09.12.2024
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
06.02.2024
II ZB 19/22
GmbHR 2024, 476
Der Geschäftswert der notariellen Beurkundung der Übertragung eines Geschäftsanteils an einer gemeinnützigen GmbH bestimmt sich nach dem Eigenkapital der Gesellschaft im Sinne von § 266 Abs. 3 HGB, das auf den Anteil entfällt.
Eine gemeinnützige GmbH (Beteiligte zu 1), mit einem Stammkapital i.H.v. 25.600 EUR und einem bilanziellen Eigenkapital i.H.v. 36.642.971,35 EUR übertrug mit notarieller Urkunde vom 08.12.2019 zwei von fünf auf denselben Nennwert lautende Geschäftsanteile unentgeltlich auf einen Dritten. Der beurkundende Notar (Beteiligter zu 2) berechnete der GmbH auf Grundlage des Geschäftswertes, welchen er bei 40% des Eigenkapitals der GmbH ansetzte, für das Beurkundungsverfahren Kosten i.H.v. 34.564,98 EUR.
Die GmbH als Kostenschuldnerin hat daraufhin einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und den der Kostenberechnung zugrunde gelegten Geschäftswert beanstandet. Das LG hat die Kostenberechnung bestätigt. Die hiergegen erhobene Beschwerde der GmbH hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen, da die Geschäftswertbestimmung auf Grundlage des § 54 S. 1 GNotK zutreffend sei. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die GmbH die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und die Herabsetzung der Kostenberechnung auf 248,35 EUR brutto.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kostenberechnung des Notars auf Grundlage des bei 40% des Eigenkapitals angesetzten Geschäftswertes ist zutreffend.
Der Geschäftswert für die notarielle Beurkundung der Übertragung eines Geschäftsanteils an einer gemeinnützigen GmbH richte sich nach dem auf den Anteil entfallenden Eigenkapital der Gesellschaft gemäß § 266 Abs. 3 HGB (§ 97 Abs. 1, § 54 S. 1 GNotKG). Somit gelte § 54 S. 1 GNotKG auch für die gemeinnützige GmbH. Der Wortlaut der Vorschrift unterscheide nicht zwischen den mit der Kapitalgesellschaft verfolgten Zielen und umfasst daher sowohl individual- als auch gemeinnützige Kapitalgesellschaften.
Eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 54 S. 1 GNotKG mit der Folge, dass gemeinnützige Gesellschaften nicht von der Norm erfasst werden, kommt mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht.
Insbesondere habe sich der Gesetzgeber bewusst für eine Bewertungsschwierigkeiten vermeidende, gerade nicht am Verkehrswert orientierte, pauschale, aber vereinfachte und praktikable Wertermittlung entschieden und dabei in Kauf genommen, dass die Anknüpfung an das bilanzielle Eigenkapital regelmäßig nicht dem für eine notarielle Kostenberechnung an sich gebotenen Wert entspricht (BT-Drs 17/11471, 172 f.). Die Normierung der Ausnahmen in § 54 S. 2 und 3 GNotKG zeige darüber hinaus, dass der Gesetzgeber nur in den Fällen auf den für die Bemessung des Geschäftswerts nach dem GNotKG üblicherweise maßgeblichen Verkehrswert zurückgreifen wollte, in denen sich daraus ein höherer Geschäftswert ergibt, als es bei der Anknüpfung am bilanziellen Eigenkapital der Fall wäre. Demzufolge werde in § 54 S. 1 GNotKG auf das bilanzielle Eigenkapital abgestellt, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen höheren Wert der Anteile vorliegen. Eine Bewertung bei der Übertragung von Geschäftsanteilen an einer gemeinnützigen GmbH, die unter dem durch das bilanzielle Eigenkapital bestimmten Wert liegt, würde also dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers widersprechen.
Darüber hinaus lege auch die in § 144 Abs. 2 KostO und § 91 Abs. 2 Nr. 1 GNotKG getroffene gesetzgeberische Entscheidung, u.a. gemeinnützige Vereinigungen nicht gebührenmäßig zu bevorteilen, nahe, dass der Gesetzgeber bei der Regelung des § 54 S. 1 GNotKG eine Unterscheidung zu gemeinnützigen Kapitalgesellschaften nicht vornehmen wollte.
Der BGH hat den Meinungsstreit in Literatur und Rechtsprechung entschieden, ob § 54 S. 1 GNotKG auch auf eine gemeinnützige GmbH Anwendung findet. Die Entscheidung ist begrüßenswert, da sie in der Praxis zu einer einheitlichen Rechtsanwendung führen wird und somit zu mehr Rechtssicherheit. Zukünftig müssen gemeinnützige GmbHs (und Notare) beachten, dass sich der Geschäftswert der notariellen Beurkundung der Übertragung eines Geschäftsanteils an einer solchen GmbH nach dem Eigenkapital der Gesellschaft i.S.v. § 266 Abs. 3 HGB, das auf den Anteil entfällt, bestimmt.
Die Entscheidung des BGH zeigt auf, dass gemeinnützige GmbHs nicht stets durch das Gesetz privilegiert werden und in begründeten Ausnahmen, auch die für Kapitalgesellschaften allgemein geltenden Vorschriften zur Anwendung kommen (so auch z.B. hinsichtlich § 91 Abs. 2 Nr. 1 GNotKG).