08.07.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
BGH
28.05.2025
XII ZB 395/24
BeckRS 2025, 14482
Zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen bei Unternehmerehen [ PDF ]
Zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen bei Unternehmerehen.
Am 3. Dezember 2010 schlossen die Beteiligten einen notariell beurkundeten Ehevertrag, in dem sie Gütertrennung vereinbarten und die gesetzlichen Regelungen zum nachehelichen Unterhalt modifizierten. Dabei wurde der Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin für mindestens die Hälfte der Ehedauer auf monatlich 3.300 Euro und ab einer Ehedauer von vier Jahren auf 5.000 Euro festgelegt – jeweils mit einer Wertsicherungsklausel. Zudem wurde vereinbart, dass die Antragsgegnerin im Fall eines Betreuungsunterhalts bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes keiner Erwerbsverpflichtung unterliegt. Zum Versorgungsausgleich trafen die Ehegatten keine Regelung, verzichteten aber gegenseitig auf gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrechte. Der Vertrag enthielt außerdem eine salvatorische Klausel.
Die Ehe wurde am 10. Dezember 2010 geschlossen. In den Jahren 2008, 2012, 2014 und 2016 wurden vier gemeinsame Kinder geboren. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 19. März 2021 zugestellt.
Die Antragsgegnerin hatte im Jahr 2006 ein BWL-Studium abgeschlossen und war ab Januar 2007 als Unternehmensberaterin tätig. Zum Zeitpunkt des Ehevertrags war sie Geschäftsführerin einer GmbH mit einem monatlichen Bruttogehalt von 4.200 Euro. Diese Tätigkeit übte sie – mit einer 16-monatigen Unterbrechung nach der Geburt des zweiten Kindes – bis August 2014 aus. Der Antragsteller ist Gesellschafter mehrerer Familienunternehmen und teilweise auch als Geschäftsführer tätig. Die Gesellschaftsverträge dieser Unternehmen verpflichten die Gesellschafter, mit ihren Ehepartnern Gütertrennung zu vereinbaren.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zugewinnausgleichsverfahrens, das im Scheidungsverbund anhängig gemacht wurde, darüber, ob der Anspruch der Antragsgegnerin auf Zugewinnausgleich wirksam durch diesen Ehevertrag ausgeschlossen worden ist.
Das AG Stuttgart hat die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Stufenantrag der Antragsgegnerin auf Zugewinnausgleich abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb auch vor dem OLG Stuttgart erfolglos. Mit der vom OLG zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihren Antrag nun vor dem BGH weiter.
Der BGH hat entschieden, dass der Ehevertrag einer Inhaltskontrolle standhält, die Rechtsbeschwerde hat somit keinen Erfolg. Die Vereinbarung der Gütertrennung als Wahlgüterstand ist grundsätzlich zulässig. Ob der Vertrag insgesamt sittenwidrig ist, konnte offenbleiben, da die Antragsgegnerin keine Umstände vorgebracht hat, die eine subjektive Imparität – also eine einseitige Benachteiligung aufgrund ungleicher Verhandlungsposition – rechtfertigen würden. Eine Anpassung des Vertrags im Rahmen einer Ausübungskontrolle kam nicht in Betracht.
Zur Wirksamkeitskontrolle ist entscheidend, ob die Vereinbarung schon bei Vertragsschluss eine derart einseitige Lastenverteilung zugunsten eines Ehegatten bewirkt, dass sie wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nicht anerkannt werden kann. Dabei wird eine Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse, wie Einkommen, Vermögen, Ehetyp und Auswirkungen auf Kinder vorgenommen. Außerdem sind die Ziele und Beweggründe der Ehegatten zu berücksichtigen. Sittenwidrigkeit wird meist nur angenommen, wenn wesentliche Scheidungsfolgen abbedungen werden, ohne dass dies durch Vorteile oder besondere Umstände gerechtfertigt ist. Zudem ist für die subjektive Seite eine belastbare Begründung nötig, etwa die Ausnutzung einer Zwangslage oder sozialer Abhängigkeit. Eine bloß einseitige Lastenverteilung allein reicht dafür nicht aus (Senatsbeschluss vom 29.11.2023 – XII ZB 531/22 – FamRZ 2024, 512 Rn. 22 f.).
Das Beschwerdegericht hat zu Recht die Vereinbarung der Gütertrennung als wirksam beurteilt, da das Güterrecht nicht zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehört und ehevertragliche Gestaltung hier besonders möglich ist (Senatsbeschluss vom 29.11.2023 – XII ZB 531/22 – FamRZ 2024, 512 Rn. 19). Auch die Tatsache, dass es sich um eine Unternehmerehe handelt, ändert daran nichts. Der BGH hat anerkannt, dass in solchen Fällen ein legitimes Interesse besteht, das Betriebsvermögen vor Zugriffen des Ehegatten zu schützen (Senatsbeschluss vom 15.3.2017 – XII ZB 109/16 – FamRZ 2017, 884 Rn. 36).
