OLG Frankfurt 20 W 186/24
Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit

21.05.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Frankfurt
10.10.2024
20 W 186/24
FGPrax 2024, 249

Leitsatz | OLG Frankfurt 20 W 186/24

Der Verein ohne Rechtspersönlichkeit, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, ist mit dem Inkrafttreten des MoPeG uneingeschränkt grundbuchfähig.

Sachverhalt | OLG Frankfurt 20 W 186/24

Am 25. Juni 2021 wurden im Grundbuch als Eigentümer eines Grundstücks jeweils nicht eingetragene Vereine eingetragen: „Verein1 n.e.V.“ und „Verein2 n.e.V.“, „bestehend aus den Mitgliedern“ A und B in „Gesamthandsgemeinschaft“. Beide Vereine sind nicht im Vereinsregister verzeichnet.

Am 26. April 2024 verkauften die beiden Vereine, jeweils vertreten durch A und B, „handelnd als Gesamthandsgemeinschaft“ die Grundstücke durch notariellen Kaufvertrag an die Beteiligten zu 1 und 2 „zu gleichen Anteilen“. Zudem wurde die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für die Käufer bewilligt und am 10. Mai 2024 durch die Notarin beantragt. 

Das Grundbuchamt beanstandete mit Zwischenverfügung vom 23. Mai 2024, dass seit Inkrafttreten des MoPeG am 1. Januar 2024 ein nicht eingetragener Verein vor der Verfügung über Grundstücke ins Vereinsregister eingetragen werden müsse. Es berief sich dabei auf eine analoge Anwendung von § 47 Abs. 2 GBO n.F. Daher forderte es die Beteiligten zu 1 und 2 in „analoger Anwendung“ des Art. 229 § 21 EGBGB auf, die Vereine ins Vereinsregister eintragen zu lassen und anschließend die Grundbuchänderung durch die bisherigen im Grundbuch eingetragenen Mitglieder sowie den sodann neu eingetragenen Verein bewilligen und beantragen zu lassen.
 
Am 06. August 2024 legte die Notarin hiergegen Beschwerde ein.
 

Entscheidung | OLG Frankfurt 20 W 186/24

Die Beschwerde hatte Erfolg. Aus Sicht des OLG Frankfurt entsprach die vom Grundbuchamt erlassene Zwischenverfügung nicht den Anforderungen des § 18 GBO. Diese Vorschrift erlaube eine Zwischenverfügung nur zur Beseitigung eines Eintragungshindernisses, und sei nicht anwendbar, wenn der Mangel des Antrags nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden könne. Vor diesem Hintergrund könne dem Antragsteller mit einer Zwischenverfügung nach § 18 GBO nicht aufgegeben werden, eine erst noch zu erklärende Eintragungsbewilligung eines unmittelbar betroffenen Dritten beizubringen. Das Grundbuchamt hätte daher die beantragte Eintragung unmittelbar zurückweisen müssen.

Der Senat wies daneben für das weitere Verfahren darauf hin, dass er die Auffassung des Grundbuchamts, wonach ein Verein ohne Rechtspersönlichkeit, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, seit dem 01.01.2024 mit Inkrafttreten des MoPeG für Grundbucheintragungen einer Voreintragungsobliegenheit wie die GbR unterliege, nicht teile. Vielmehr sei ein solcher Verein seit der MoPeG-Reform uneingeschränkt grundbuchfähig. Eine gesetzliche Regelungslücke besteht nicht, weshalb auch eine analoge Anwendung von § 47 Abs. 2 GBO n.F. nicht erforderlich sei.

Nach der überwiegenden Meinung ergebe sich die Grundbuchfähigkeit des nicht eingetragenen Vereins direkt aus § 54 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F., der die Anwendung der §§ 24 bis 53 BGB anordne, weshalb nicht eingetragene Vereine sich von den eingetragenen Vereinen, die unzweifelhaft grundbuchfähig seien, nur im Hinblick auf die Eintragung im Vereinsregister unterschieden. Entgegen der Ansicht des Grundbuchamts bestehe gerade keine Regelungslücke hinsichtlich der Grundbuchfähigkeit des nicht eingetragenen Vereins, sodass eine analoge Anwendung der Vorschriften zur GbR nicht erforderlich sei. Zwar bestehe keine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Grundbuchfähigkeit des nicht eingetragenen Vereins, doch dies gelte ebenso für den eingetragenen Verein. 

Auch die Gesetzesbegründung zum MoPeG lasse keinen Hinweis auf eine Regelungslücke erkennen, da die Reform mit der Änderung des § 54 BGB insbesondere darauf abziele, den nicht eingetragenen Verein endgültig aus dem Recht der GbR auszugliedern und ihn dem Vereinsrecht zu unterstellen, woraus sich bereits die Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit ergebe. Es bedürfe deshalb keiner ausdrücklichen Wiederholung dieses Inhalts in der Gesetzesbegründung.
 
Aus der Gesetzesbegründung, die mit Blick auf den Verein ohne Rechtspersönlichkeit lediglich von einer Anpassung des Gesetzestextes an die bestehende Rechtslage spricht, könne nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber die frühere (ablehnende) Rechtsauffassung des BGH zur Grundbuchfähigkeit nicht eingetragener Vereine beibehalten wollte. Die Entscheidung des BGH basierte auf der früheren Fassung des § 54 Satz 1 BGB, der eine Verweisung auf das Recht der GbR und damit auch auf § 47 Abs. 2 GBO a.F. enthielt. Beide Vorschriften wurden durch das MoPeG grundlegend überarbeitet, sodass es nicht plausibel erscheine, dass der Gesetzgeber dennoch an der früheren Rechtsprechung des BGH festhalten wollte.
 

Praxishinweis | OLG Frankfurt 20 W 186/24

Mit dem Inkrafttreten des MoPeG zum 01. Januar 2024 steht nach überwiegender Meinung fest, dass nicht eingetragene Vereine, die keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verfolgen, grundbuchfähig sind – eine vorherige Eintragung ins Vereinsregister ist also nicht erforderlich. Grundbuchämter dürfen hiernach daher keine Voreintragung verlangen oder Regelungen zur GbR analog zur Anwendung bringen. In der Praxis sollten Notare und Beteiligte auf diese Rechtslage hinweisen, um unnötige Verzögerungen oder fehlerhafte Zwischenverfügungen zu vermeiden.