechtsträgers unter Berücksichtigung der Abspaltung selbst für das Folgejahr vorhanden wäre. Aus Sicht des Senats dürfte der gesetzgeberische Achtmonatszeitraum auch in der Praxis ausreichend sein, eine Bilanz aufzustellen und diese festzustellen, zumal etwaige zeitaufwendige Dokumentationen des Beschlusses sowie der Bilanz im Nachgang erstellt werden könnten.

Praxishinweis | KG 22 W 64/24

Im Umwandlungsrecht herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass der Anmeldung einer Umwandlungsmaßnahme nicht zwingend alle Anlagen vollständig beigefügt sein müssen. Vielmehr genügt es, wenn das Registergericht anhand der vorgelegten Unterlagen prüfen kann, ob eine eintragungsfähige Tatsache gegeben ist, wozu es in der Regel der Vorlage des Umwandlungsvertrags bzw. -plans, der Gesellschafterbeschlüsse sowie der erforderliche Zustimmungserklärungen bedarf, nicht aber der Schlussbilanz. Das Kammergericht weicht von dieser Sichtweise ab und vertritt eine deutlich engere Auslegung von § 17 Abs. 2 UmwG: Aus seiner Sicht ist die Vorlage der bereits aufgestellten und festgestellten Schlussbilanz zum Anmeldezeitpunkt zwingend erforderlich.

Für die Praxis bedeutet das: Wer eine Umwandlung beim Handelsregister anmelden will, muss sich an dieser engen Auslegung orientieren, um Zurückweisungen zu vermeiden. Mit Blick darauf, dass das OLG Schleswig in einem früheren Beschluss (BeckRS 2007, 15199) von der Ansicht des KG abweicht, hat das Kammergericht zur Klärung dieser Rechtsfrage ausdrücklich die Rechtsbeschwerde zugelassen – eine höchstrichterliche Entscheidung bleibt abzuwarten.