Das Gericht ließ offen, ob der Vertrag insgesamt eine einseitige Lastenverteilung bewirkt, verneinte jedoch eine subjektive Imparität. Die Antragsgegnerin befand sich wirtschaftlich nicht in einer Zwangslage, da sie beruflich abgesichert war und gute Chancen auf eine neue Anstellung hatte. Auch die Tatsache, dass der Antragsteller die Ehe nur unter Vertragsbedingung einging, führte nicht zu einer Zwangslage. Die anwaltliche Vertretung der Antragsgegnerin durch ihren Vater spricht gegen eine ungleiche Verhandlungsposition (Senatsbeschluss vom 29.1.2014 – XII ZB 303/13 – FamRZ 2014, 629 Rn. 44). Ein vermeintlicher „Druck“ wegen einer möglichen Absage der Hochzeit und damit verbundenem gesellschaftlichem Nachteil wurde ebenfalls nicht als Begründung für eine subjektive Imparität anerkannt (Senatsurteil vom 31.10.2012 – XII ZR 129/10 – FamRZ 2013, 195 Rn. 26).
Schließlich begründen auch die gesellschaftsvertraglichen Klauseln, die den Antragsteller zur Gütertrennung verpflichten, keine Zwangslage für die Antragsgegnerin. Das Bemühen, diese Klauseln einzuhalten, spricht eher gegen eine verwerfliche Gesinnung des Antragstellers.
Die Ablehnung einer Anpassung des Vertrags durch Ausübungskontrolle begegnet keinen rechtlichen Bedenken, und eine weitergehende Begründung wurde nicht für erforderlich gehalten. Somit ist das Beschwerdegericht zutreffend davon ausgegangen, dass ein Zugewinnausgleich der Antragsgegnerin durch den Ehevertrag der Beteiligten wirksam ausgeschlossen worden ist.
Die Entscheidung des BGH gibt der Praxis klare Leitlinien im Umgang mit Eheverträgen vor, insbesondere bei solchen zwischen zwei Unternehmern. Der BGH bestätigt, dass Eheverträge mit Gütertrennung grundsätzlich wirksam sind – auch dann, wenn der Zugewinnausgleich vollständig ausgeschlossen wird. Dies gilt vor allem bei Unternehmerehen, in denen der Schutz des Betriebsvermögens im Vordergrund steht. Eine Sittenwidrigkeit wegen einseitiger Lastenverteilung wird nur angenommen, wenn eine klare subjektive Benachteiligung oder Zwangslage der benachteiligten Partei feststellbar ist.
Für die Beurteilung der Wirksamkeit ist die wirtschaftliche Absicherung der weniger vermögenden Partei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend. Bestehen eine eigenständige berufliche Qualifikation oder eine gesicherte Erwerbstätigkeit, spricht dies gegen eine unterlegene Verhandlungsposition. Auch anwaltliche Beratung – selbst durch nahestehende Personen – wird regelmäßig als Indiz für eine gleichberechtigte Vertragsverhandlung gewertet. Gesellschaftsvertragliche Verpflichtungen zur Gütertrennung bei Unternehmer-Ehegatten stellen für sich genommen keine unzulässige Drucksituation dar.
Schließlich ist zu beachten, dass eine spätere gerichtliche Anpassung des Ehevertrags im Wege der Ausübungskontrolle nur in Ausnahmefällen möglich ist. Umso wichtiger ist es daher, bereits bei Vertragsschluss auf Transparenz, Verständlichkeit und Fairness zu achten. Notare sollten deshalb bei der Gestaltung von Eheverträgen sicherstellen, dass beide Ehegatten die wirtschaftlichen Folgen der Vereinbarungen – insbesondere im Hinblick auf Zugewinnausgleich und Unterhalt – vollständig erfassen. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, die wirtschaftliche Situation beider Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu dokumentieren, um späteren Einwänden gegen die Wirksamkeit des Vertrags wirksam zu begegnen.
Bei Unternehmerehen sollte zudem besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, ob gesellschaftsrechtliche Klauseln zur Gütertrennung bestehen und wie diese sachgerecht in den Ehevertrag aufgenommen werden können. Der Einsatz von Salvatorklauseln sowie klar und detailliert formulierten Regelungen stärkt die rechtliche Bestandskraft des Vertrags zusätzlich.