18.09.2025
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
FG München
10.04.2024
12 K 861/19
RNotZ 2025, 292
Die Kläger sind Eheleute und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 2017 kauften sie über einen notariellen Bauträgervertrag eine Eigentumswohnung zu gleichen Anteilen. Der Kaufpreis betrug 495.000 EUR, davon entfielen 188.000 EUR auf den Grund und Boden und 307.000 EUR auf das Gebäude. Besitz, Nutzen und Lasten gingen nach vollständiger Kaufpreiszahlung im Juni 2017 auf die Kläger über. Die Gesamtanschaffungskosten beliefen sich auf 517.000 EUR.
Ab Oktober 2017 vermieteten die Kläger die Wohnung. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2017 erklärten sie einen Werbungskostenüberschuss von 5.800 EUR. Sie berechneten die AfA für das Gebäude auf Grundlage eines angenommenen Gebäudeanteils von 61,96 % der Anschaffungskosten (320.333 EUR) mit 2 % p.a. und ermittelten für sieben Monate 3.738 EUR. Für die Einbauküche, angeschafft im August 2017, berechneten sie eine anteilige AfA von 289 EUR.
Das Finanzamt erkannte die Einkünfte nur teilweise an und setzte den Werbungskostenüberschuss auf 4.718 EUR herab, wobei es einen niedrigeren Gebäudeanteil und daraus abgeleitete AfA berücksichtigte. Im Rahmen des Einspruchs wurde der Überschuss teilweise auf 5.177 EUR angepasst, wobei das Finanzamt die Kaufpreisaufteilung nach einer Schätzung und regionaler Anpassung (52 % für das Gebäude) berechnete.
Die Kläger klagten darauf, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung zugrunde gelegt werden müsse, da diese nach BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil IX R 26/19) verbindlich sei und keinen Gestaltungsmissbrauch darstelle.
Im Verfahren wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt, das den Verkehrswert der Wohnung auf 513.000 EUR schätzte und den Gebäudeanteil mit 59,3 % (304.000 EUR) ermittelte. Sowohl die Kläger als auch das Finanzamt akzeptierten das Gutachten. Die Kläger beantragten daraufhin, den Werbungskostenüberschuss auf 5.779 EUR festzusetzen, während das Finanzamt den Überschuss nach Gutachten auf 5.618 EUR ansetzte.
Die Kläger beantragen nun, den Werbungskostenüberschuss um 161 EUR zu reduzieren und die Einkommensteuer entsprechend anzupassen. Das Finanzamt hält an der Berechnung nach dem Gutachten fest und beantragt die Abweisung der Klage.
Der Rechtsstreit wurde dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Höhe der AfA für das Gebäude richtet sich nach den Anschaffungskosten (§ 7 Abs. 4 EStG), die vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz zu ermitteln sind. Grundsätzlich ist die im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreisaufteilung zwischen Grund und Boden und Gebäude für die Besteuerung zugrunde zu legen. Nur wenn Anhaltspunkte für eine Scheingestaltung, einen Gestaltungsmissbrauch oder eine deutliche Abweichung von den realen Wertverhältnissen bestehen, darf davon abgewichen werden.
Im vorliegenden Fall erkannte das Gericht keine Anhaltspunkte für eine Scheinvereinbarung oder einen Missbrauch. Ein Sachverständigengutachten ergab einen Verkehrswert von 513.000 EUR und eine Aufteilung von 40,7 % für Grund und Boden sowie 59,3 % für das Gebäude. Die Abweichung vom vertraglich vereinbarten Kaufpreisanteil war mit 4,49 % gering und damit unbeachtlich, da sie unterhalb der üblichen Toleranzgrenze von 10 % liegt.
Folglich ist die vertraglich vereinbarte Kaufpreisaufteilung maßgeblich. Daraus ergibt sich für 2017 eine Gebäude-AfA von 3.738 EUR, was zu einem Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung von 5.779 EUR führt. Damit vermindert sich das zu versteuernde Einkommen der Kläger um 161 EUR, und die festgesetzte Einkommensteuer für 2017 beträgt 24.954 EUR.
Für die steuerliche Praxis bedeutet die Entscheidung, dass eine im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreisaufteilung zwischen Grund und Boden und Gebäude grundsätzlich für die Berechnung der AfA-Bemessungsgrundlage maßgeblich ist. Eine Korrektur der Aufteilung ist nur dann erforderlich, wenn die vereinbarten Anteile die realen Wertverhältnisse erheblich verfehlen oder wirtschaftlich nicht tragfähig sind. Geringfügige Abweichungen von bis zu 10 % zwischen der vertraglich vereinbarten AfA-Bemessungsgrundlage und den Werten eines Sachverständigengutachtens gelten als unbeachtlich und führen nicht zu einer Anpassung der steuerlichen AfA. Damit bietet die vertragliche Kaufpreisaufteilung in der Praxis eine verlässliche Grundlage für die AfA-Berechnung und die Ermittlung der Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung.
Für Notare ist relevant, dass sie keine Pflicht haben, die Angemessenheit der Kaufpreisaufteilung zu prüfen oder zu beurteilen, ob die Aufteilung den realen Wertverhältnissen entspricht. Gleichwohl kann ein Hinweis auf die mögliche steuerliche Prüfung durch das Finanzamt für die Vertragsparteien hilfreich sein. Insgesamt zeigt die Entscheidung, dass eine vertraglich festgelegte Kaufpreisaufteilung bei einer moderaten Abweichung zum Verkehrswert, wie in der Praxis üblich, steuerlich anerkannt wird und damit eine verlässliche Grundlage für die AfA-Berechnung darstellt.
Für die notarielle Gestaltung ist es sehr sinnvoll, die Aufteilung in den Vertrag mit aufzunehmen.