25.08.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG München
23.07.2024
34 Wx 167/24 e
ZIP 2024, 1894
Im zugrunde liegenden Fall war im Grundbuch ein Grundstück im Eigentum einer GbR eingetragen, bestehend aus dem Beteiligten zu 1) sowie M. R. und H. R. Mit notariellen Verträgen vom 19. Juli 2018 und 8. November 2018 veräußerte der Beteiligte zu 1) seine Anteile an der GbR sowie den näher bezeichneten Grundbesitz an seine drei Kinder, die Beteiligten zu 2) bis 4), zu jeweils 20 %. Nach Vollzug der Urkunden sollte der Beteiligte zu 1) weiterhin zu 40 % beteiligt bleiben, während seine Kinder jeweils 20 % hielten. Alle Vertragsparteien beantragten in der Urkunde die entsprechende Berichtigung des Grundbuchs, wobei der Notar darauf hinwies, dass hierfür ein Antrag aller Gesellschafter erforderlich sei.
Nach dem Tod der Gesellschafterin M. R. am 7. Oktober 2021 wurden deren Rechtsnachfolger W. R. und D. R. als neue Gesellschafter in das Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2023 reichte der Urkundsnotar die notariellen Verträge sowie notariell beglaubigte Berichtigungsanträge aller Beteiligten einschließlich H. R., W. R. und D. R. beim Grundbuchamt ein. Daraus ergab sich der Antrag, das Grundbuch dahingehend zu berichtigen, dass künftig W. R., D. R., H. R. sowie die Beteiligten zu 1) bis 4) als Gesellschafter der GbR Eigentümer des Grundstücks sind. Die Unterlagen wurden am 2. Januar 2024 beim Grundbuchamt mit Zeitstempel 9:00 Uhr versehen.
Mit Zwischenverfügung vom 22. Februar 2024 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass der Antrag nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) am 1. Januar 2024 eingegangen sei. Gemäß Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB setze eine Eintragung nun voraus, dass die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen und im Grundbuch als eingetragene GbR bezeichnet werde. Es sei daher zunächst ein Antrag auf Berichtigung nach erfolgter Registereintragung zu stellen. Zugleich wurde die Rücknahme des Antrags nahegelegt.
Gegen diese Auffassung legte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 3. Juni 2024 namens der Beteiligten Beschwerde ein. Er argumentierte, dass die Unterlagen möglicherweise bereits am 31. Dezember 2023 – etwa über den Nachtbriefkasten – beim AG eingegangen seien. Ein möglicher Zweifel darüber dürfe nicht zulasten der Antragsteller gehen. Für die Anwendbarkeit des MoPeG sei nicht der Eingang beim Grundbuchamt gemäß § 13 GBO, sondern der Zugang beim AG maßgeblich. Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB knüpfe nicht an die Antragsreihenfolge, sondern an das Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2024 an.
Das Grundbuchamt half der Beschwerde mit Beschluss vom 12. Juni 2024 nicht ab. Es stellte klar, dass in Grundbuchsachen allein der Eingang beim zuständigen Präsentationsbeamten – hier am 2. Januar 2024 um 9:00 Uhr – gemäß § 13 Abs. 2 GBO entscheidend sei. Ein früherer Zugang, etwa über den Nachtbriefkasten, lasse sich nicht feststellen.
Das OLG München entschied, dass die Beschwerde zulässig und begründet ist.
Die Zwischenverfügung des Grundbuchamts erweist sich bereits aus formellen Gründen als rechtswidrig und ist daher aufzuheben. Das Grundbuchamt hätte – ausgehend von seiner eigenen Rechtsauffassung, dass eine Eintragung der Gesellschaft zunächst ins Gesellschaftsregister und sodann ins Grundbuch erforderlich sei – den Antrag gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 GBO nicht durch Zwischenverfügung beanstanden dürfen, sondern unmittelbar zurückweisen müssen. Eine Zwischenverfügung setzt voraus, dass ein Eintragungshindernis vorliegt, das durch nachträgliche Maßnahmen mit rückwirkender Kraft beseitigt werden kann. Dies war hier nicht der Fall.
