OLG Braunschweig 2 W 47/25
Grundbuchfähigkeit des Idealvereins nach Inkrafttreten des MoPeG

22.12.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Braunschweig
11.06.2025
2 W 47/25
NZG 2025, 1289

Leitsatz | OLG Braunschweig 2 W 47/25

Auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) am 01.01.2024 ist ein Verein ohne Rechtspersönlichkeit grundbuchfähig, so dass es keiner Voreintragung im Vereinsregister bedarf.

Sachverhalt | OLG Braunschweig 2 W 47/25

In den Wohnungsgrundbüchern von Goslar waren jeweils 50/100 Miteigentumsanteile zugunsten der nicht eingetragenen Vereine „AB n. e. V.“ (Antragsteller) sowie „CD n. e. V.“ eingetragen. Am 06.08.2024 ersuchte der Antragsteller die Eintragung eines Nießbrauchs zugunsten des ebenfalls nicht eingetragenen Vereins „WG n. e. V.“. Das Amtsgericht – Grundbuchamt – wies in seiner Zwischenverfügung vom 14.08.2024 auf Eintragungshindernisse hin. Zur Begründung führte es aus, der nicht eingetragene Idealverein sei seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) am 01.01.2024 nicht mehr grundbuchfähig. § 47 Abs. 2 GBO in der neuen Fassung sei analog anzuwenden, sodass eine vorherige Eintragung des Vereins in das Vereinsregister Voraussetzung sei. Diese Ansicht bestätigte das Grundbuchamt durch eine weitere Zwischenverfügung vom 20.08.2024. Der Antragsteller legt Beschwerde ein.

Entscheidung | OLG Braunschweig 2 W 47/25

Das OLG Braunschweig gab der Beschwerde statt. Auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) am 01.01.2024 bliebe ein Verein ohne Rechtspersönlichkeit grundbuchfähig, so dass es, anders als vom Grundbuchamt angenommen, keiner Voreintragung im Vereinsregister bedürfe.

§ 54 Abs. I 1 BGB n. F. lege fest, dass für den nichtrechtsfähigen Idealverein das vollständige materielle Vereinsrecht (§§ 24–53 BGB) entsprechend zur Anwendung gelange. Damit entfalle – anders als unter § 54 S. 1 BGB a. F. – die Bezugnahme auf das GbR-Recht, sodass auch eine Anwendung von § 47 Abs. 2 GBO n. F. ausgeschlossen sei.

Ferner verneinte das OLG das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke, die eine Analogie zu § 47 Abs. 2 GBO n. F. rechtfertigen könnte und die Grundbuchfähigkeit des Idealvereins ohne Rechtspersönlichkeit beseitigen würde (so allerdings Leuschner, in: MüKo-BGB, 10. Aufl. 2025, § 54 BGB Rn. 34). Der Senat schloss sich vielmehr der obergerichtlichen Auffassung an, wonach für den nichtrechtsfähigen Idealverein ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb keine Voreintragungsobliegenheit besteht (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 10.10.2024 – 20 W 186/24, BeckRS 2024, 31022; OLG München, Beschl. v. 10.02.2025 – 34 Wx 328/24e, BeckRS 2025, 1982; Reetz, in: BeckOK GBO, Stand 01.03.2025, § 47 GBO Rn. 59; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 54 BGB Rn. 8; Dörner, in: Schulze, BGB, 12. Aufl. 2024, § 54 Rn. 8; Westermann/Anzinger, in: Erman, BGB, 17. Aufl. 2023, § 54 BGB Rn. 7a).

§ 54 Abs. 1 S. 1 BGB bringe zum Ausdruck, dass die Rechtsstellung des nichtrechtsfähigen Idealvereins derjenigen des eingetragenen Vereins angenähert werde, der unstreitig grundbuchfähig sei. Nach der Gesetzesbegründung habe der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 54 BGB lediglich eine Klarstellung und Anpassung „an die schon seit langem bestehende Rechtslage“ beabsichtigt (BT-Drs. 19/27635, S. 124).

Praxishinweis | OLG Braunschweig 2 W 47/25

Nach der vor Inkrafttreten des MoPeG maßgeblichen Rechtslage war gemäß § 54 S. 1 BGB a. F. auf nichtrechtsfähige Vereine das Recht der GbR anzuwenden. Folglich konnten solche Vereine nach § 47 Abs. 2 1 GBO a. F. nur durch Eintragung sämtlicher Mitglieder im Grundbuch eingetragen werden (vgl. KG, Beschl. v. 16.03.2023 – 1 W 445/22, 1 W 448/22, BeckRS 2023, 5547).

Seit MoPeG hat die obergerichtliche Rechtsprechung die Grundbuchfähigkeit des Idealvereins ohne Rechtspersönlichkeit bejaht, ohne die vorherige Eintragung in das Vereinsregister zu verlangen (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 10.10.2024 – 20 W 186/24, BeckRS 2024, 31022; OLG München, Beschl. v. 10.02.2025 – 34 Wx 328/24e, BeckRS 2025, 1982). In der Literatur wird dies teilweise anders gesehen (Bachmann, NJW 2025, 1369, 1373; Dressler-Berlin, FGPrax 2025, 62; Schöpflin, ZStV 2024, 95, 98 f.)

Für die Rechtssicherheit in der Praxis ist die Positionierung des OLG Braunschweig zu begrüßen, auch wenn weiterhin eine höchstrichterliche Entscheidung fehlt. Dass sich nunmehr ein weiteres OLG der bisherigen obergerichtlichen Linie anschließt, wird in der Literatur als überzeugend dargestellt (Ante, in NZG 2025, 1289, 1290; Schulteis, in GWR 2025, 327) insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass dem Idealverein ohne Rechtspersönlichkeit die Registereintragung häufig schon aus formalen Gründen verwehrt bleibt, etwa mangels in der Satzung dokumentierter Eintragungsabsicht gemäß § 57 Abs. 1 BGB oder wegen einer Mitgliederzahl unter sieben Personen im Sinne von § 56 BGB.