19.09.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Saarbrücken
19.05.2023
5 W 12/23
NJW-RR 2023, 1371
Grenzen der Ausgestaltung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit [ PDF ]
Ein als beschränkte persönliche Dienstbarkeit vereinbartes Wohnungsrecht kann nicht mit dem Inhalt bestellt werden, dass der Wohnungsberechtigte – auch – mit dinglicher Wirkung dazu verpflichtet sein soll, die anfallenden Kosten der Versicherungen sowie die Grundsteuer zu tragen.
Der Antragsteller zu 1) übertrug das Eigentum an einem Grundstück auf den Antragsteller zu 2), seinen Sohn. Als Gegenleistung wurde ihm gemeinsam mit seiner Ehefrau ein lebenslanges Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) sowie ein Mitbenutzungsrecht an den gemeinschaftlich genutzten Räumen und Anlagen eingeräumt, wobei der jeweilige Eigentümer ausdrücklich von der Nutzung ausgeschlossen wurde.
Im notariellen Vertrag war festgelegt, dass die Berechtigten sämtliche Kosten für Strom, Wasser, Gas und Heizung, Müllabfuhr, Straßenreinigung, Kaminkehrergebühren, die für den gesamten Vertragsgegenstand anfallenden Versicherungen, die Grundsteuer, sonstige laufende Hauskosten sowie den gewöhnlichen Erhaltungsaufwand selbst zu tragen haben.
Das Grundbuchamt wies die beantragte Eintragung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts in dieser Form zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das OLG Saarbrücken (Beschl. v. 19.05.2023 – 5 W 12/23, NJW‑RR 2023, 1371) als unbegründet zurück.
Das Gericht stellte klar, dass der Inhalt einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit – hier in Form des Wohnungsrechts nach § 1093 BGB – grundsätzlich zwingend durch das Gesetz bestimmt wird. Dieses gibt die Zahl dinglicher Rechte abschließend vor und legt deren Inhalt fest. Eine vertragliche Abänderung ist nur insoweit zulässig, als das Gesetz dies ausdrücklich erlaubt oder die Vereinbarung keinen Verstoß gegen tragende Grundprinzipien des jeweiligen Rechtsinstituts darstellt.
Das Wohnungsrecht unterscheidet sich insofern maßgeblich vom Nießbrauch: Während der Nießbraucher gemäß §§ 1045, 1047 BGB die Grundstückslasten und bestimmte Kosten (einschließlich der Prämien für die Gebäudeversicherung) zu tragen hat, trifft den Wohnungsberechtigten keine dingliche Pflicht zur Kostentragung, sofern das Gesetz nichts anderes anordnet. Dies folgt aus dem tragenden Grundsatz der Unentgeltlichkeit des Wohnungsrechts, der den Berechtigten dauerhaft vor einer wirtschaftlichen Belastung schützen soll.
Die im vorliegenden Fall im notariellen Vertrag enthaltene Überwälzung der genannten Kosten auf den Wohnungsberechtigten verstößt nach Auffassung des OLG gegen diesen Grundsatz. Eine solche Regelung mag zwar schuldrechtlich wirksam zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden, kann jedoch nicht Bestandteil des dinglichen Inhalts des Wohnungsrechts und damit auch nicht grundbuchlich gesichert werden.
Die Entscheidung verdeutlicht erneut den systematischen Unterschied zwischen Wohnungsrecht und Nießbrauch: Beim Nießbrauch ist die Tragung der Grundstückslasten gesetzlich vorgesehen, beim Wohnungsrecht hingegen grundsätzlich ausgeschlossen. Dieser Unterschied ist in der Gestaltung von Übertragungsverträgen zwingend zu beachten.
Kritisch anzumerken ist, dass das OLG Saarbrücken sich nicht ausführlich mit der in der Literatur geäußerten Auffassung auseinandergesetzt hat, wonach eine Kostenregelung wie im vorliegenden Fall nicht zwingend als „Nutzungsentgelt“ zu werten und daher möglicherweise mit dem Unentgeltlichkeitsgrundsatz vereinbar wäre. Gleichwohl ist nach der aktuellen Rechtsprechung davon auszugehen, dass jede Überbürdung von grundstücksbezogenen Kosten auf den dinglich Berechtigten als Abweichung von der gesetzlichen Konzeption verstanden wird.
Für die notarielle und grundbuchrechtliche Praxis bedeutet dies, dass Kostentragungspflichten – insbesondere für laufende öffentliche Lasten, Versicherungen und Instandhaltungsmaßnahmen – weiterhin ausschließlich in schuldrechtlichen Nebenabreden zu regeln sind. Diese entfalten jedoch keine Bindungswirkung gegenüber Rechtsnachfolgern des Eigentümers, da sie nicht Teil des Grundbuchinhalts werden.