BFH VIII R 2/20
Voraussetzungen einer mittelbaren verdeckten Gewinnausschüttung

26.08.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
05.09.2023
VIII R 2/20
DStRK 2024, 19

Leitsatz | BFH VIII R 2/20

Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann auch ohne Zufluss beim Gesellschafter anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter den Vorteil mittelbar in der Weise zuwendet, dass eine dem Gesellschafter nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht (vgl. BFH v. 30.11.2010 – VIII R 19/07, BFH/NV 2011, 449, BeckRS 2011, 94262). Daran fehlt es, wenn die Kapitalgesellschaft für den der nahestehenden Person gewährten Vermögensvorteil eine angemessene Gegenleistung erhält.

Sachverhalt | BFH VIII R 2/20

Der Kläger schloss mit einer GmbH, an der er selbst mit 10 % beteiligt ist, einen Nutzungsvertrag über die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen der GmbH auf seinem Grundstück. Der Vertrag sah eine Laufzeit von 25 Jahren vor. Nach Ablauf der Laufzeit ist vereinbart worden, dass das Recht zur Stromeinspeisung von der GmbH auf den Kläger übertragen werden soll.

Sodann wurde eine KG gegründet, an der der Kläger als Kommanditist beteiligt ist. Die KG erwarb nun von der GmbH den Windpark und zahlte dem Kläger 60.000 € für die Aufhebung des Nutzungsvertrages mit der GmbH, sowie 500.000 € für den Verzicht der Übernahme des Einspeiserechtes.

Nach Betriebsprüfung wurden die Einkünfte des Klägers im Streitjahr um 500.000 € erhöht - das Finanzamt sah in der Zahlung für den Verzicht auf das Einspeiserecht eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an den Kläger.

Die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage wurde erstinstanzlich abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Revision.

Entscheidung | BFH VIII R 2/20

Die zulässige Revision ist unbegründet.

Zurecht verneint hat das FG das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt eine solche vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet, die ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Eine gesellschaftliche Veranlassung liegt vor, wenn ein gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte.

Hier liegt bereits keine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH vor, da nicht die GmbH, sondern die KG die Zahlung leistete. Die KG war dabei auch nicht bloße Leistungsmittlerin; die Zahlung erfolgte als Gegenleistung für den Verzicht des Klägers auf die Übernahme der Einspeiserechte.

Auch liegt kann keine verdeckte Gewinnausschüttung mit der Begründung angenommen werden, dass die GmbH die Einspeiserechte auf den Kläger übertragen habe (der diese dann auf die KG weiterübertrug). Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt Inhaber der Einspeiserechte. Dies ist ausschließlich der Anlagenbetreiber. Gem. § 3 Nr. 2 EEG ist derjenige Anlagenbetreiber, der unabhängig vom Eigentum die Anlage zur Stromerzeugung nutzt und die Kosten, sowie das wirtschaftliche Risiko des Betriebes der Anlage trägt. Diese Voraussetzungen lagen in der Person des Klägers nicht vor. Dieser ist lediglich Eigentümer der Grundstücksflächen, ohne selbst Anlagenbetreiber zu sein.

Auch kann keine „mittelbar“ verdeckte Gewinnausschüttung angenommen werden, indem die GmbH die Einspeiserechte auf die KG übertrug. Dies kann zwar auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter vorliegen, wenn ein durch das Gesellschaftsrechtsverhältnis veranlasster Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Dies ist hier jedoch in Bezug auf die GmbH und die dem Kläger aufgrund seiner Beteiligung nahestehenden KG nicht der Fall. Es fehlt an der erforderlichen Vermögensverlagerung. Die Einspeiserechte sind als solche nicht isoliert übertragbar, sondern sind an die Anlagenbetreibereigenschaft geknüpft, § 11 Abs. 1 S. 2 iVm § 21 EEG. Die Übertragung der Einspeiserechte erfolgte daher kraft Gesetzes aufgrund der Veräußerung und Übertragung der Windkraftanlage. Selbst wenn man von einer Vermögensverlagerung im Verhältnis der GmbH zur KG ausginge, so fehlt es jedenfalls am Vorliegen einer Vermögensminderung bei der GmbH. Der Kaufpreis zwischen GmbH und KG wurde (nach den bindenden Feststellungen des FG) auch für die „Übertragung“ der Einspeiserechte vereinbart.

Jedoch unterliegt die Zahlung der KG an den Kläger - wie das FG zutreffend festgestellt hat - als sonstige Einkunft gem. § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung. § 22 Nr. 3 EStG umfasst Einkünfte aus Leistungen, soweit sie nicht zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1-6 EStG) oder Einkünften i.S.v. § 22 Nr. 1, 1a, 2, 4 EStG gehören. Leistung im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und das um des Entgelts willen und damit in einem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung erbracht wird. Die Leistung muss daher durch das Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst sein. Hier verpflichtete sich der Kläger gegenüber der KG, nach Aufhebung des Nutzungsvertrages auf eine Übertragung der Einspeiserechte an ihn zu verzichten. Die beteiligten Vertragspartner gingen von einer isolierten Übertragbarkeit der Einspeiserechte aus, sodass die Zahlung in der Annahme erfolgte, der Kläger müsse auf die Übertragung der Einspeiserechte zu seinen Gunsten verzichten. Die Rechtsirrigkeit dieser Annahme ist unerheblich. Es genügt das Inaussichtstellen einer Leistung derart, dass dafür ein Entgelt gezahlt wird, weil der Zahlende mit der Leistung rechnet. So liegt der Fall hier: Die Zahlung der KG erfolgt als Gegenleistung für den Verzicht des Klägers.

Praxishinweis | BFH VIII R 2/20

Die Bestimmung der Anlagenbetreibereigenschaft richtet sich ausschließlich nach der Inhaberschaft des wirtschaftlichen Risikos des Anlagenbetriebes - nicht etwa nach zivilrechtlichem Eigentum oder nach vertraglichen Regelungen.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung ohne Zufluss beim Gesellschafter kann höchstens derart mittelbar vorliegen, dass eine dem Gesellschafter nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Dies ist bei angemessener Gegenleistung ausgeschlossen.