OLG Nürnberg 15 W 2087/24
Grundbuchberichtigung nach Anteilsübertragung: Keine Voreintragung einer erloschenen GbR erforderlich

19.05.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Nürnberg
17.02.2025
15 W 2087/24
BeckRS 2025, 2386

Leitsatz | OLG Nürnberg 15 W 2087/24

Nach dem liquidationslosen Erlöschen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nach § 47 Abs. 2 GBO a.F. im Grundbuch eingetragen ist, kann ihr Gesamtrechtsnachfolger im Grundbuch eingetragen werden, auch ohne dass sie im Gesellschaftsregister und nach den seit 01.01.2024 gültigen Vorschriften im Grundbuch voreingetragen werden muss (Ausnahme von der doppelten Voreintragungspflicht).

Sachverhalt | OLG Nürnberg 15 W 2087/24

In dem Grundbuch des AG Weiden i.d.OPf. sind die Beteiligten zu 1) bis 4) als Eigentümer eines Grundstücks „als Gesellschafter einer GbR“ eingetragen. Mit Vertrag vom 06.08.2024 haben sie ihre Gesellschaftsanteile an der GbR auf die Beteiligte zu 5) übertragen. Anschließend beantragten sie mit notarieller Urkunde vom 27.08.2024 die Grundbuchberichtigung zugunsten der Beteiligten zu 5). 
 
Das Grundbuchamt wies den Antrag mit Beschluss vom 13.09.2024 zurück. Begründet wurde dies u. a. damit, dass die Übertragung von Grundstücksanteilen einer GbR notariell beurkundet werden müsse und nach dem 01.01.2024 eine im Grundbuch eingetragene GbR durch eine im Gesellschaftsregister eingetragene GbR ersetzt werden müsse.  

Gegen diesen Beschluss legten die Beteiligten am 18.10.2024 Beschwerde ein. Sie argumentierten, dass eine GbR auch kraft Gesetzes Eigentum erwerben könne und dass eine Grundbuchberichtigung dennoch möglich sei, da die ursprüngliche GbR nicht mehr existiere. Das AG half der Beschwerde mit Beschluss vom 22.10.2024 nicht ab und hielt an der Notwendigkeit einer notariellen Beurkundung sowie der fortbestehenden Existenz der GbR fest.
 

Entscheidung | OLG Nürnberg 15 W 2087/24

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.  

Die erforderlichen notariellen Bewilligungen aller Beteiligten liegen vor, da es sich nicht um eine klassische Grundstücksübertragung, sondern um eine Anteilsübertragung innerhalb der GbR handelt. Da § 311b BGB hier nicht greift, war eine notarielle Auflassung nicht erforderlich. 
 
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung bedarf „die Verpflichtung, Mitgliedschaftsrechte an einer Personengesellschaft zu übertragen oder zu erwerben, … auch dann nicht der notariellen Form, wenn das Gesellschaftsvermögen im Wesentlichen aus Grundbesitz besteht“. Verpflichtet sich jemand, „in eine Personengesellschaft mit Grundbesitz einzutreten, aus ihr auszuscheiden oder Anteile an ihr zu übertragen oder zu erwerben“, ist der „Erwerb oder Verlust der Mitberechtigung an einem Gesellschaftsgrundstück … nur eine gesetzliche Folge des Erwerbs oder Verlusts der Mitgliedschaft und die Konsequenz davon, dass das Gesellschaftsvermögen auch bei einem Mitgliederwechsel stets dem jeweiligen Gesellschafterkreis zugeordnet bleibt“ (BGH, Urt. v. 31.01.1983 – II ZR 288/81, NJW 1983, 1110, m.w.N.; Urt. v. 05.06.1957 – IV ZR 16/57, NJW 1957, 1316). Selbst „wenn aus einer mehrgliedrigen Gesellschaft alle Gesellschafter bis auf einen ausscheiden oder alle bisherigen Gesellschafter ihre Mitgliedschaftsrechte … auf einen Erwerber übertragen“, ist das Formgebot nicht anzuwenden (BGH a.a.O.; BeckOK BGB/Gehrlein, 72. Ed. 1.11.2024, BGB § 311b Rn. 3).  

Anders als bei der Übertragung von Gesellschaftsgrundbesitz auf eine andere GbR – ggf. mit personenidentischen Gesellschaften – fehlt es bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen wie im vorliegenden Fall an einer „Grundstücksveräußerung“.  

Zwar verlangt das neue Recht nach dem MoPeG grundsätzlich die Eintragung einer GbR ins Gesellschaftsregister, bevor Änderungen im Grundbuch vorgenommen werden können. Dies gilt jedoch nicht, wenn die GbR bereits erloschen ist. Da hier alle Gesellschafter ihre Anteile auf die Beteiligte zu 5) übertragen haben, ist die GbR ohne Liquidation erloschen, und ihr Vermögen ist nach § 712a Abs. 1 S. 2 BGB per Universalsukzession auf die Beteiligte zu 5) übergegangen. 
 
Da eine erloschene GbR nicht mehr ins Gesellschaftsregister eingetragen werden kann (Heckschen/Englich, ZPG 2024, 281, 285; Schroetter, ZfIR 2025, 23, 24; Kratzlmeier, ZfIR 2023, 197, 204; Meier a.a.O.; Wilsch a.a.O.; DNotI-Report 2024, 131; BeckOGK/Krafka, 1.1.2025, BGB § 712a Rn. 26; BeckOK GBO/Kral a.a.O.; zweifelnd nur im Hinblick auf eine teleologische Reduktion von Art. 229 § 21 EGBGB MüKo/Schäfer, BGB § 707 Rn. 43), entfällt die Voraussetzung der Voreintragung. Die Rechtsprechung sieht diesen Fall als vergleichbar mit einer Erbschaft (speziell § 40 GBO) an, sodass eine Grundbuchberichtigung direkt möglich ist.
 

Praxishinweis | OLG Nürnberg 15 W 2087/24

Aufgrund der Entscheidung lässt sich empfehlen, eine Anteilsübertragung als Alternative zur Grundstücksübertragung zu nutzen. Das bedeutet, wenn ein Grundstück von einer GbR auf eine andere übertragen werden soll, kann eine Anteilsübertragung an der GbR eine sinnvolle Lösung sein. Dadurch entfällt die notarielle Auflassung, da es sich um einen Übergang des Gesellschaftsvermögens durch Rechtsnachfolge handelt. Eine notarielle Urkunde über die Anteilsübertragung ist dabei jedoch unerlässlich. Diese Urkunde sollte klarstellen, dass keine klassische Grundstücksübertragung, sondern eine gesellschaftsrechtliche Nachfolge erfolgt.
  
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Universalsukzession zu berücksichtigen. Falls eine GbR durch Anteilsübertragung auf eine Einzelperson übergeht, erlischt sie ohne Liquidation (§ 712a BGB). Das Grundstück geht dann kraft Gesetzes auf den verbleibenden Gesellschafter über, ohne dass eine gesonderte Grundbuchänderung erforderlich ist. 
 
Zudem ist hervorzuheben, dass seit der Einführung des MoPeG am 01.01.2024 GbRs grundsätzlich im Gesellschaftsregister eingetragen sein müssen, bevor Änderungen im Grundbuch vorgenommen werden können. Eine Ausnahme besteht, wenn die GbR bereits erloschen ist (z. B. durch Vereinigung aller Anteile in einer Hand). In diesem Fall kann die Eintragung auch ohne vorherige Registereintragung erfolgen.