29.09.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Bremen
03.07.2025
3 W 6/25
BeckRS 2025, 16503
Die Beteiligte zu 5 war zunächst zusammen mit ihrem Ehemann, der im Jahr 2023 verstarb, je zur Hälfte als Eigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Nach dessen Tod wurde sie als alleinige Eigentümerin eingetragen. Hinsichtlich des auf sie übergegangenen Anteils ihres verstorbenen Ehemanns erfolgte die Eintragung allerdings nur als befreite Vorerbin mit Nacherbenvermerk. Nach dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute aus dem Jahr 1996 waren die Abkömmlinge als Nacherben eingesetzt, darunter auch der nichteheliche Sohn des Erblassers, Herr X.
Mit notarieller Vereinbarung vom 12. November 2024 übertrugen die gemeinsamen Kinder der Eheleute ihre Nacherbenanwartschaft auf die Beteiligte zu 5. In derselben Urkunde wurde erklärt, dass Herr X die Nacherbschaft bereits mit notarieller Erklärung vom 29. September 2023 ausgeschlagen habe. Aus der beigezogenen Nachlassakte ergab sich, dass Herr X fristgerecht die Ausschlagung erklärt und zugleich angegeben hatte, keine Abkömmlinge zu haben.
Die Beteiligten beantragten daraufhin die Löschung des Nacherbenvermerks. Das Grundbuchamt lehnte dies mit Zwischenverfügung vom 28. Februar 2025 ab. Es führte aus, die Wirksamkeit der Ausschlagungserklärung des Herrn X sei eine Frage, die allein in die Zuständigkeit des Nachlassgerichts falle. Der Nachweis der Erbfolge könne deshalb nicht durch das notarielle Testament, sondern nur durch einen Erbschein erbracht werden. Zudem müsse über die Bestellung eines Pflegers für mögliche unbekannte Abkömmlinge entschieden werden, da weitere Nachkommen des Erblassers medizinisch nicht ausgeschlossen seien.
Die Beschwerde ist zulässig und jedenfalls insoweit begründet, als dass als die Zwischenverfügung zu ergänzen ist.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 S. 1 GBO waren erfüllt. Der beantragten Löschung des Nacherbenvermerks stand das Hindernis entgegen, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht nachgewiesen war. Ein Nacherbenvermerk nach § 51 GBO kann gelöscht werden, wenn die Nacherben und Ersatznacherben der Löschung zustimmen oder wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nach § 22 GBO feststeht. Die Antragsteller stützten sich hier auf die Unrichtigkeit, da die gemeinschaftlichen Kinder ihr Anwartschaftsrecht auf die Beteiligte zu 5 übertragen hatten und der nichteheliche Sohn des Erblassers das Nacherbe ausgeschlagen habe. Zutreffend wurde davon ausgegangen, dass durch die Übertragungen die Ersatzerbfolge entfiel und der Nacherbfall nicht mehr eintreten könne, sofern die Ausschlagung des nichtehelichen Sohnes wirksam war und keine Ersatznacherben vorhanden sind.
Das Grundbuchamt stellte jedoch zu Recht fest, dass der Nachweis einer wirksamen Ausschlagung bislang nicht in der erforderlichen Form erbracht sei. Nach §§ 2142 Abs. 1, 1943 BGB kann eine Ausschlagung nicht mehr erfolgen, wenn die Erbschaft bereits angenommen wurde, auch durch schlüssiges Verhalten. Ob eine solche Annahme vorlag, kann im Grundbuchverfahren regelmäßig nicht abschließend geklärt werden. In der Rechtsprechung wird nahezu einhellig angenommen, dass die Frage der Wirksamkeit einer Ausschlagung wegen möglicher vorheriger Annahme dem Nachlassgericht vorbehalten ist.
Allerdings wurde darauf hingewiesen, dass in Ausnahmefällen die Feststellung der negativen Tatsache, dass keine Annahme der Nacherbschaft erfolgt ist, auch im Grundbuchverfahren möglich sein kann. Nach § 35 Abs. 1 S. 2 GBO kann der Erbnachweis durch eine Verfügung von Todes wegen in öffentlicher Urkunde geführt werden; genügen diese Unterlagen nicht, darf das Grundbuchamt einen Erbschein verlangen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass in besonderen Konstellationen eine notarielle eidesstattliche Versicherung als Nachweis negativer Tatsachen zulässig sein kann, etwa zur Bestätigung, dass keine weiteren Abkömmlinge vorhanden sind oder dass Pflichtteilsansprüche nicht geltend gemacht wurden. Entsprechend könnte auch hier eine eidesstattliche Versicherung des nichtehelichen Sohnes ausreichen, wenn er versichert, dass er die Nacherbschaft vor der Ausschlagungserklärung weder ausdrücklich noch konkludent angenommen hat. Da alle übrigen Beteiligten bereits notariell erklärt haben, dass der Sohn die Nacherbschaft ausgeschlagen hat, sind von dieser Seite keine Zweifel zu erwarten. In einem solchen Fall würde auch das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren allein auf die eidesstattliche Versicherung abstellen, so dass das Grundbuchamt keinen Erbschein verlangen dürfte.
Soweit das Grundbuchamt zudem eine Pflegerbestellung für unbekannte Nacherben für erforderlich hielt, war dies nicht geboten. Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments aus dem Jahr 1996 ergibt, dass die Nacherbeneinsetzung auf die vier namentlich genannten gemeinsamen Kinder sowie den ausdrücklich erwähnten nichtehelichen Sohn beschränkt war. Angesichts des Alters der Testierenden bei Testamentserrichtung und des damaligen medizinischen Stands sind weitere unbekannte Abkömmlinge nicht in Betracht zu ziehen.
Für die Praxis bedeutet die Entscheidung, dass der Nachweis der Unrichtigkeit eines Nacherbenvermerks im Regelfall nicht allein auf eine Ausschlagungserklärung gestützt werden kann, da stets die Möglichkeit einer konkludenten Annahme der Nacherbschaft vor deren Ausschlagung in Betracht gezogen werden muss. Grundsätzlich ist daher ein Erbschein erforderlich. Gleichwohl eröffnet das OLG Bremen eine wichtige Ausnahme: Liegt die Ausschlagung zeitnah nach Eintritt des Vorerbfalls vor und sind weder für das Grundbuch- noch für das Nachlassgericht Anhaltspunkte für eine vorherige Annahme erkennbar, kann eine eidesstattliche Versicherung des ausschlagenden Nacherben genügen. Praktisch erlaubt dies in eindeutigen Konstellationen, unnötige Erbscheinsverfahren zu vermeiden und die Löschung des Nacherbenvermerks unmittelbar nach § 22 GBO herbeizuführen, sofern alle Nacherben und Ersatznacherben mitwirken oder deren Rechte eindeutig weggefallen sind.