30.07.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
11.03.2025
II ZB 9/24
BeckRS 2025, 5220
Firma "v. .de AG" besitzt nicht die nach § 18 Abs. 1 HGB erforderliche Unterscheidungskraft [ PDF ]
Die Kombination eines unspezifischen, keine Unterscheidungskraft besitzenden Branchen- bzw. Gattungsbegriffs in der Second-Level-Domain mit einer Top-Level-Domain verleiht der Firma nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 18 Abs. 1 HGB. Diese muss sich vielmehr aus der sog. Second-Level-Domain ergeben.
Die Antragstellerin, eine im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg (HRB) geführte Aktiengesellschaft, beantragte am 22. Dezember 2023 durch ihren Vorstand die Eintragung einer Satzungsneufassung, die u.a. eine Umfirmierung in „v. .de AG“ beinhaltete. Der Anmeldung war ein notariell protokollierter Hauptversammlungsbeschluss gleichen Datums beigefügt.
Das Registergericht verweigerte die Eintragung mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 HGB. Die gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerden blieben vor dem KG und dem BGH erfolglos.
Der BGH stellte fest, dass die Firma "v. .de AG" nicht die nach § 18 Abs. 1 HGB erforderliche Unterscheidungskraft besitze.
Gemäß § 18 Abs. 1 HGB sei eine Firma nur dann eintragungsfähig, wenn sie geeignet sei, das Unternehmen im Rechts- und Geschäftsverkehr eindeutig zu kennzeichnen. Diese Vorschrift gelte gem. § 6 HGB i.V.m. § 3 Abs. 1 AktG auch für Kapitalgesellschaften in der Rechtsform der AG. Eine ausreichende Individualisierungsfunktion liege nur dann vor, wenn die Firma von ihrer Struktur her geeignet sei, das Unternehmen von anderen Marktteilnehmern zu differenzieren und im Verkehr als eindeutig identifizierbar erscheinen zu lassen, § 17 Abs. 1 HGB. Bezeichnungen, die lediglich beschreibenden Charakter haben und lediglich Gattungsmerkmale oder Tätigkeitsfelder des Unternehmens widerspiegeln, erfüllten diese Voraussetzungen nicht.
Im vorliegenden Fall stelle der Firmenbestandteil „v.“ in der Second-Level-Domain eine rein generische Sachangabe dar, welche keine spezifische Bezugnahme auf ein einzelnes Unternehmen erlaube. Der zusätzliche Bestandteil „.de“ als Top-Level-Domain sei ausschließlich Ausdruck der technischen Registrierung bei der Denic eG, der zentralen deutschen Domainvergabestelle, und besitze keine kennzeichnende Wirkung im handelsrechtlichen Sinn.
In seiner Entscheidung hat der BGH unmissverständlich klargestellt, dass die bloße Verwendung einer Internet-Domain in der Firma nicht ausreicht, um die nach § 18 Abs. 1 HGB erforderliche Unterscheidungskraft zu begründen. Die Entscheidung betrifft in besonderem Maße Gesellschaften, die bei der Firmenbildung auf digitale Anklänge oder domainbasierte Bezeichnungen zurückgreifen möchten – etwa im Rahmen internetgestützter Geschäftsmodelle oder digitaler Plattformstrategien.
Konkret bedeutet dies für die Unternehmenspraxis, dass Domainnamen, die lediglich aus allgemeinen Branchen- oder Sachbezeichnungen bestehen und keine individualisierenden Zusätze enthalten, regelmäßig nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 1 HGB genügen. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft erfolgt nach der Verkehrsanschauung im allgemeinen Wirtschaftsleben – eine technische Exklusivität wie die einmalige Vergabe einer Internetadresse bei der Denic eG ist insoweit unerheblich.
Die Eintragung einer Firma, die sich ausschließlich auf ihre Verfügbarkeit als Internet-Domain stützt, wird vom Registergericht zu Recht versagt, sofern keine ausreichende Individualisierungswirkung gegeben ist.
Für die Praxis ist daher in Zweifelsfällen zu empfehlen, die gewünschte Firmierung vor Änderung und Anmeldung der Firma rechtlich oder auch von der IHK prüfen zu lassen.