03.11.2021
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
11.05.2021
II ZB 32/20
NJW 2021, 2360
Ein vom bisherigen Vorstand beauftragter Rechtsanwalt ist im Hinblick auf die Prozessvollmacht kein Dritter i.S.v. § 68 BGB und kann sich deshalb nicht auf die negative Publizität des Vereinsregisters berufen. (Rn.15)
(amtlicher Leitsatz)
Der Kläger legt gegen eine als unzulässig abgewiesene Berufung Rechtsbeschwerde ein. Die Klage richtete sich auf die Feststellung der Nichtigkeit, der in einer Versammlung der beklagten Mitglieder gefassten Beschlüsse. Unter anderem wird der Beschluss adressiert, der den bisherigen Vorstands- und satzungsgemäß sogenannten Ersten Vorsitzenden Dr. T abberuft. Der Kläger sei bei Klageeinreichung nicht gemäß § 51 Abs. 1 ZPO vertreten gewesen, da die Bestellung des Dr. T, welcher dem Rechtsanwalt Prozessvollmacht erteilt hatte, zu diesem Zeitpunkt bereits wirksam widerrufen worden sei.
Die Rechtsbeschwerde sei statthaft, aber unzulässig.
Grundsätzlich könne eine Partei, dessen gesetzliche Vertretung in der Vorinstanz abgelehnt wurde, wirksam Rechtsmittel einlegen, um eine andere Beurteilung zu erreichen. Allerdings fehle es an den Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO.
Rechtsfehlerfrei stütze das Berufungsgericht seine Entscheidung darauf, dass der für den Kläger auftretende prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt nicht wirksam Berufung einlegen konnte. Sein Mandat sei jedenfalls durch Entziehung des neuen Vorstands des Klägers erloschen. Die Wahl des neuen Vorstands und die darauffolgende Abberufung des früheren Vorstands sei auch wirksam. Die beklagten Mitglieder seien durch einen Beschluss des Amtsgerichts ermächtigt worden, über jene Entscheidung abzustimmen. Auch wirke die Prozessvollmacht des Rechtsanwalts nicht gemäß § 87 Abs. 1 ZPO fort.
Dr. T konnte nach dem wirksamen Widerruf seiner Bestellung mithin keinen Prozessbevollmächtigten für den Kläger bestellen. Dr. T konnte seine mangelnde Legitimation als gesetzlichen Vertreter des Klägers mithin nicht durch Erteilung einer Prozessvollmacht gemäß § 86 ZPO überwinden. Ihm war der Widerruf der Bestellung auch bekannt und sie hing auch nicht von der Eintragung in das Vereinsregister ab. Diese wirkt nur deklaratorisch.
Darüber hinaus könne sich der Rechtsanwalt ebenfalls nicht auf die negative Publizität des Vereinsregisters berufen, denn er sei kein Dritter im Sinne von § 68 BGB. Grundsätzlich handele es sich bei den Vorschriften der §§ 78 ff. ZPO um ein Sonderrecht für die Prozessvollmacht. Daher können materiell-rechtliche Regelungen über die Vollmacht nur Anwendung finden, wenn die ZPO auf sie verweist oder in ihnen allgemeine Rechtsgedanken der Stellvertretung zum Ausdruck kommen. Insbesondere auch, weil der Zivilprozessordnung eine Rechtsscheinshaftung des Vollmachtgebers fremd ist, bestehe kein Anlass den § 68 BGB auf die Prozessvollmacht anzuwenden. Darüber hinaus muss dem Rechtsanwalt der Widerruf der Bestellung des Dr. T bekannt gewesen sein, was ihm die Berufung auf die negative Publizität des Vereinsregisters nach § 242 BGB verwehrt.
Eine Person, die durch Widerruf ihrer Bestellung nicht mehr vertretungsberechtigt ist, kann ihre mangelnde Legitimation im Prozess nicht dadurch überwinden, dass sie einen Rechtsanwalt prozessbevollmächtigt. Da eine solche Bevollmächtigung mangels Vertretungsmacht nicht wirksam ist, kann sie der Klage/ Berufung nicht zur Zulässigkeit verhelfen. Darüber hinaus sei im Rahmen des Prozessrechts zu beachten, dass sich ein „vertretender“ Rechtsanwalt nicht automatisch auf die negative Publizitätsfunktion des Vereinsregisters berufen werden kann, weil die materiell-rechtlichen Regelungen des BGB nicht ohne Weiteres im Zivilprozessrecht Anwendung finden.