OLG Köln 24 U 32/24
Unwirksamkeit eines Maklerlohnanspruchs wegen Einordnung der Immobilie als Einfamilienhaus

22.08.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Köln
04.09.2024
24 U 32/24
BeckRS 2024, 23023

Leitsatz | OLG Köln 24 U 32/24

  1. Maßgeblich für die rechtliche Einordnung einer Immobilie als Ein- oder Zweifamilienhaus ist die objektive Nutzung und Erscheinung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nicht die ursprüngliche Bauweise oder subjektive Nutzungsabsicht der Parteien.
  2. Wird eine Immobilie im Exposé widersprüchlich beschrieben (z. B. als Einfamilienhaus trotz angeblich zweigeteilter Nutzung), geht dies zu Lasten des Maklers, insbesondere wenn gesetzliche Verbraucherschutzvorschriften gelten.
  3. Schließt ein Verbraucher den Maklervertrag im Wege des Fernabsatzes, beginnt die Widerrufsfrist nur bei ordnungsgemäßer Belehrung. Kann der Makler eine solche Belehrung nicht nachweisen, bleibt der Widerruf auch nach Fristablauf wirksam.
     

Sachverhalt | OLG Köln 24 U 32/24

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung eines Maklerhonorars in Höhe von 32.844 Euro. Das LG Bonn hat die Klage mit Urteil vom 29. Februar 2024 abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, dass zwar ein Maklervertrag mit beiden Beklagten zustande gekommen sei und die Klägerin den Nachweis der Gelegenheit zum Vertragsschluss im Sinne des § 652 Abs. 1 S. 1 BGB erbracht habe. Dennoch sei der Provisionsanspruch nach den Vorschriften der §§ 656a bis 656d BGB unwirksam. Dies deshalb, weil die Beklagten als Verbraucher gehandelt und ein Einfamilienhaus erworben hätten. Zwar sei die Immobilie ursprünglich als Zweifamilienhaus geplant gewesen, sie sei jedoch unstreitig als Einfamilienhaus nutzbar und werde auch so genutzt. Maßgeblich sei der objektive Eindruck zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nicht die ursprüngliche bauliche Konzeption.

Außerdem sei die Klägerin auf Veranlassung des Verkäufers tätig geworden und habe gleichzeitig gegenüber den Beklagten Maklertätigkeiten entfaltet, ohne jedoch eine Provision vom Verkäufer zu verlangen. Eine einseitige Provisionsforderung sei nach § 656c Abs. 2 S. 1 BGB unzulässig. Zudem genüge der Maklervertrag mit dem Beklagten zu 1) nicht der Textform nach § 656a BGB. Der Beklagte zu 2) habe den Maklervertrag wirksam widerrufen können. Es handelte sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312c BGB, und die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie über das Widerrufsrecht belehrt habe. Daher sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter. Sie trägt vor, dass sie die Immobilie auf „Immobilienscout24“ unter der Bezeichnung „Zweifamilienhaus“ angeboten habe, jedoch die Plattform nur die Kategorie „Einfamilienhaus“ zur Auswahl biete. Eine Widerrufsbelehrung sei über das Portal automatisch erfolgt und von den Beklagten beim Besichtigungstermin bestätigt worden. Außerdem sei bewiesen, dass es sich baulich tatsächlich um ein Zweifamilienhaus gehandelt habe – mit zwei getrennten Wohneinheiten, separaten Eingängen, Stromkreisen, Küchen und Bädern. Dass das Haus zuletzt nur von einem Bewohner genutzt wurde, ändere nichts an der objektiven Beschaffenheit. Die Beklagten hätten nicht offengelegt, dass sie das Haus nur zu eigenen Wohnzwecken nutzen wollten, und sie könnten nun nicht im Nachhinein einen privaten Erwerbszweck geltend machen, um sich der Provisionszahlung zu entziehen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen, und verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Sie betonen, dass sie die Immobilie ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken nutzen und dies auch von Anfang an geäußert hätten. Das Gebäude habe sich bei der Besichtigung als Einfamilienhaus präsentiert. Es habe keine vollständig getrennten Wohneinheiten gegeben, keine separaten Eingänge, keine zweite Stromversorgung oder Briefkästen. Für die rechtliche Einordnung als Einfamilienhaus komme es auf die tatsächliche Nutzung und die äußere Erscheinung an. Sie hätten ihr Widerrufsrecht zudem wirksam ausgeübt, da sie über ihr Widerrufsrecht nicht belehrt worden seien – weder über das Immobilienportal, per E-Mail noch bei der Besichtigung. Daher habe die 14-tägige Widerrufsfrist nicht begonnen.

Entscheidung | OLG Köln 24 U 32/24

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das OLG Köln bestätigt im Beschluss vom 04. September 2024 seine frühere Einschätzung aus dem Hinweisbeschluss vom 06. August 2024: Für die Frage, ob es sich bei der Immobilie um ein Ein- oder Zweifamilienhaus handelt, ist entweder der Erwerbszweck oder eine objektive Betrachtung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Selbst nach dem von der Klägerin befürworteten objektiven Maßstab lag ein Einfamilienhaus vor.

