BGH I ZR 138/24
Unzulässige Provisionsabwälzung in der Wohnimmobilienvermittlung – Rechtsrahmen und Folgen des § 656d Abs. 1 S. 1 BGB

12.05.2025

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
06.03.2025
I ZR 138/24
NZM 2025, 306

Leitsatz | BGH I ZR 138/24

Amtliche Leitsätze:

  1. § 656d Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen der Parteien des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus untereinander, sondern jegliche Art vertraglicher Vereinbarungen, durch die unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch des Maklers auf Zahlung oder Erstattung von Maklerlohn gegenüber der Partei begründet wird, die nicht Partei des Maklervertrags ist.
  2. Haben sich die Käufer im Innenverhältnis zur Verkäuferin verpflichtet, den Maklerlohn in voller Höhe zu bezahlen, bleibt die Verkäuferin als die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, nicht im Sinne des § 656d Abs. 1 Satz 1 BGB zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet.
  3. Eine Vereinbarung, die gegen § 656d BGB verstößt, ist nichtig. Eine geltungserhaltende Reduktion mit der Folge, dass die andere Partei zur Zahlung des hälftigen Maklerlohns verpflichtet bleibt, findet nicht statt. 
     

Sachverhalt | BGH I ZR 138/24

Im Jahr 2021 interessierten sich die Kläger für ein Hausgrundstück, dessen Verkauf durch eine Maklerin im Auftrag der Verkäuferin vermittelt wurde. Im Exposé wurde das Objekt mit einem Preis von 397.500 EUR angeboten und betont, dass keine Käuferprovision anfalle. Später einigten sich die Vertragsparteien auf einen Kaufpreis von zunächst 395.000 EUR, dann 370.000 EUR, wobei Letzteres die Maklerprovision der Verkäuferin kompensieren sollte. In einer schriftlichen Vereinbarung vom 26.07.2021 erklärten sich die Kläger bereit, der Maklerin 25.000 EUR Honorar zu zahlen, welche am Tage der Beurkundung fällig waren. Nach der Vertragsunterzeichnung kamen die Kläger dieser Zahlungspflicht nach, forderten den entsprechenden Betrag jedoch später gerichtlich zurück.

Das LG Bonn gab der Klage – ausgenommen der Anwaltskosten – statt. In der Berufung erkannte das OLG Köln zwar keinen Maklervertrag an, sah aber in der Vereinbarung vom 26.07.2021 eine Abrede über Maklerkosten gemäß § 656d BGB, gegen die insofern verstoßen wurde, als die Käufer die volle Provision tragen sollten. Daher sei die Vereinbarung teilweise unwirksam, aber auf den hälftigen Betrag von 12.500 EUR zu reduzieren. Beide Seiten legten gegen dieses Urteil Revision ein. 

Entscheidung | BGH I ZR 138/24

Der BGH hielt zwar beide Revisionen für zulässig und stellte fest, dass nur die des Klägers Erfolg hat. Damit galt wieder die ursprüngliche Entscheidung des LG, während die der Beklagten scheiterte. Das Berufungsurteil ist demnach auf die Revision der Kläger aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG zurückzuweisen. Die Revision der Beklagten ist zurückzuweisen. 

Das Berufungsgericht hatte zutreffend erkannt, dass die Vereinbarung vom 26. Juli 2021 über die Zahlung eines Maklerlohns in Höhe von 25.000 Euro durch die Käufer an die Maklerin gegen § 656d Abs. 1 S. 1 BGB verstößt. Die Vorschrift erfasst nicht nur Absprachen zwischen Käufer und Verkäufer, sondern auch jede andere vertragliche Konstruktion – wie etwa Schuldübernahmen, Schuldbeitritte oder Erfüllungsübernahmen –, durch die ein Anspruch des Maklers gegenüber der nicht vertragsgebundenen Partei begründet wird (vgl. RegE, BT-Drs. 19/15827, 20; MüKoBGB/Althammer, § 656d Rn. 9; Staudinger/Arnold, § 656d Rn. 3).

Im konkreten Fall hatten die Käufer zwar keinen eigenen Vertrag mit der Maklerin abgeschlossen, wurden aber im Ergebnis vollständig zur Zahlung des Maklerlohns verpflichtet. Auch wenn die Verkäuferin formell nicht von ihrer Verpflichtung gegenüber der Maklerin entbunden wurde, waren die Käufer im Innenverhältnis verpflichtet, diese Zahlung in voller Höhe zu leisten. Damit war die Voraussetzung des § 656d Abs. 1 S. 1 BGB, wonach die beauftragende Partei weiterhin mindestens zur Hälfte des Maklerlohns verpflichtet bleiben muss, nicht erfüllt (vgl. jurisPK-BGB/Würdinger, § 656d Rn. 3).

