07.03.2022
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
18.02.2021
V ZB 28/20
BeckRS 2021, 5503
Verhältnis der notariellen Weisungsgebundenheit und allgemein zivilrechtlichen Wertungen [ PDF ]
Es streiten Käufer und Verkäufer eines Grundstücksgeschäfts. Zur Sicherung der käuferseitigen Ansprüche wurde zu seinen Gunsten ursprünglich eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Diese sollte nach § 6 des Kaufvertrages erlöschen, wenn der Notar durch gesiegelte Eigenurkunde zu der Feststellung gelangt, dass der gesicherte Anspruch erloschen ist. Nach Parteivereinbarung sei dies u. A. der Fall, wenn der Verkäufer bei dem Notar die schriftliche Rücktrittserklärung des Käufers nebst einer schriftlichen Erklärung einreicht, ob und ggf. welche Zahlungen bereits auf den Kaufpreis erfolgt sind und der Käufer nicht innerhalb einer vierwöchigen Frist Widerspruch gegen den behaupteten Rücktritt einlegt. Ferner legen die Parteien in dem Übereinkommen ausdrücklich fest, dass Zahlungen auf den Kaufpreis, sowie Rückzahlungen an den Käufer, stets durch eine Bankbestätigung nachzuweisen sind.
Liegen die in § 6 des Vertrages genannten Voraussetzungen vor, so wird der Notar nach § 8 dazu bevollmächtigt, die Löschung der Auflassungsvormerkung anzuordnen.
Nachdem die Vormerkung zunächst eingetragen wurde, erfolgte eine Teilzahlung i.H.v. 20.000 EUR auf den Gesamtkaufpreis von 115.000 EUR. Im weitern Fortgang erklärte der Käufer gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt und teilte dies am selben Tag auch dem Notar mit. Der Verkäufer bestätigte auf Nachfrage des Notars, das Schreiben erhalten zu haben und mit dem Rücktritt einverstanden zu sein.
Der Notar kündigte anschließend dem Käufer an, er werde die Auflassungsvormerkung bei Abschluss der Rückzahlung zur Löschung bringen. Der Käufer widersprach dem und entgegnete, der Löschung nur bei vorzeitiger Befriedigung seiner Gegenansprüche zuzustimmen. Erfolglos forderte der Verkäufer den Käufer erneut zur Zustimmung auf. Parallel hinterlegte er eine Summe i.H.v. 20.000 EUR vor dem Amtsgericht unter Verzicht auf die Rücknahme und wies den Käufer als Berechtigten aus.
Der Notar teilte dem Käufer durch Vorbescheid mit, dass er angesichts des Rücktritts und der Hinterlegung davon ausgehe, die Voraussetzungen des § 6 seien erfüllt und, dass er die Löschung beim zuständigen Grundbuchamt beantragen werde.
Dagegen erhob der Käufer eine Beschwerde, welche vom zuständigen Landgericht zurückgewiesen wurde. Dagegen erhob er wiederum Rechtsbeschwerde vor dem BGH und beantragte zunächst, dem Notar die Löschung der Vormerkung zu untersagen. Da diese im Laufe des Hauptverfahrens jedoch zur Löschung gebracht wurde, erledigte sich sein Begehr. Daraufhin verkürzte der Käufer seinen Antrag dahingehend, dem Verkäufer sämtliche Verfahrenskosten der Beschwerde und Rechtsbeschwerde aufzuerlegen.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Per Beschluss teilte der BGH am 18.02.2021 mit, dass die Verfahrenskosten dem Verkäufer aufzuerlegen sind.
Der BGH bejahte zunächst die Auffassung des Beschwerdegerichtes und stellte klar, dass sich Inhalt und Umfang der Amtspflichten des Notars aus dem Kaufvertrag ergeben. Die darin enthaltenen Weisungen sind streng zu befolgen. Da der Notar stets getreu den Sicherungsinteressen der Parteien zu handeln hat, käme es zur Auslegung des Parteiwillens auf den Wortlaut an. Danach bestände laut BGH weder für den Notar noch für das Beschwerdegericht Raum, den Wortlaut über seinen Wortsinn hinaus auszulegen.
Nach Ansicht des obersten Gerichtes sei die Auffassung des LG jedoch fehlerhaft, wenn es die Voraussetzungen des § 6 des Kaufvertrages als tatbestandlich erfüllt ansähe. Dazu gingen die Richter näher auf den Begriff der „Rückzahlung“ ein. Im vorliegenden Sachverhalt erfolgte keine Rückzahlung im Sinne einer Überweisung auf das käuferseitige Bankkonto. Stattdessen wurde der Betrag vor dem Amtsgericht hinterlegt.
Zwar kommt der Hinterlegung nach allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäben grundsätzlich dieselbe Erfüllungswirkung wie einer direkten Zahlung auf das Bankkonto zu. Allerdings dürfe diese Wertung nicht auf die Spähre des amtlichen Handelns des Notars übertragen werden. Es ist nicht seine Aufgabe, über materiell-rechtliche Fragen zu entscheiden.
In dem Kaufvertrag wurde ausdrücklich festgelegt, dass die Voraussetzungen einer Löschung erst mit Rückzahlung erbracht sind. Unter einer Rückzahlung wurde hier die Rückführung des Betrages auf das Bankkonto des Käufers erachtet. Da wegen obiger Grundsätze kein Raum für eine ergänzende Vertragsauslegung besteht, durfte der Notar die Rückzahlung nicht durch Hinterlegung des Verkäufers als erbracht ansehen.
Der Notar ist nicht dafür zuständig, über materiell-rechtliche Fragen im Einzelnen zu befinden. Ebenso sind die über eine Notarkostenbeschwerde entscheidenden Gerichte dafür nicht zuständig, sondern das für den Zivilprozess zuständige Gericht. Notare müssen sich streng an dem Wortlaut der Parteien orientieren und sind deren Weisungen unterworfen. Der Parteiwille ist stets vorrangig.