BGH XII ZR 147/14
Grundsätze des fehlerhaften Beitritts gelten auch für Gesellschaft bürgerlichen Rechts

01.02.2017

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
11.05.2016
XII ZR 147/14
NJW 2016, 2492

Leitsatz | BGH XII ZR 147/14

1. Ist der Beitritt eines Mieters von gewerblich genutzten Räumen in einem Einkaufszentrum zu einer in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Werbegemeinschaft unwirksam, so finden die Grundsätze über den fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft Anwendung

2. Die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch einen Gesellschafter gemäß
§ 723 Abs. 1 S. 2 BGB ist ein Gestaltungsakt, welcher gegenüber allen Gesellschaftern erklärt werden muss.

Sachverhalt | BGH XII ZR 147/14

Die Beklagte schloss einen von der Vermieterin gestellten, vorformulierten Mietvertrag über Gewerberäume in einem Einkaufszentrum ab. Zusätzlich ging sie mit der Klägerin und der im Einkaufszentrum bestehenden Werbegemeinschaft einen vorformulierten Werbegemeinschaftsvertrag ein. Dieser regelte den Beitritt zur Werbegemeinschaft in Form einer GbR sowie halbjährliche Zahlung von Werbekostenbeiträgen.

Die Beklagte nahm an der Gründungsversammlung der Werbegemeinschaft teil und leistete zeitweise Werbekostenbeiträge. Nachdem die Beklagte der Werbegemeinschaft kündigte, forderte die Klägerin im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft Zahlung von rückständigen Werbebeiträgen.

Entscheidung | BGH XII ZR 147/14

Der BGH wies die Revision der Beklagten zurück. Die Beklagte ist gem. § 706 BGB i.V.m. dem Gesellschaftsvertrag zur Zahlung der Werbebeiträge für ein gesamtes Jahr verpflichtet. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch auf den Beitritt zu Personengesellschaften anzuwenden. Das bedeutet, dass ein fehlerhaft vollzogener Beitritt nur mit Wirkung für die Zukunft durch eine Kündigungserklärung des Gesellschafters geltend gemacht werden kann. Solange wirken die Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag. Die Beklagte hat den Beitritt zur Werbegemeinschaft auch vollzogen, indem sie zeitweise Werbebeiträge zahlte und an der Gründungsversammlung der Gesellschaft teilnahm und dadurch gesellschaftsvertragliche Rechte ausübte.

Obwohl die Beklagte bereits im August die Kündigungserklärung abgab, muss sie für das gesamte Kalenderjahr zahlen. Eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch den Gesellschafter gem. § 723 I 2 BGB stellt einen Gestaltungsakt dar und muss daher als empfangsbedürftige Willenserklärung allen Mitgesellschaftern zugehen. Da die Kündigungserklärung nicht der Geschäftsführung, sondern nur schriftsätzlich dem Prozessbevollmächtigten der nichtvertretungsberechtigten Klägerin erklärt worden ist und diese nicht weitergeleitet wurde, ist die Kündigung unwirksam.

Praxishinweis | BGH XII ZR 147/14

Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft finden nicht nur auf Kapital-, sondern auch auf Personengesellschaften Anwendung. Es gilt daher jeder als Gesellschafter, der eine auf Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichtete Willenserklärung (auch konkludent) abgibt und durch sein Verhalten (wie im vorliegenden Fall geleistete Beitragszahlungen/ Ausübung von gesellschaftsvertraglichen Rechten) den Beitritt zu einer Personengesellschaft vollzieht. Daher sollte man im Zweifel darüber, ob ein Gesellschaftsvertrag wirksam abgeschlossen worden ist, seine Handlungen und Erklärungen dahingehend prüfen, ob sie eine Gesellschafterstellung zum Ausdruck bringen könnten.

Eine Kündigung der Gesellschafterstellung sollte an alle Mitgesellschafter und die Gesellschaft gerichtet werden, damit die Wirksamkeit der Kündigung nicht gefährdet wird. Es sind dabei stets die gesellschaftsrechtlichen Regelungen zu berücksichtigen.