OLG Celle 9 W 41/23
Kein einstweiliger Aufschub von Kapitalerhöhungen durch von Embargo-Maßnahme betroffenen Aktionär

14.08.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Celle
17.04.2023
9 W 41/23
NZG 2024, 304

Leitsatz | OLG Celle 9 W 41/23

  1. Ein Aktionär kann – selbst bei unterstellter Verletzung seines Bezugsrechts – im Wege der einstweiligen Verfügung grundsätzlich nicht die Unterlassung der Kapitalerhöhung seitens der Aktiengesellschaft oder die Verlängerung der Bezugsfrist verlangen.
  2. Er könnte allenfalls verlangen, dass die Gesellschaft den Abschluss seinen Rechten zuwiderlaufender Zeichnungsrechte unterlässt.
  3. Ein hinter dem Aktionär stehender wirtschaftlich Interessierter ist für derartige Ansprüche nicht aktiv legitimiert.

Sachverhalt | OLG Celle 9 W 41/23

Die Antragstellerin zu 1) ist mittelbare Mehrheitsgesellschafterin der Antragstellerin zu 2), einer Limited. Die Antragstellerin zu 2) wiederum ist Aktionärin der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin zu 1) ist die Ehefrau von Y, einer Person, die unter Anlage I der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (im Folgenden: Ukraine-VO), gelistet ist.

Der Vorstand der Antragsgegnerin beschloss mit Zustimmung des Aufsichtsrates aus zuvor genehmigtem Kapital eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten. Zugleich wurde bestimmt, dass Y oder mit ihm verbundene Personen nicht an der Bezugskapitalerhöhung teilnehmen können. Außerdem werden ihnen keine Bezugsrechte gewährt.

Die Antragsteller beantragen bei der Deutschen Bundesbank vergeblich eine Befreiung von den sich aus der Ukraine-VO ergebenen Maßnahmen. Zudem verlangten sie von der Antragsgegnerin - ebenso vergeblich - eine Erklärung, dass die Antragstellerin zu 2) von ihren Bezugsrechten in vollem Umfang Gebrauch machen und an der Kapitalerhöhung teilnehmen kann.

Die Antragsteller haben beim LG Hannover per Eilverfahren beantragt, die beschlossene Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten seitens der Antragsgegnerin zu unterlassen oder die Verlängerung der Bezugsfrist aufzuschieben. Der Antrag wurde zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsteller beim OLG Celle.

Entscheidung | OLG Celle 9 W 41/23

Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Den Antragstellern steht ein Anordnungsanspruch mit dem begehrten Inhalt nicht zu.

Für die Antragstellerin zu 1) ergibt sich dies bereits daraus, dass sie nicht Aktionärin der Antragsgegnerin (sondern bloß mittelbare Gesellschafterin) ist. Im Falle einer Kapitalerhöhung steht das Bezugsrecht jedoch ausschließlich Aktionären zu, § 186 Abs. 1 S. 1 AktG. Somit kann auch nur der Aktionär damit im Zusammenhang stehende Ansprüche geltend machen.

Zudem ist bereits aus der Formulierung des Begehrens („die (…) Kapitalerhöhung (…) einstweilen aufzuschieben“) unklar, welchen Inhalt die erstrebte einstweilige Verfügung haben soll. Eine „Aufschiebung“ einer von einer Aktiengesellschaft privatautonom beschlossenen Kapitalerhöhung sieht das Aktiengesetz ebenso wenig vor wie eine (gerichtliche) Verlängerung der Frist für die Ausübung des Bezugsrechts (§ 186 Abs. 1 S. 2 AktG).

Dadurch ist der sich für bezugsberechtigt haltende Aktionär auch nicht rechtslos gestellt; vielmehr kann er seinen vermeintlichen Anspruch durch Klage gegen die Gesellschaft verfolgen.

Praxishinweis | OLG Celle 9 W 41/23

Aktiengesellschaften müssen eine infrage stehende Embargo-Maßnahme nicht berücksichtigen, sofern es um privatautonome gesellschaftsrechtliche Belange geht. Somit besteht für sie eine gewisse Rechtssicherheit. Betroffene Aktionäre sind auf den Klageweg verwiesen.