Das Gericht stellte außerdem klar, dass es sich nicht etwa um eine Direktzahlungsvereinbarung handelte, bei der ein Teil des Kaufpreises direkt an den Makler gezahlt wird, um eine Verpflichtung des Verkäufers zu erfüllen. Vielmehr wurde durch die separate Vereinbarung eine eigenständige Zahlungsverpflichtung der Käufer gegenüber der Maklerin begründet – ohne dass dies Teil des notariell beurkundeten Kaufpreises war, was zusätzlich gegen Formvorschriften und steuerliche Vorschriften gesprochen hätte. Auch der Umstand, dass der ursprüngliche Kaufpreis vor der Provisionsvereinbarung höher lag, führt nicht dazu, dass die Zahlung an den Makler als Teil dieses Kaufpreises behandelt werden könnte.

Besonders hebt der BGH die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 656d Abs. 1 S. 1 BGB hervor, denn eine solche Vereinbarung ist insgesamt nichtig. Anders als das Berufungsgericht zunächst angenommen hatte, ist eine geltungserhaltende Reduktion – also die Umdeutung der Vereinbarung in eine hälftige Zahlungsverpflichtung – unzulässig. Eine Vereinbarung, die die andere Partei zur Zahlung oder Erstattung des Maklerlohns verpflichtet, ist nur wirksam, „wenn“ (und nicht „soweit“) die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet bleibt (vgl. D. Fischer, IMR 2025, 37). § 656d BGB enthält somit selbst die maßgebliche Rechtsfolge und verdrängt insoweit die Anwendung von § 134 BGB (vgl. Staudinger/Arnold, § 656d Rn. 5; MüKoBGB/Althammer, § 656d Rn. 10). Eine teilweise Wirksamkeit lässt sich auch nicht aus Sinn und Zweck der Norm ableiten, da diese dem Verbraucherschutz dient und gerade verhindern soll, dass der Käufer die Provision in voller Höhe tragen muss, ohne dabei selbst Vertragspartner des Maklers zu sein (vgl. BT-Drs. 19/15827, 11–13; BGHZ 240, 144 = NZM 2024, 427 Rn. 27).

Folglich war die Zahlung des Maklerlohns durch die Käufer rechtsgrundlos, und die Kläger haben nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB einen Anspruch auf vollständige Rückerstattung des gezahlten Betrags in Höhe von 25.000 Euro.

Praxishinweis | BGH I ZR 138/24

Auf Grundlage der Entscheidung des BGH ergeben sich für die Praxis wichtige Hinweise zur Gestaltung von Immobilienkaufverträgen und Maklervereinbarungen. Besonders bei einseitigen Maklerverträgen ist sorgfältig zu prüfen, ob und in welcher Höhe die andere Partei, etwa der Käufer, zur Zahlung verpflichtet werden darf. Nach § 656d Abs. 1 S. 1 BGB ist dies nur zulässig, wenn auch der Auftraggeber mindestens in gleicher Höhe zur Zahlung verpflichtet bleibt.

Unzulässig sind daher auch vertragliche Gestaltungen außerhalb des eigentlichen Maklervertrags, die auf eine vollständige Abwälzung der Provision auf die nicht beauftragende Partei hinauslaufen. Dazu zählen etwa Vereinbarungen zwischen Makler und Käufer oder zwischen Verkäufer und Käufer, durch die der Maklerlohn ganz oder teilweise auf den Käufer übertragen wird. Auch solche Vereinbarungen unterfallen der Regelung des § 656d BGB.

Der BGH stellt in seinem Urteil zudem klar, dass für die Anwendung des § 656d BGB das tatsächliche Innenverhältnis maßgeblich ist. Verbindet sich darin etwa der Käufer zur alleinigen Tragung der Maklerkosten, obwohl er selbst nicht Vertragspartner des Maklers ist, liegt ein Verstoß gegen § 656d Abs. 1 S. 1 BGB vor – auch dann, wenn der Verkäufer formal noch verpflichtet bleibt.

Besondere Vorsicht ist zudem bei sogenannten Direktzahlungsvereinbarungen geboten. Auch wenn solche Zahlungen als Bestandteil des Kaufpreises deklariert werden, können sie rechtlich als verdeckte Maklerlohnübernahme eingeordnet werden, insbesondere dann, wenn sie nicht ordnungsgemäß beurkundet oder steuerlich korrekt behandelt wurden.

Ein weiterer zentraler Punkt des Urteils betrifft die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 656d BGB: Eine solche Vereinbarung ist insgesamt nichtig. Eine geltungserhaltende Reduktion, also die bloße Verpflichtung der anderen Partei zur Zahlung der hälftigen Provision, scheidet aus.

Wurde die vollständige Provision dennoch gezahlt, hat die nicht verpflichtete Partei – in der Regel der Käufer – einen Rückzahlungsanspruch in voller Höhe über die Leistungskondiktion des § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB.