16.04.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
KG
08.09.2023
22 W 34/23
NZG 2025, 26
Die Beteiligte, eine am 09.02.2023 errichtete, vermögensverwaltende UG mit einem Stammkapital von 1.000 €, beantragte ihre Eintragung in das Handelsregister. Der Gesellschaftsvertrag regelt, dass die Beteiligte ihre Gründungskosten bis zu einem Gesamtbetrag von 1.000 € selbst trägt und der Geschäftsführer befugt ist, den Geschäftsbetrieb bereits vor Eintragung im Handelsregister aufzunehmen.
Ebenfalls am 09.02.2023 unterzeichnete der alleinige Geschäftsführer eine notariell beglaubigte Handelsregisteranmeldung, in der er u.a. die vollständige Einzahlung des Stammkapitals versicherte. Er versicherte weiter, dass während der letzten 5 Jahre gegen ihn keine Verurteilung unter anderem „wegen unrichtiger Darstellung nach § 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG oder § 17 PublG“ rechtskräftig geworden sei (sog. Habilitätsversicherung). Am 23.05.2023 reichte der Notar die Anmeldung beim Amtsgericht ein.
Das Amtsgericht sah zwei Eintragungshindernisse: Die Habilitätsversicherung verwies nicht auf § 346 UmwG, sondern auf die veraltete Vorschrift des § 313 UmwG. Zudem sei aufgrund des Zeitablaufs seit Unterzeichnung der Anmeldung eine erneute Versicherung über die unbelastete Vermögenssituation der Gesellschaft erforderlich. Die UG legte hiergegen Beschwerde ein. Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem KG vor.
Die nach § 58 Abs. 2 i.V.m. § 382 Abs. 4 S. 2 FamFG statthafte Beschwerde ist teilweise begründet.
Die Habilitätsversicherung des Geschäftsführers stehe der Eintragung der UG ins Handelsregister nicht entgegen, da sie den Anforderungen der §§ 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 d), 8 Abs. 3 S. 1 GmbHG genüge. Zweck der Habilitätsversicherung sei die Vereinfachung des Anmeldungs- und Prüfungsverfahrens durch schnelle und einfache Vermittlung von Informationen, die sich das Registergericht ansonsten – unter erhöhtem Verwaltungsaufwand – durch ein Auskunftsersuchen selbst verschaffen müsste. Dabei müsse die Habilitätsversicherung zum Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung wie auch zum Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister richtig sein.
Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles sei die Habilitätsversicherung des Geschäftsführer jedoch ausreichend, obwohl in der Anmeldung auf „§ 313 UmwG“ Bezug genommen wird. Hier entsprach die Habilitätsversicherung im Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung (vor Inkrafttreten des UmRUG) den gesetzlichen Vorgaben, da der Straftatbestand der „unrichtigen Darstellung“ am 09.02.2023 in § 313 UmwG geregelt war. Bei Eintragung (nach Inkrafttreten des UmRUG) hätte sich die Versicherung zwar auf § 346 UmwG nF beziehen müssen. Mangels Übergangsvorschriften im UmRUG noch sonstiger Vorschriften, die die unrichtige Darstellung unter Strafe stellen, sei die Habilitätsversicherung jedoch dahin auszulegen, dass sie jede Verurteilung wegen des Straftatbestandes der „unrichtigen Darstellung“ nach dem UmwG umfasse, egal ob dieser Straftatbestand in § 313 UmwG aF oder im materiell-rechtlich unveränderten § 346 UmwG nF geregelt sei.
Allerdings stehe der Eintragung der UG ins Handelsregister entgegen, dass ihr Geschäftsführer keine aktuelle Versicherung abgegeben hat, wonach das Vermögen der Beteiligten weiterhin durch keinerlei Verbindlichkeiten vorbelastet ist. Die Pflicht zur Abgabe einer solchen Versicherung gelte auch für eine UG mit einer Stammkapitalziffer von 1.000 €, bei der die Übernahme der sog. Gründungskosten durch die Gesellschaft „bis zu einem Betrag von 1.000 €“ im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist.
Sei eine derartige Versicherung bereits abgegeben worden, habe das Registergericht weitere Ermittlungen nur bei konkreten Zweifeln an deren Richtigkeit anzustellen. Nach Auffassung des KG könnten sich solche konkreten Zweifel auch aus dem bloßen Zeitablauf zwischen Unterzeichnung der Versicherung und Einreichung ergeben. In der Regel dürfte hierfür ein Zeitablauf von mindestens drei Monaten erforderlich sein. Ob dieser Zeitraum abhängig vom Unternehmensgegenstand der Gesellschaft kürzer sein kann, ließ das KG offen. Darüber hinaus könnten Zweifel bestehen, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen hat (etwa Schaltung einer Internetpräsenz, Werbung, Bezug von Geschäftsräumen, Anbieten von Leistungen etc.).
Ob vorliegend allein der Zeitablauf von mehr als drei Monaten für die Anforderung einer aktuellen Versicherung des Geschäftsführers ausreichend sei, ließ das KG ebenfalls offen. Da dem Geschäftsführer die unbegrenzte Aufnahme des Geschäftsbetriebes gestattet ist, sei nämlich davon auszugehen, dass er von dieser Ermächtigung innerhalb der hier verstrichenen Zeitspanne Gebrauch gemacht habe, sodass jedenfalls im Zusammenschau mit dem Zeitablauf konkrete Zweifel an der fortbestehenden Richtigkeit der Versicherung bestünden.
Das KG bezieht sich in seiner Entscheidung mehrfach auf einen Beschluss des OLG München (v. 13.09.2022 – 34 Wx 329/22). Das OLG München entschied, dass das Registergericht eine aktuelle Habilitäts- und Einlageversicherung nach § 8 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 GmbHG verlangen könne, wenn das Eintragungsverfahren wegen eines Mangels bei der Anmeldung längere Zeit in Anspruch nimmt. Bereits das OLG Düsseldorf (v. 03.12.1997 – 3 Wx 545/97) sowie das OLG Hamm (v. 06.07.2016 – 27 W 85/16) entschieden in diesem Sinne, sodass diesbezüglich von einer gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung gesprochen werden kann.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Richtigkeit der gem. § 8 Abs. 2 S. 1 GmbHG abzugebenden Einlageversicherung ist grundsätzlich der Eingang der Anmeldung beim Registergericht. Ab welchem Zeitraum zwischen Unterzeichnung der Versicherung und deren Einreichung beim Registeramt eine aktuelle Versicherung abzugeben ist, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Während nach Ansicht des OLG Düsseldorf sowie des OLG Hamm in den o.g. Entscheidungen – in Übereinstimmung mit dem KG – regelmäßig ein Zeitraum von drei Monaten erforderlich ist, ließ das OLG München die Frage in der vorbezeichneten Entscheidung offen und erachtete jedenfalls neun Monate als ausreichend.
Im Rahmen der Habilitätsversicherung müssen die in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG genannten Straftatbestände oder die vergleichbaren Bestimmungen des ausländischen Rechts nicht im Einzelnen aufgeführt werden. Insofern ist in der Praxis die Versicherung des Geschäftsführers ausreichend, dass er/sie „noch nie, weder im Inland noch im Ausland, wegen einer Straftat verurteilt worden“ sei.