Nach der Rechtsauffassung des Grundbuchamts ist auf die seit dem 1. Januar 2024 geltende Rechtslage abzustellen. Danach ist gemäß Art. 229 § 21 Abs. 2 S. 1 EGBGB eine Berichtigung des Gesellschafterbestands einer GbR, die nach § 47 Abs. 2 GBO a.F. eingetragen wurde, grundsätzlich nicht mehr möglich. Vielmehr verweist Art. 229 § 21 Abs. 2 S. 2 EGBGB auf die Pflicht zur Grundbuchberichtigung gemäß § 82 GBO, wobei eine Berichtigung durch Eintragung der Gesellschaft als eingetragene GbR (eGbR) vorzunehmen ist (Wilsch, MittBayNot 2023, 457 [462]). Einem Antragsteller kann jedoch nicht im Wege der Zwischenverfügung auferlegt werden, einen gänzlich anderen Eintragungsantrag – nämlich die Eintragung einer eGbR – zu stellen. Denn wenn ein Antrag angesichts der maßgeblichen Rechtslage von vornherein nicht zur beantragten Eintragung führen kann, ist für eine Zwischenverfügung kein Raum (Demharter, GBO, 33. Aufl., § 18 Rn. 29 m.w.N.; OLG München v. 30.9.2016 – 34 Wx 339/16, BeckRS 2016, 17433).
Da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens allein die Zwischenverfügung ist, kann der Senat keine Sachentscheidung über den Eintragungsantrag selbst treffen (vgl. BGH v. 13.10.2016 – V ZB 98/15, NJW 2017, 1811 m. Anm. Kesseler). Für das weitere Verfahren ist – ohne Bindungswirkung – auf Folgendes hinzuweisen: Nach Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB dürfen seit dem 1. Januar 2024 keine Eintragungen von Rechten zugunsten einer GbR im Grundbuch erfolgen, solange diese nicht im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Art. 229 § 21 Abs. 2 S. 1 EGBGB stellt darüber hinaus klar, dass eine Berichtigung einzelner Gesellschaftereintragungen nicht mehr zulässig ist, wenn deren Unrichtigkeit auf einem Gesellschafterwechsel beruht. In solchen Fällen ist eine (Vor-)Eintragung der GbR als eGbR im Gesellschaftsregister erforderlich, gefolgt von der entsprechenden Berichtigung im Grundbuch (Reetz in Hügel, GBO, 5. Aufl., § 47 Rn. 98).
Gemäß Art. 229 § 21 Abs. 4 S. 1 EGBGB bleibt das alte Recht jedoch anwendbar, wenn vor dem 1. Januar 2024 sowohl die dingliche Einigung bzw. Bewilligung erklärt als auch der Eintragungsantrag beim Grundbuchamt gestellt wurde. Im vorliegenden Fall datieren die Bewilligungserklärungen zweifellos aus dem Jahr 2018, jedoch wurde der Antrag laut Eingangsstempel des AG erst am 2. Januar 2024 gestellt. Der Eingangsstempel begründet gemäß § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis für die bezeugte Tatsache (BGH v. 17.2.2012 – V ZR 254/10, NJW-RR 2012, 701). Ein Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO wurde nicht geführt. Insbesondere fehlt ein schlüssiger Vortrag der Beteiligten dazu, wann und in welcher Form der Antrag tatsächlich an das AG gelangt sein soll. Die bloße Annahme des Notars, er gehe von einem Zugang im Jahr 2023 aus, genügt hierfür nicht.
