08.12.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Naumburg
28.02.2025
12 Wx 52/24
RFamU 2025, 501
Liegen die Voraussetzungen des Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB in der ab dem 1. Januar 2024 durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz vor, führt dies nur dazu, dass bestimmte Vorschriften des bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Rechts Anwendung finden. Eine allgemeine Ausnahme von dem Erfordernis der Eintragung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in das Gesellschaftsregister gemäß Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB n.F. wird damit nicht begründet.
In den Grundbüchern von W. sind E. H. und K. Sch. als Gesellschafter einer GbR als Eigentümer mehrerer Teileigentümer eingetragen.
Die Beteiligte zu 1) veräußerte diesen Grundbesitz mit notarieller Urkunde vom 4. Oktober 2023 an den Beteiligten zu 2). Die Urkunde enthält sowohl die Auflassung als auch die Anträge auf Eigentumsumschreibung und Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers.
Auf den Antrag vom 9. Oktober 2023 wurde am 13. Oktober 2023 eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Beteiligten zu 2) eingetragen. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2024 beantragte der Vertreter sodann unter Vorlage der erforderlichen Urkunden die Eigentumsumschreibung.
Das Grundbuchamt wies die Beteiligten mit Zwischenverfügung vom 11. Juli 2024 darauf hin, dass aufgrund des seit 1. Januar 2024 geltenden Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB die Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister Voraussetzung für die beantragte Umschreibung sei, und setzte eine zweimonatige Frist zur Nachreichung des Registernachweises.
Der Verfahrensbevollmächtigte entgegnete, eine solche Voreintragung sei entbehrlich, da nach Art. 229 § 21 Abs. 4 S. 2 EGBGB n.F. die bis zum 31. Dezember 2023 geltende Rechtslage fortbestehe, wenn – wie hier – bereits vor diesem Zeitpunkt eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden sei.
Mit ergänzender Zwischenverfügung vom 25. Juli 2024 hielt das Grundbuchamt dem entgegen, die genannte Übergangsregelung erfasse nur Fälle, in denen eine erwerbende GbR Vormerkungsberechtigte sei. Eine analoge Anwendung des Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB komme nicht in Betracht.
Gegen beide Zwischenverfügungen legte der Verfahrensbevollmächtigte am 22. August 2024 Beschwerde ein. Er machte geltend, Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB sei auch auf die Veräußererseite anzuwenden, da die Vorschrift – durch die in Bezug genommene Fortgeltung der §§ 899 ff. BGB a.F. – erkennbar auf sämtliche vormerkungsgesicherten Vorgänge ausgerichtet sei. Weder Wortlaut noch Systematik unterschieden zwischen veräußernder und erwerbender GbR. Zudem ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, dass die Norm als Spezialregelung zu Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB konzipiert sei, um zu verhindern, dass bereits vor dem Jahreswechsel eingeleitete Eintragungsvorgänge wegen Zeitablaufs scheitern.
Das Grundbuchamt half der Beschwerde mit Verfügung vom 23. August 2024 nicht ab und legte die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.
Das OLG Naumburg wies die Beschwerde zurück. Das Grundbuchamt habe zutreffend festgestellt, dass vor der beantragten Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten zu 2) zunächst die Beteiligte zu 1) in das Gesellschaftsregister einzutragen sei. Gemäß Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB n.F. in der durch das MoPeG seit dem 1. Januar 2024 geltenden Fassung dürften Verfügungen einer GbR über Grundstücke nur eingetragen werden, wenn die Gesellschaft zuvor im Gesellschaftsregister eingetragen sei. Eine nicht registrierte, im Grundbuch eingetragene GbR könne daher ihr Eigentum nach dem 31. Dezember 2023 grundsätzlich nicht übertragen, solange keine Registereintragung erfolgt und das Grundbuch nicht angepasst worden sei (vgl. OLG Celle v. 16.04.2024 – 20 W 23/24, ZPG 2024, 228).
Die gegenteilige Auffassung der Beteiligten, wonach aufgrund einer vor dem 1. Januar 2024 – hier am 13. Oktober 2023 – eingetragenen Auflassungsvormerkung nach Art. 229 § 21 Abs. 4 S. 2 EGBGB n.F. keine Registereintragung erforderlich sei, teilte das Gericht nicht. Zwar sei der Tatbestand der Norm erfüllt, sie verweise jedoch lediglich auf die Fortgeltung der §§ 899a BGB a.F. und 47 Abs. 2 GBO a.F., nicht aber auf das alte materielle Recht insgesamt.
§ 899a BGB a.F. statuiere die Vermutung, dass die im Grundbuch eingetragenen Personen Gesellschafter der GbR seien, und gewähre Gutglaubensschutz nach §§ 892 ff. BGB. Daraus folge jedoch kein Entfallen der Pflicht zur Registereintragung. Gleiches gelte für § 47 Abs. 2 GBO a.F., wonach bei der Eintragung eines Rechts für eine GbR auch ihre Gesellschafter im Grundbuch anzugeben seien. Diese Vorschrift betreffe den Erwerb, nicht jedoch die Verfügung einer eingetragenen GbR. Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB n.F. stelle daher keine lex specialis zu Abs. 1 dar.
