KG 22 W 22/24
Eintragung der Befreiung der Geschäftsführer vom Selbstkontrahierungsverbot nach Ermessen des Registergerichts als konkrete Vertretungsbefugnis bei den einzelnen Geschäftsführern

04.06.2025

Leitsatz | KG 22 W 22/24

  1. Über den genauen Eintragungswortlaut entscheidet das Registergericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn die allgemeine Befreiung der Geschäftsführer einer GmbH von den Beschränkungen des § 181 BGB als konkrete Vertretungsbefugnis bei den einzelnen Geschäftsführern eingetragen wird.
  2. Allein dass ein Schreiben mit einer Rechtsmittelbelehrung für eine Zwischenverfügung versehen ist, macht es nicht zu einer Zwischenverfügung und führt auch nicht dazu, dass der Inhalt des Schreibens mit der Beschwerde angegriffen werden kann.
     

Sachverhalt | KG 22 W 22/24

Die Beteiligte ist eine GmbH, die mit Anmeldung vom 05.04.2024 ihre Ersteintragung in das Handelsregister anmeldete. Zur Vertretung der Gesellschaft wurde das Folgende angemeldet: „(1) Abstrakte Regelung: Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen vertreten. Die Geschäftsführer sind von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wurde bestellt: M.J., geb. …, wohnhaft … (2) Konkrete Regelung: Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft stets einzeln.“ Der Gesellschaftsvertrag sieht unter Nr. 4 neben dieser abstrakten Regelung auch die Möglichkeit vor, die Vertretungsbefugnis durch die Gesellschafterversammlung abweichend zu regeln, insbesondere Geschäftsführer den Beschränkungen des § 181 BGB zu unterwerfen (Nr. 4.2).

Mit Schreiben vom 12.04.2024 bat das zuständige Amtsgericht den für die Anmeldung der GmbH zuständigen Notar darum, ergänzend die dem Geschäftsführer erteilte Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB anzumelden. Dem entgegnete der Notar damit, dass eine Befreiung nicht zusätzlich habe erfolgen und angemeldet werden müssen, da die Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrag ohnehin allgemein von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit seien.

Das Amtsgericht nahm daraufhin unter dem 16.04.2024 die Eintragung vor. In Spalte 4.a) übernahm es den von dem Notar angemeldeten Text zur abstrakten Regelung der Vertretungsbefugnis. In Spalte 4.b) trug es als besondere Vertretungsbefugnis ein: „Geschäftsführer: 1. M.J. (…) mit der Befugnis die Gesellschaft allein zu vertreten mit der Befugnis Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen.“

Mit Schreiben vom 19.04.2024 bat der Notar um Korrektur der abstrakten und konkreten Vertretungsbefugnis von Amts wegen mit der Begründung, die Befreiung nach § 181 BGB sei als Teil der allgemeinen Vertretungsregelung aufzunehmen. Das AG teilte in einem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen und in der Belehrung als Zwischenverfügung bezeichnetem Hinweis vom 22.04.2024 mit, dass eine Berichtigung der Eintragung nicht in Betracht komme.

Gegen die als Zwischenverfügung bezeichnete Mitteilung des AG hat der Notar am 22.04.2024 Beschwerde eingelegt. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 24.04.2024 zur Entscheidung vorgelegt.

Entscheidung | KG 22 W 22/24

Die Beschwerde des Notars ist unzulässig. Die Beschwerde ist gegen den zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts vom 22.04.2024 zwar statthaft, jedoch mangels Beschwer unzulässig.

Bei der vom Amtsgericht übermittelten und als „Zwischenverfügung“ überschriebenen Mitteilung handele es sich nicht um eine Zwischenverfügung i.S.d. § 382 Abs. 4 FamFG. Das Rechtsmittel der Beschwerde sei insoweit unstatthaft.

Nach § 382 Abs. 4 FamFG hat, wenn eine Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister unvollständig ist oder der Eintragung ein anderes durch den Antragsteller behebbares Hindernis entgegensteht, das Registergericht dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Beseitigung des Hindernisses zu bestimmen. Eine solche Verfügung ist mit der Beschwerde angreifbar. Eine solche Zwischenverfügung liege allerdings nicht vor. Denn das Amtsgericht teile mit seiner Mitteilung vom 22.04.2024 lediglich seine Rechtsauffassung mit, womit es wohl dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs Rechnung tragen, sowie den Antragsteller zur Rücknahme des Berichtigungsantrages bewegen soll.

Allerdings liege weder ein durch den Antragsteller behebbares Hindernis vor, noch wird – wie von § 382 Abs. 4 S. 1 FamFG vorausgesetzt – eine Frist zur Beseitigung gesetzt.

Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das Amtsgericht die Mitteilung mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und als „Zwischenverfügung“ bezeichnet hat. Denn allein dieser Umstand mache die Mitteilung nicht zu einer anfechtbaren Zwischenverfügung.

Die Beschwerde sei selbst dann als unstatthaft anzusehen, wenn sie als Beschwerde gegen die Eintragung als solche angesehen werden würde. Denn die Eintragung – als urkundlicher Abschluss des Eintragungsverfahrens und Stattgabe der Registeranmeldung anzusehen – ist nach § 383 Abs. 3 FamFG nicht anfechtbar.

Der Antrag des Notars sei jedoch als Antrag auf Berichtigung der Eintragung zu verstehen, der vom Amtsgericht als Registergericht durch Beschluss vom 22.04.2023 – wenn auch nicht ausdrücklich – zurückgewiesen worden ist. Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zwar statthaft.

Die Beschwerde des Notars sei jedoch mangels Beschwer unzulässig. Die Beteiligte habe bereits nicht schlüssig vorgetragen, dass eine Irreführung vorliegen würde bzw. dass eine Verbesserung der vorgenommenen Eintragung im Interesse des Rechtsverkehrs erfolgen müsse. Das Amtsgericht habe zwar die Anmeldung nicht wie von der Beteiligten beantragt vorgenommen. Es sei aber nicht an den Wortlaut der Anmeldung gebunden. Vielmehr entscheide das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen über den Eintragungswortlaut. Dass der gewählte Wortlaut unklar oder für die Beteiligte von Nachteil wäre, sei nicht ersichtlich. Denn die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sei durch die Eintragung in Unterspalte 4.b) ausreichend kenntlich gemacht.

Auch ein Schreibversehen oder eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit, welche nach § 17 HRV zu berichtigen wäre, sei nicht erkennbar.

Praxishinweis | KG 22 W 22/24

Der Bezeichnung eines Schreibens sollte weiterhin nicht zu viel Gewicht beigemessen werden, wenn die Voraussetzungen der Bezeichnung offensichtlich nicht vorliegen. Der Notar sollte sich hierauf nicht verlassen, denn auch Gerichte machen Fehler. Weiter misst das Gericht den Registergerichten einen Ermessenspielraum hinsichtlich des konkreten Eintragungswortlautes zu, sodass sich ein Vorgehen gegen einen von der Anmeldung abweichenden Wortlaut erst lohnen dürfte, wenn durch die Eintragung des Registergerichts Unklarheiten oder Nachteile für die eingetragene Beteiligte entstehen. Diese konkreten Unklarheiten oder Nachteile müssen schlüssig vorgetragen werden, da die Beschwerde sonst ins Leere läuft.