Unabhängig davon kommt es entscheidend darauf an, wann der Antrag bei einer zur Entgegennahme zuständigen Person des Grundbuchamts eingegangen ist (§ 13 Abs. 2 S. 2 GBO). Art. 229 § 21 Abs. 4 S. 1 EGBGB stellt ausdrücklich nicht auf den allgemeinen Eingang beim AG ab, sondern darauf, wann „der Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt gestellt wurde“. Der Antrag auf Grundbuchvollzug ist das an das Grundbuchamt gerichtete Begehren, eine Eintragung oder eine gleichwertige Verfahrenshandlung vorzunehmen. Mit dem Antrag wird die Verfahrensanhängigkeit beim Grundbuchamt begründet; er bestimmt die Reihenfolge der Eintragungsvorgänge und entfaltet auch materiellrechtliche Wirkungen – etwa die Unwiderruflichkeit der Einigung (§ 873 Abs. 2 BGB) sowie die Neutralisierung eines zwischenzeitlichen Verlustes der Verfügungsbefugnis (§ 878 BGB) (vgl. Reetz in Hügel, GBO, 5. Aufl., § 13 Rn. 13 ff.; Schaub in Bauer, GBO, 5. Aufl., § 13 Rn. 69 ff.; Lettmaier in MüKoBGB, 9. Aufl., § 878 Rn. 25; Kesseler in BeckOGK BGB, Stand 1.5.2023, § 878 Rn. 34).
Der Gesetzgeber hat mit Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB den Schutzzweck des § 878 BGB übernommen, um zu vermeiden, dass bereits begonnene Eintragungsverfahren durch das Inkrafttreten des MoPeG unterbrochen oder vereitelt werden. Bereits erklärte dingliche Erklärungen sollen nicht nutzlos werden, nur weil die Eintragung formal noch nicht erfolgt ist (BT-Drs. 19/27635, 219). Daraus folgt jedoch nicht, dass die Regelung auch dann greift, wenn bis zum Stichtag überhaupt kein Antrag im Sinne von § 13 Abs. 2 GBO gestellt wurde. Das Eintragungsverfahren beginnt erst mit dem Eingang bei einer zur Entgegennahme zuständigen Person des Grundbuchamts. Erst dann ist der Antrag im Sinne des Gesetzes gestellt (OLG München v. 15.1.2019 – 34 Wx 367/18, FGPrax 2019, 61 [62]; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 13 Rn. 23). Ein bloßer Zugang beim AG oder Einwurf in den Nachtbriefkasten genügt daher nicht (Dressler-Berlin, Rpfleger 2023, 710 [717]). Vorliegend wurde der Antrag unstreitig erst am 2. Januar 2024 wirksam gestellt; damit fehlt es an den Voraussetzungen für die Anwendung der Übergangsregelung des Art. 229 § 21 Abs. 4 S. 1 EGBGB.
Nachvollziehbar und zutreffend ist laut Ante die Ansicht des OLG München, wonach für die Anwendung der Übergangsregelung in Art. 229 § 21 Abs. 4 S. 1 EGBGB nicht der Eingang des Antrags beim AG, sondern der Zeitpunkt maßgeblich ist, zu dem der Antrag bei einer zur Entgegennahme befugten Person des Grundbuchamts eingeht – wie es § 13 Abs. 2 S. 2 GBO vorsieht. Im Grundbuchverfahren kommt es grundsätzlich nicht auf den allgemeinen Eingang beim AG an, sondern ausschließlich auf die formgerechte Antragstellung beim Grundbuchamt. Für eine abweichende Auslegung speziell im Zusammenhang mit Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB gibt auch die Gesetzesbegründung keinerlei Anhaltspunkte.
Allerdings vertritt das OLG München mit der weiteren Einschätzung, die genannte Übergangsvorschrift sei auch auf Fälle der Berichtigung des Gesellschafterbestands einer GbR anwendbar, eine von der Rechtsprechung des OLG Frankfurt a. M. abweichende Auffassung. Dieses hatte sowohl eine unmittelbare als auch eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Grundbuchberichtigungsanträge im Fall eines Gesellschafterwechsels ausdrücklich abgelehnt (Ante in GWR 2025, 13, beck-online).