Die Klägerin argumentiert zwar, dass sie das Objekt als „Zweifamilienhaus“ beworben habe, habe aber im Exposé selbst das Wort „Einfamilienhaus“ verwendet – nicht nur in der Rubrik „Haustyp“, sondern auch im Fließtext. Eine Erklärung für diesen Widerspruch liefert sie nicht. Aus dem Exposé und den beigefügten Fotos ergibt sich vielmehr der Eindruck eines Einfamilienhauses. Auch wenn es keine gesetzliche Vorgabe zur Gestaltung eines Exposés gibt, hätte die Klägerin bei der Bewerbung einer Immobilie mit zwei Wohnungen diese konkret beschreiben müssen. Stattdessen ist dort nur von einem freistehenden Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, einer Gesamtfläche von 270 qm, vier Schlafzimmern und drei Bädern auf drei Ebenen die Rede. Dies vermittelt dem Leser das Bild eines Einfamilienhauses. Daran ändern auch Fotos eines Treppenhauses nichts, da solche auch in Einfamilienhäusern üblich sind. Der Hinweis, eine Einliegerwohnung stehe der Einordnung als Einfamilienhaus nicht entgegen, wurde der Klägerin bereits im Hinweisbeschluss gegeben (vgl. Hinweisbeschluss vom 06.08.2024, S. 3).

Gerade weil für Maklerverträge über Einfamilienhäuser strengere gesetzliche Vorgaben gelten, hätte die Klägerin für Klarheit sorgen müssen. Stattdessen enthält das Exposé – abgesehen von der Überschrift – keine eindeutigen Hinweise auf ein Zweifamilienhaus, auch nicht in den von der Klägerin später eingereichten Versionen (Anlage B4 zur Klageerwiderung vom 19.06.2023, Bl. 194 ff. LGA; Anlage BK1, Bl. 181 ff. d.A.). Auch die Aussage im Exposé, das Haus biete Platz für die Familie, als Generationenhaus oder zur Untervermietung, lässt eher auf ein Einfamilienhaus mit flexibler Nutzung schließen und nicht eindeutig auf ein Zweifamilienhaus.

Auch bei der Besichtigung wurde der durch das Exposé vermittelte Eindruck eines Einfamilienhauses nicht korrigiert. Dass es ein abgetrenntes Treppenhaus oder zwei Türklingeln gab oder die Möglichkeit bestand, im Obergeschoss eine Küche zu installieren, genügt nach Ansicht des Senats nicht. Es überwogen Details, die für ein Einfamilienhaus sprechen. Auf diese hatte der Senat bereits im Hinweisbeschluss hingewiesen.

Auch das von der Klägerin angeführte Urteil des OLG Hamm vom 18. März 2024 (18 U 80/23 = BeckRS 2024, 8017) hilft ihr nicht weiter. Dieses stellt auf den tatsächlichen Zustand der Immobilie im Kaufzeitpunkt ab. Genau danach sei hier ein Einfamilienhaus gegeben: Das Gebäude wurde seit dem Bau von einer Familie als Einfamilienhaus genutzt, die Beklagten haben es in diesem Zustand übernommen. Es war nur ein Stromzähler vorhanden, eine Küche existierte nur im Erdgeschoss, im Obergeschoss nur ungenutzte Anschlüsse. Auch der von der Klägerin aufgeworfene Einwand, ein Makler müsse schon zu Beginn wissen, wie die Immobilie rechtlich einzuordnen sei, greift hier nicht, da es im vorliegenden Fall keine Unsicherheiten in der Nutzung oder Erscheinung des Objekts gab.

Der Senat geht weiter davon aus, dass die Beklagten das Haus tatsächlich als Einfamilienhaus nutzen wollten. Die Klägerin hat selbst keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Beklagten eine Nutzung als Zweifamilienhaus beabsichtigten. Vielmehr lebten die Beklagten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (von der Klägerin irrtümlich als Ehegemeinschaft bezeichnet), und es sei wenig plausibel, dass sie je eine getrennte Nutzung zweier Wohnungen geplant hätten.

Schließlich hält das Gericht auch an seiner Einschätzung fest, dass die Berufung zurückzuweisen ist, da die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 - 4 ZPO weiterhin vorliegen.

Praxishinweis | OLG Köln 24 U 32/24

Die Entscheidung des OLG Köln verdeutlicht die weitreichenden Konsequenzen der Verbraucherschutzvorschriften der §§ 656a - 656d BGB für Maklerverträge über Einfamilienhäuser. Maßgeblich für die Einordnung einer Immobilie ist nicht die ursprüngliche Bauweise oder bloße Bezeichnung im Exposé, sondern der objektive Nutzungszustand im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Makler sind daher gut beraten, die tatsächliche Nutzung und äußere Erscheinung der Immobilie sorgfältig zu prüfen und transparent im Exposé darzustellen. Wird ein Objekt als Einfamilienhaus genutzt und erscheint es auch so, finden die gesetzlichen Schutzvorschriften Anwendung – einschließlich der Textformanforderung (§ 656a BGB) und der Pflicht zur Provisionsverteilung bei Doppeltätigkeit (§ 656c BGB). Zudem sollten Makler bei Fernabsatzsituationen eine dokumentierte und rechtssichere Widerrufsbelehrung sicherstellen, da andernfalls das Widerrufsrecht des Verbrauchers auch nach Ablauf der 14-Tages-Frist ausgeübt werden kann. Die Entscheidung unterstreicht, dass formale und inhaltliche Sorgfalt bei der Maklervertragsgestaltung unerlässlich ist, um Honorarausfälle zu vermeiden.