13.08.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
LG Hamburg
23.01.2025
319 O 119/24
NJW-Spezial 2025, 199
Bei der schriftlichen Honorarvereinbarung eines Erbenermittlers mit dem Erben des Inhalts, dass der Erbenermittler „bei Auszahlung der Erbschaft berechtigt ist, von der auszahlenden Stelle das Honorar anzufordern bzw. einzuziehen“, können Teilzahlungen bei schrittweiser Aushändigung des Nachlasses an den Erben nicht verlangt werden.
Die Klägerin, ein international tätiges Erbenermittlungsunternehmen, verlangt von der Beklagten ein Erfolgshonorar in Höhe von rund 2,5 Mio. €, basierend auf einer Honorarvereinbarung. Die Klägerin hatte die Beklagte als gesetzliche Alleinerbin einer in Italien verstorbenen Frau ermittelt, ihr dies mitgeteilt und anschließend ein Treffen zur Vertragsunterzeichnung arrangiert. Die Vereinbarung sah ein Erfolgshonorar von insgesamt 5,95 % des ausbezahlten Nachlassvermögens vor. Die Klägerin koordinierte über einen Bevollmächtigten vor Ort in Italien auch die wirtschaftliche Nachlassabwicklung, einschließlich der Beantragung des Erbscheins, des Verkaufs von Vermögensgegenständen und der Nachlassverwertung.
Nach Klärung der Erbfolge erfuhr die Klägerin von einem Bankvermögen in Höhe von über 42 Mio. € bei einer Bank in Luxemburg. Die Beklagte ließ sich sodann durch einen eigenen Anwalt vertreten, widerrief sämtliche Vollmachten der Klägerin und verweigerte die Zahlung des vereinbarten Honorars. Zur Begründung führte sie unter anderem an, sie sei bei Vertragsschluss nicht hinreichend aufgeklärt worden und habe die Tragweite der Vereinbarung nicht verstanden. Die Formulierungen im Vertrag seien unklar und teilweise nicht nachvollziehbar – insbesondere der Verweis auf ein zusätzliches, nicht näher bezeichnetes Erfolgshonorar eines „Bevollmächtigten“. Zudem habe die Klägerin den wahren Nachlasswert zunächst mit 3 Mio. € deutlich zu niedrig angegeben. Auch seien die Fälligkeit des Honorars sowie der Umfang der tatsächlich abgewickelten Nachlassmasse streitig – insbesondere, ob das Bankvermögen bereits vollständig ausbezahlt wurde oder ob noch Teile des Nachlasses offenstehen, etwa aus Immobilien, Kunstgegenständen oder Schmuck. Schließlich bestreitet die Beklagte, ein Nachlassverzeichnis erhalten zu haben, und verweist auf steuerliche Unklarheiten sowie auf mögliche Verbindlichkeiten, etwa aus rückständigen Mieten.
Die Klägerin argumentiert, sie habe sämtliche Leistungen erbracht, die zur Ermittlung der Erbin und zur Nachlassabwicklung erforderlich gewesen seien. Die Fälligkeit ihres Anspruchs sei eingetreten, da die Beklagte Zugriff auf das Nachlassvermögen gehabt und es sogar – nach eigenen Angaben – auf eine Stiftung übertragen habe. Zudem stehe ihr bereits auf Basis der schrittweisen Nachlassauskehr ein Teilzahlungsanspruch zu. Ein Rücktrittsrecht oder eine Anfechtung seien ausgeschlossen, zumal die Beklagte mehrfach über Art, Umfang und Inhalt der Vereinbarung aufgeklärt worden sei. Die Klägerin verlangt neben dem Honorar auch die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von rund 18.000 €.
Zunächst war ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte ergangen, da diese auf die Klage nicht reagiert hatte. Nach Einspruch wird die Sache nun vor dem LG Hamburg weiterverhandelt.
Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 19.06.2024 ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das LG Hamburg stellt klar, dass ein etwaiger Honoraranspruch der Klägerin derzeit nicht fällig ist. Nach der vertraglichen Regelung in Ziffer 2 der Vereinbarung ist das Honorar erst „mit Auszahlung der Erbschaft an die Erbin“ fällig – gemeint ist damit die vollständige Auskehrung des gesamten Nachlasses oder zumindest dessen Auszahlungsreife. Dass dies bereits eingetreten ist, hat die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Insbesondere wurde kein Nachweis erbracht, dass sämtliche Nachlasswerte – etwa aus dem Schmuckverkauf oder aus der Immobilie in Mailand – tatsächlich an die Beklagte übertragen wurden oder keine weiteren Nachlassgegenstände mehr existieren.
Ein Anspruch auf Teilzahlungen lässt sich aus dem Vertrag nicht herleiten. Die Honorarvereinbarung enthält keine Regelung über Abschläge oder Teilbeträge, sondern spricht nur vom „Erfolgshonorar“ als Gesamtbetrag. Auch die vertraglich vorgesehene Möglichkeit der Klägerin, ihr Honorar bei Auszahlung „von der auszahlenden Stelle“ einzuziehen, rechtfertigt nicht die Annahme einer schrittweisen Fälligkeit. Zudem stellen angebliche mündliche Erklärungen von Mitarbeitern der Klägerin über Teilentnahmen keine vertragliche Vereinbarung dar.
Die Klägerin hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass der Nachlass vollständig an die Beklagte ausgekehrt wurde. Es fehlen konkrete Angaben oder Beweismittel zum Verbleib der Immobilie in Mailand, zur Eigentumseintragung, zu Erlösen aus Schmuckverkäufen oder zu weiteren Nachlasswerten wie Kunstgegenständen oder Konten. Auskünfte wären der Klägerin über ihren italienischen Kooperationspartner oder gegenüber der Beklagten möglich gewesen. Auch die Behauptung, die Berufung der Beklagten auf fehlende Fälligkeit sei treuwidrig, überzeugt das Gericht nicht. Es fehle an konkreten Anhaltspunkten, dass die Beklagte bewusst die Auszahlung verhindert habe.
Darüber hinaus bestehen Zweifel an der Höhe des geltend gemachten Anspruchs. Selbst nach Darstellung der Klägerin bemisst sich das Honorar nach dem Nettonachlasswert, also unter Abzug sämtlicher Verbindlichkeiten und Erbschaftssteuern. Dass der Nettonachlass tatsächlich den Betrag übersteigt, auf den die Klägerin ihre Forderung stützt, wurde nicht nachvollziehbar dargelegt oder belegt. Eine prüfbare Aufstellung oder Abrechnung des Nachlasses liegt nicht vor, sodass die Beklagte die Höhe der Forderung nicht überprüfen kann.
Roth weist darauf hin, dass das LG im Urteil Bedenken hinsichtlich der Anspruchshöhe geäußert hat. Entscheidend sei, dass die Berechnungsgrundlage – hier ein angeblicher Nettonachlass von rund 42,5 Mio. EUR – nicht durch ein Bestandsverzeichnis oder eine nachvollziehbare Aufstellung belegt wurde. Für Roth ist bemerkenswert, dass ein professioneller Erbenermittler es versäumt, die Voraussetzungen für den eigenen Honoraranspruch nachvollziehbar darzulegen und eine belastbare Grundlage für die Vergütung zu liefern (Roth, in (NJW-Spezial 2025, 199, beck-online).
Daneben ist es besonders wichtig, dass Honorarvereinbarungen klare und eindeutige Regelungen zur Fälligkeit der Vergütung enthalten. Unklarheiten bei der Auslegung, wann genau das Honorar zu zahlen ist, führen häufig zu Streitigkeiten und Verzögerungen bei der Auszahlung. Daher sollte vertraglich ausdrücklich festgelegt werden, ob und in welchem Umfang Teilzahlungen oder Abschlagszahlungen zulässig sind. Fehlt eine solche Regelung, grundsätzlich eine vollständige Auszahlung des Nachlasses Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütung. Besonders bei gestaffelten oder schrittweisen Auszahlungen des Nachlasses empfiehlt es sich daher, eine klare und verbindliche Teilzahlungsregelung zu vereinbaren, die die Höhe und den Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen eindeutig definiert. Dies schafft Rechtssicherheit für beide Vertragsparteien und beugt langwierigen Auseinandersetzungen vor.