BGH V ZR 150/15
Haftung der Verkäufergemeinschaft für die Arglist eines Mitverkäufers

10.05.2017

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
08.04.2016
V ZR 150/15
ZIP 2016, 1386

Leitsatz | BGH V ZR 150/15

Verschweigt einer von mehreren Verkäufern einen Mangel der Kaufsache arglistig, können sich sämtliche Verkäufer gemäß § 444 Alt. 1 BGB nicht auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen.

Sachverhalt | BGH V ZR 150/15

Die Kläger erwarben von den Beklagten (Ehepaar) ein bebautes Hanggrundstück mit einem Wohnhaus. Die Vertragsverhandlungen hatte die Ehefrau geführt, da der Ehemann sich zu diesem Zeitpunkt in stationär-psychiatrischer Behandlung befand. Dieser hat den Vertrag genehmigt, als er den gebotenen Aufklärungspflichten nachkommen konnte. Nach dem Kauf stellte sich heraus, dass der Kaufgegenstand mangelhaft war: die Winkelstützmauer, welche den Boden sichern sollte, wies nicht die erforderliche Standsicherheit auf. Der Ehemann hatte die Stützmauer selbst errichtet, wobei er dafür Steine mit einer Höhe von 1,80 – 2 m statt der dafür vorgesehenen Höhe von 4,80 m verwendet hatte.

Die Kläger nahmen die Beklagten wegen Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagten berufen sich jedoch auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung, da dieser auch im notariellen Vertrag vereinbart wurde.

Entscheidung | BGH V ZR 150/15

Die fehlende Standsicherheit der Winkelstützmauer stellt einen für die Kläger zunächst nicht erkennbaren Sachmangel des Grundstücks i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB dar.
Da der beklagte Ehemann diese Stützmauer selbst errichtet war, war ihm bekannt, dass er die statischen Vorgaben nicht eingehalten hat. Diese Tatsache hätte er bei der Genehmigung des Vertragsschlusses im Rahmen der Aufklärungspflichten offenlegen müssen. Da er dies unterlassen hat, hat er arglistig i.S.v. § 444 BGB gehandelt.

Das Berufungsgericht führte zunächst auf, dass mangels eines Beweises dafür, dass die beklagte Ehefrau ebenfalls Kenntnis von diesem Mangel hatte, ihr kein arglistiges Handeln unterstellt werden könnte. Somit könne sie sich auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen.
Das Verschulden bei Lieferung einer mangelhaften Sache wird gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB widerlegbar vermutet. Da Hinweise auf solch einen Mangel bekannt waren, handelte die Ehefrau fahrlässig, als sie das bebaute Grundstück ohne Prüfung der Umstände übergab. Somit liegen die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs vor.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann sich die Ehefrau nicht auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen. Ihr kann kein arglistiges Handeln unterstellt werden. Allerdings hat ihr Ehemann den Sachmangel arglistig verschwiegen. Aus diesem Grund können sich nach der jetzigen Auffassung des BGH sämtliche beteiligten Verkäufer gem. § 444 Alt. 1 BGB nicht mehr auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen, wenn einer der Käufer arglistig gehandelt hat. Eine Verkäufermehrheit hat im Innenverhältnis dafür zu sorgen, dass Offenbarungspflichten gegenüber dem Käufer erfüllt werden. Nur dann können sie sich auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen.

Praxishinweis | BGH V ZR 150/15

Die Frage, ob sich eine Verkäufergemeinschaft trotz Arglist eines Mitverkäufers auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss gem. § 444 BGB berufen kann, war bisher streitig.

In der Literatur wurde teilweise das Eingreifen des § 444 BGB in diesen Fällen von der Zurechnung der Handlungsweise oder des Wissens des Bösgläubigen dem selber nicht arglistig Handelnden abhängig gemacht. Dafür konnte auf § 166 BGB zurückgegriffen werden.

Der BGH folgt mit dieser Entscheidung allerdings der Gegenauffassung – kein Mitverkäufer einer Verkäufergemeinschaft kann sich auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen, wenn auch nur einer der Mitkäufer arglistig gehandelt hat.