Mangels Auslegungsspielraums, so das OLG Naumburg, bestehe auch kein Anlass, Art. 229 § 21 Abs. 4 S. 2 EGBGB n.F. teleologisch oder systematisch zu erweitern. Ebenso scheide eine analoge Anwendung aus. Eine planwidrige Regelungslücke liege nicht vor, da Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB den Grundsatz normiere, dass die Registereintragung jeder grundbuchrechtlichen Verfügung der GbR vorauszugehen habe. Die Absätze 4 und 5 enthielten nur eng begrenzte Übergangstatbestände für bereits vor Inkrafttreten begonnene Erwerbsvorgänge (vgl. BT-Drs. 19/27635, S. 216; BR-Drs. 58/21, S. 247).
Eine Ausdehnung dieser Ausnahmeregelung auf Veräußerungsvorgänge widerspräche dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Eine allgemeine Befreiung von der Registerpflicht habe der Gesetzgeber bewusst nicht vorgesehen, sodass weder eine teleologische Reduktion noch eine Analogie in Betracht komme.
Das OLG Naumburg positioniert sich – ohne ausdrücklichen Hinweis auf abweichende Meinungen – gegen die bislang nahezu einheitliche Auffassung, wonach Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB auch bei der Veräußerung eines Grundstücks durch eine GbR das in Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB vorgesehene Voreintragungserfordernis entfallen lässt (vgl. etwa OLG Düsseldorf v. 24.04.2024 – 3 Wx 25/24, BWNotZ 2024, 273 Rn. 17; BeckOK GBO/Reetz, § 47 Rn. 103; Kratzlmeier, MittBayNot 2025, 307 f.). Diese restriktive Sichtweise wird in der Literatur abgelehnt.
Zwar ordnet Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB ausdrücklich nur die Fortgeltung der Vorschriften § 899a BGB a.F. und § 47 Abs. 2 GBO a.F. an, ohne auf das gesamte bis zum 31.12.2023 geltende Recht zu verweisen. Gleichwohl lässt sich daraus nicht ableiten, dass die Norm ausschließlich Erwerbsvorgänge betrifft. Der Regelungsgehalt des Absatzes 4 ist nicht derart eindeutig, dass eine Beschränkung auf die erwerbende GbR zwingend wäre.
Entgegen der Ansicht des OLG kann daher im Anwendungsbereich von Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB das Voreintragungserfordernis nach Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB nicht erneut aktiviert werden. Die Vorschrift begründet vielmehr eine grundsätzliche Ausnahme von diesem Erfordernis. Dafür sprechen sowohl ihre systematische Einordnung innerhalb des Art. 229 § 21 EGBGB als auch die Gesetzesmaterialien zum MoPeG (BT-Drs. 19/27635, 108, 113, 193 f., 206), aus denen hervorgeht, dass die Fortgeltung der genannten Normen ein eigenständiges, vom neuen Registersystem bewusst abgegrenztes Regelungsmodell darstellt. Folglich ist für die Anwendung des neuen Voreintragungsregimes – sei es in Gestalt des § 47 Abs. 2 GBO n.F. für Erwerber oder des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB für Veräußerer – kein Raum.
Dabei wird auf die Entscheidung des BGH v. 3. Juli 2025 – V ZB 17/24 (DStR 2025, 2326) verwiesen, in der die Voraussetzungen des Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB im Rahmen der Prüfung des Abs. 1 behandelt werden und wohl von einer Nichtanwendbarkeit des Voreintragungserfordernisses im Anwendungsbereich des Absatzes 4 ausgegangen wird.
Zweifelhaft ist zudem die Annahme des OLG Naumburg, eine teleologische oder systematische Auslegung sei wegen des vermeintlich klaren Wortlauts entbehrlich. Selbst bei scheinbar eindeutiger Normierung ist nach ständiger Auslegungslehre stets der gesetzgeberische Wille maßgeblich (vgl. MüKoBGB/Säcker, 10. Aufl. 2025, Einl. BGB Rn. 172, 176).
Schließlich bleibt für die die Praxis darauf hinzuweisen, dass Gesellschafter einer erwerbenden GbR regelmäßig gut beraten sind, ihre Gesellschaft ungeachtet eines gesetzlichen Erfordernisses in das Gesellschaftsregister eintragen zu lassen. Denn auch wenn nach Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB vorübergehend noch eine Eintragung nach altem Recht zulässig ist, wird die Eintragung nach neuem Recht spätestens bei künftigen Eintragungen, die das betroffene Recht oder eine Gesellschafteränderung betreffen (Art. 229 § 21 Abs. 1 und 2 EGBGB), zwingend erforderlich.