18.08.2021
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
27.05.2020
VIII ZR 401/18
ZIP 2020, 1967
Keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters durch „Erwachsenenhotel“ [ PDF ]
Zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung (§ 20 I 1 AGG) – hier wegen des Alters – kann sich ein Unternehmer auch im Anwendungsbereich des zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf seine Unternehmerfreiheit (Art. 12 I 1 GG) berufen und somit wirtschaftliche Ziele anführen.
Die wechselseitigen Interessen in Form der Realisierung dieser unternehmerischen Handlungsfreiheit (Art. 12 I 1 GG) auf der einen und des Schutzes vor Diskriminierung (§ 19 I Nr. 1 AGG) auf der anderen Seite sind in einen angemessenen Ausgleich zueinander zu bringen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, inwieweit dem Benachteiligten die Ungleichbehandlung zumutbar und inwieweit er auf die Leistung – hier einen Ferienaufenthalt in einem Wellnesshotel – angewiesen ist.
Die Beklagte betreibt ein „Erwachsenenhotel“ für über 16-Jährige. Die jüngeren Kläger sahen hierin eine Altersdiskriminierung und verlangten von der Beklagten Zahlung einer Entschädigung nach § 21 Abs. 2 Satz 3 AGG. Die Klage hatte in den beiden ersten Instanzen keinen Erfolg. Der BGH hat die Revision zurückgewiesen.
Der BGH entschied, dass die Ungleichbehandlung wegen eines sachlichen Grundes im Sinne des § 20 Abs. 1 S. 1 AGG gerechtfertigt ist. Die Beklagte könne sich insoweit auf die Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG berufen. Hieraus folgt das Recht der Beklagten sich mit einem erfolgreichen Geschäftsmodell am Markt zu positionieren. Die damit einhergehende Belastung der Kläger muss dahinter zurücktreten, zumal ein zwingendes Bedürfnis der Kläger an der Beherbergung nicht dargelegt wurde.
Die Entscheidung erhält das Geschäftsmodell „Adults only-Hotels“. Der BGH erkennt das gesellschaftliche Bedürfnis nach Ruhe und Erholung ohne Kinder im Rahmen des Hotelbetriebs an. Damit steht grundsätzlich fest, dass wirtschaftliche Interessen eine Ungleichbehandlung im Wirtschaftsleben rechtfertigen können. Soweit objektiv nachvollziehbare Gründe dargelegt werden, setzt sich also erfreulicherweise die Privatautonomie durch. Zu beachten ist jedoch, dass die Entscheidung nicht pauschal auf ähnliche Dienstleistungen, wie den Restaurantbetrieb, übertragen werden kann. Denn eine Rechtfertigung setzt stets eine Abwägung zwischen dem unternehmerischen Konzept des Anbieters und den Bedürfnissen der Benachteiligten voraus.