02.11.2017
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
16.05.2017
II ZB 7/16
NZG 2017, 705
Die Anerkennung eines Vereins als gemeinnützig im Sinne der §§ 51 ff. AO hat Indizwirkung dafür, dass er nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und in das Vereinsregister eingetragen werden kann.
Das AG Charlottenburg leitete Anfang 2015 gegen den Beteiligten, einen eingetragenen gemeinnützigen Verein, das Amtslöschungsverfahren ein.
Der Beteiligte betreibt mehrere Kindertagesstätten. In ihrer Satzung ist u.a. festgelegt, dass sie ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. Der Verein war vom Finanzamt auch steuerbegünstigt gem. der §§ 51 ff. AO.
Der eingelegte Widerspruch des Beteiligten wies das AG Charlottenburg zurück. Ebenso wies das KG die eingelegte Beschwerde zurück, lies jedoch die Rechtsbeschwerde zu.
Der BGH hob den Beschluss auf und stellte das Amtslöschungsverfahren ein. Der Beteiligte sei entgegen der Auffassung des Registergerichts und des Beschwerdegerichts als nicht wirtschaftlicher Verein zu qualifizieren, da dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet sei. Zwar würde der Verein unternehmerische Tätigkeiten durch den entgeltlichen Betrieb von Kindertagesstätten ausüben, diese seien jedoch vom sog. Nebenzweckprivileg erfasst.
Indizwirkung für nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Verein sei dessen Anerkennung als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO. Dafür spreche schon die Gesetzgebungshistorie. Im Gesetzgebungsverfahren sei abgelehnt wurden, auf die Größe des durch den Nebenzweckprivileg abgedeckten Geschäftsbetriebes abzustellen. Zudem könne die Finanzverwaltung viel effektiver die Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO überwachen als die Registergerichte. Ebenso wenig spreche der Umfang der betriebenen Geschäfte für die Wirtschaftlichkeit des Vereins. Dieser Verein könne nämlich kein Kapital anhäufen. Die erwirtschafteten Mittel dürften ausschließlich für den satzungsmäßigen Zweck verwendet werden. Weiterhin sei der Gesetzeszweck nicht gefährdet. Die Abgrenzung zwischen den §§ 21 und 22 BGB diene hauptsächlich dem Gläubigerschutz. Die Ausdehnung des Umfangs des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sei aber nicht mit höheren Risiken für den Geschäftsverkehr verbunden. Die Einhaltung der Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO stehe dieser Gefahr bereits entgegen. Außerdem wissen Gläubiger von vornherein, dass die Vereine keine garantierte Mindestkapitalausstattung haben. Die Vereine können auch nicht zwingend auf andere Rechtsformen verwiesen werden, denn nach Art. 9 Abs. 1 GG sei die Vereinsbildung geschützt. Zuletzt sprechen ebenso wettbewerbliche Gründe nicht gegen die Einordnung als Idealverein. Denn selbst wenn sich der Verein anders organisieren würde, wäre die Konkurrenzsituation mit anderen Anbietern immer noch vorhanden.
Die Entscheidungen des AG München (v. 15.9.2016 – VR 2463; v. 17.01.2017 - VR 304) und des BGH (v. 16.05.2017 – II ZB 6/16) entschärfen nun die in den vergangenen Jahren entstandene Rechtsunsicherheit durch die strenge registergerichtliche Praxis.
Dennoch sollte das Festhalten an der Rechtsform des Vereins überdacht werden. Die Begründung der Entscheidung wird bereits kritisierst (Büch, EWiR 2017, 359; Mock/Mohamed, DStR 2017, 1277). Den Gerichten steht bei einem Amtslöschungsverfahren stets ein Ermessen zu, das dahingehend auszuüben ist, dass das öffentliche Interesse an der Bereinigung des Registers und dem Schutz des Rechtsverkehrs gegen das Bestandsinteresse des Beteiligten abzuwägen ist. Es bleiben daher Einzelfallentscheidungen. Im Falle der nachträglichen Aberkennung der Gemeinnützigkeit droht ein verschärftes Haftungsrisikos von einer Organhaftung zu einer Vertreterhaftung. Dies gilt es zu vermeiden. Daher sollten andere Rechtsformgestaltungsmöglichkeiten nach Prüfung der Satzung in Betracht gezogen werden. Für den Betrieb zweckbetriebsdominierter Einrichtungen ist daher die Prüfung der Rechtsformen der gGmbH bzw. der gemeinnützigen UG (haftungsbeschränkt) je nach den Umständen des Einzelfalls als sinnvoll zu erachten.
Im Rahmen der Eintragung von nicht völlig unzweifelhaft gemeinnützigen Vereinen kann es infolge der BGH Entscheidungen allerdings hilfreich sein, sich vor dem Eintragungsantrag, die vorläufige Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch die Finanzverwaltung bestätigen zu lassen.